Stromeigenverbrauch in kommunalen Liegenschaften

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​veröffentlicht am 2. April 2014

 

Die Senkung der Energieverbräuche in kommunalen Liegenschaften und Einrichtungen ist angesichts hoher Energiekosten und gesetzlicher Vorgaben eine der zentralen Aufgaben von Betreibern und Immobilienverwaltern. Neben der energetischen Sanierung zur Reduktion des Strom- und Wärmebedarfs stehen hier die effiziente Wärmeerzeugung und die Eigenstromverwendung aus PV oder BHKW-Anlagen.

 

Innerhalb der letzten zehn Jahre sind die Kosten für den Energieverbrauch (Strom/Wärme) in einer Weise gestiegen, die gerade kommunalen Liegenschaftsbetreibern und Dienstleistern erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Wie sollen Dienstleistungen künftig kostendeckend bepreist werden, wenn die Kostenstruktur hierfür starken Volatilitäten bzw. deutlichen Preissteigerungen unterliegt?
 
Ein Lösungsansatz ist der Aufbau einer eigenen Energieversorgung. Dies klingt zunächst zu aufwändig, jedoch stehen mit den Technologien Photovoltaik (PV) und Blockheizkraftwerken (BHKW) hierfür interessante und technologisch erprobte Optionen bereit.
 
Die Entwicklung gerade im Bereich der PV ist in den vergangenen Jahren außerordentlich dynamisch gewesen, die Kostendegression in diesem Segment hatte auch die Erwartung der meisten Fachleute übertroffen. War hier die Stromerzeugung aus solarer Strahlungsenergie im Jahr 2009 unter 35 ct/kWhel noch kaum möglich, so sind heute Stromgestehungskosten von unter 12 ct/kWhel nicht unrealistisch.
 
Die Rechnung ist nachvollziehbar: Der Bezugsstrom für den Stromverbrauch in beispielsweise dem städtischen Schwimmbad beträgt netto ca. 19 ct/kWhel, es sind demnach bemerkenswerte Einsparpotenziale realisierbar, wenn der Strom zumindest teilweise in einer eigenen PV-Anlage in der Nähe des Bades selbst erzeugt und verbraucht wird.
 
Gleiches ist grundsätzlich auch bei der Verwendung von BHKWs möglich. BHKWs haben in den vergangenen Jahren zwar keine Technologiesprünge gemacht, jedoch sind die Förderbedingungen wirtschaftlich interessant und insofern die im KWK-Prozess anfallende Wärme genutzt wird, sind auch hier Stromerzeugungskosten möglich, die deutlich unter dem Bezugspreis liegen. Besonders hohe Einspareffekte lassen sich in der Praxis dann realisieren, wenn PV-Anlagen und BHKW-Nahwärmenetze zusammengeführt werden und stromseitig optimiert arbeiten. Was jedoch in zwei Absätzen schnell erklärt ist, gestaltet sich in der Praxis ein ganzes Stück komplexer.
 
Die oben genannten günstigen Stromgestehungskosten sind letztlich nur erreichbar, wenn verschiedene Optimierungsansätze beachtet und umgesetzt werden. Für BHKWs sind beispielhaft die Beachtung hoher elektrischer und thermischer Wirkungsgrade, ein gutes Teillastverhalten, niedrige Wartungskosten (Instandhaltung und Öl-Service) und die Anlagenfernsteuerbarkeit zu nennen. Wichtige Einflussgrößen für die Wirtschaftlichkeit von Photovoltaikanlagen sind vorhandene Flächen, Einstrahlwerte und Ausrichtung (Süd, Ost-West) sowie die spezifische Modulleistung.


Stromgestehungskosten
Abb. 1: Verlauf Stromgestehungskosten  PV und Beschaffungspreise für Haushalt und Industrie
Entscheidend für die Wirtschaftlichkeit beider Technologien ist die optimale Anlagenauslegung. Die Rendite bzw. die Einspareffekte von heutigen PV- oder BHKW-Projekten werden, bedingt durch stark gesunkene Vergütungssätze, nicht mehr durch die Einspeisung des erzeugten Stromes erreicht, sondern nahezu ausschließlich über die schwerpunktmäßige Nutzung des selbst erzeugten Stromes in eigenen Anlagen. Die Auslegung und die Ausrichtung der Stromerzeugungsanlagen anhand des Strombedarfs der zu versorgenden Verbraucher ist demnach heute der Kernpunkt eines nachhaltig wirtschaftlichen Eigenerzeugungsprojektes.
 

Eigenstromverbrauchsanlage am Beispiel eines städtischen Schwimmbades

Schwimmbäder weisen durch die unterschiedlichsten Verbraucher wie Beleuchtung, Belüftung und besonders Wasserpumpen einen hohen und kontinuierlichen Stromverbrauch auf. Da überdies ein hoher Wärmebedarf besteht, sind Schwimmbäder für den Einsatz von BHKWs grundsätzlich prädestiniert. Aber gerade auch im Zusammenspiel mit einer zusätzlichen PV-Anlage auf den Dächern des Schwimmbades und der bedarfsorientierten Steuerung des BHKWs lassen sich weitere Optimierungspotenziale heben.
 

Eigenstromverbrauchsanlage am Beispiel einer kommunalen Kläranlage

Kläranlagen können durch die allseits bekannte und oftmals realisierte Nutzung des Klärgases in BHKWs einen hohen Autarkiegrad erreichen. Doch gerade kleine und mittlere Anlagen, die tendenziell einen höheren Strombedarf je m³ Abwasser haben oder über keine Faulgasnutzung verfügen, können ihren Strombedarf nicht decken und müssen umfangreiche Strommengen aus dem Netz beziehen. Eine Photovoltaikanlage zur Eigenstromerzeugung stellt hier eine einfache Möglichkeit dar, Einsparpotenziale zu nutzen und die Strombezugskosten langfristig aufgrund der Kostenstabilität der Eigenerzeugung zu stabilisieren. Zu nennen ist auch der Aspekt der Nachhaltigkeit der durch die Treibhausgas-Vermeidung der CO2-freien Stromerzeugung erreicht wird.
 

Eigenverbrauch als Effizienztechnologie

Durch den direkten Vor-Ort-Verbrauch des erzeugten Stromes ergibt sich die Gesamtwirtschaftlichkeit der Anlage aus den künftigen Einsparungen der Strombezugsmengen aus dem öffentlic hen Netz. Die Eigenstromanlage kann damit als Effizienztechnologie bezeichnet werden.
 
Der erste Schritt auf dem Weg zur Eigenstromanlage ist die Analyse der Stromerzeugungskurve und der Lastlinie. Hierfür wird zunächst ein Abgleich der Erzeugungsprofile der PV-Anlage und/oder BHKWs mit den Verbrauchsprofilen auf Basis von ¼-Stunden Werten durchgeführt. (siehe Abb.2)

Lastprofl Erzeugungsprofil
Abb. 2: Abgleich Bsp.-Lastprofil und Erzeugunsprofil einer PV-Anlage
 

Optimierungsmethodik für die Anlagenauslegung

Bei der Ermittlung der optimalen Anlagengröße werden neben der Last- und Erzeugungsprofile weitere Einflussfaktoren wie Wärmebedarf und -speicherung, Teillastverhalten des BHKW und Sonneneinstrahlung, mögliche Ausrichtung der PV-Anlage (Süd, Süd-West, Ost-West) sowie Strompreisbestandteile und -entwicklung, der Betrachtungszeitraum, Investitionskosten (inkl.) Fördermittel und Betriebsaufwendungen bewertet.
 
In einem eigenentwickelten Cashflow-basierten Iterationsprozess zeigt sich im Ergebnis eine auf Cashflow (Einsparung) und kalkulatorische Rendite optimierte Anlagengröße und Anlagenkonstellation. Der Prozess mit den zu beachtenden Einflussparametern ist in Abb. 3 dargestellt.

Anlagengröße Prozess
Abb. 3: Iterativer Prozess zur Bestimmung der wirtschaftlich optimierten Anlagengröße
 
Für die oben genannten Beispielprojekte für die Eigenstromnutzung in einem Schwimmbad und einer Kläranlage lässt sich zum einen die optimale Anlagengröße ermitteln und zum anderen das Einsparpotenzial darstellen (siehe Abb.4).

Tabelle Einsparpotenzial
Abb. 4
 

Eigenverbrauch nach der EEG-Novelle RefE 2014

Aus dem aktuellen Referentenentwurf zur EEG Reform 2014 vom 07. April 2014 geht hervor, dass für Stromerzeuger, die bis 01. August 2014 in Betrieb gehen, die Regelungen des EEG 2012 gelten sollen. Die rechtzeitige Inbetriebnahme sichert die Einspeisevergütung und voraussichtlich auch die Regelungen zum Eigenverbrauch nach dem aktuell (noch) gültigen EEG 2012.
 
Die im Eckpunktepapier des Bundeswirtschaftsministers angekündigte rückwirkende Belastung von Eigenstromanlagen ist im aktuellen Referentenentwurf (RefE) nicht umgesetzt worden.
 
Nach den Bestimmungen des vorliegenden RefE, die sich im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens noch ändern können, werden insofern die im EEG beschriebenen Voraussetzungen erfüllt werden, künftig die Eigenstrommengen aus EEG und KWK-Anlagen (Mindestanforderung: Jahresnutzungsgrad >70 Prozent) ab einer Leistung von 10 kWel mit 50 Prozent der EEG-Umlage beaufschlagt. Dies verschlechtert zwar die Wirtschaftlichkeit eines Eigenstromprojektes, macht dieses jedoch nicht zwangsläufig unwirtschaftlich.
 

Fazit und Ausblick

Die Strombezugskosten sind auf einem hohen Niveau, eine signifikante Reduktion des Marktpreisniveaus ist aufgrund der zahlreichen staatlichen Umlagen nicht absehbar. Durch die Eigenstromnutzung sind interessante Einsparpotenziale realisierbar, die sich besonders dann heben lassen, wenn die Anlagenkonstellation anhand des Verbrauchslastprofiles iterativ ausgelegt und aufgrund aller bekannten Einflussparameter optimiert wird. Bei einer Inbetriebnahme vor August 2014 kommen voraussichtlich noch die vorteilhafteren Regelungen des EEG 2012 zum Tragen, aber auch nach dem Stichtag 01. August 2014 können Eigenstromprojekte wirtschaftlich erfolgreich sein. Gerne bewerten wir für Sie, ob sich für Ihr Verbrauchslastprofil die Umsetzung eines Eigenstromprojektes lohnt.
 
Auch konnten wir für die Projektumsetzung in der Praxis bei einer Vielzahl von PV- und BHKW-Anlagen unsere Erfahrungen und Kompetenzen aus den Bereichen Energierecht, öffentliches und privates Baurecht, Vergaberecht, Steuerrecht, Energiewirtschaft und Projektmanagement zielführend einbringen.
 

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Benjamin Hufnagel

Wirtschaftsingenieur (B.Eng.), M.A. Europäische Energiewirtschaft

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