Wohnungseigentümerbeschluss zum Parken in Feuerwehrzufahrten

PrintMailRate-it

veröffentlicht am 24.05.2022 | Lesedauer ca. 2 Minuten

 

BGH, Urteil vom 28. Januar 2022, Az.: V ZR 106/21

Ein Wohnungseigentümerbeschluss der das Abstellen von Fahrzeugen in der Feuerwehrzufahrtszone erlaubt, ist nichtig.


Die Wohnung der klagenden Wohnungseigentümerin befindet sich hinter einer Wohnungseigentumsanlage, in der die Beklagte eine Teileigentumseinheit zum Betreiben eines Supermarktes gemietet hat. Vorderhaus und Hinterhaus sind durch eine Durchfahrt verbunden, die als Feuerwehrzufahrt ausgewiesen ist. Im Rahmen des Supermarktbetriebes stellen die Lieferanten ihre Fahrzeuge zweimal in der Woche für eineinhalb Stunden in der besagten Durchfahrt ab, um Ware zu entladen. Bereits 2008 hatte die zugehörige Wohnungseigentümergemeinschaft den Beschluss gefasst, dass das Abstellen eines Fahrzeuges pro Tag zu Zwecken der Anlieferung des Supermarktes in der Durchfahrt gestattet sei. Die Wohnungseigentümerin des Hinterhauses klagte gegen das Parken der Lieferfahrzeuge auf Unterlassen.


Der BGH gab ihr nunmehr Recht. Ein Unterlassungsanspruch wegen Beeinträchtigung des Eigentums ergibt sich aus § 1004 Abs. 1 BGB. Nach Auffassung des BGH stellt das Abstellen von Lieferfahrzeugen in einer als Feuerwehrzufahrt ausgewiesen Durchfahrt eine solche Beeinträchtigung des Gemeinschaftseigentums dar. Unterlassungsansprüche können zwar gemäß § 1004 Abs. 2 BGB ausgeschlossen sein, wenn der von der Beeinträchtigung Betroffene zur Duldung verpflichtet ist. Der Beschluss einer Wohnungseigentümerversammlung kann dabei grundsätzlich eine Duldungspflicht hinsichtlich der hierdurch gestatten Verhaltensweise begründen. Dies ist allerdings nur bei einem wirksamen Beschluss der Fall. Der vorliegende Beschluss verstößt gegen § 5 Abs. 2 der Hessischen Bauordnung, wonach eine Feuerwehrzufahrt ständig freigehalten werden muss. Ein rechtswirksames Abbedingen der Vorschrift ist nicht möglich, da diese der Abwehr von Gefahren für die Wohnungseigentümer und Dritte sowie dem generellen Brandschutz dient. Ein Verstoß gegen Brandschutzvorschriften hätte darüber hinaus eine Gefährdung des Versicherungsschutzes zur Folge. Demzufolge ist der getroffene Beschluss über die Gestattung des Parkens nach dem Wohnungseigentumsgesetz nichtig. Die Klägerin ist damit nicht zur Duldung verpflichtet.


Fraglich war auch, ob die Klägerin überhaupt prozessführungsbefugt ist. Wird der Zugang zu Sondereigentum durch andere Wohnungseigentümer oder Dritte durch Hindernisse im Gemeinschaftsbereich beeinträchtigt, müssen daraus resultierende Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geltend gemacht werden. Dies gelte auch im Falle brandschutzrechtlicher Unzulässigkeit der Hindernisse. Der erschwerte Zugang zum Sondereigentum alleine reiche nicht aus, um die Prozessführungsbefugnis des Sondereigentümers zu rechtfertigen, die für die Durchsetzung des Unterlassungsanspruches erforderlich wäre. Nach den neuen Regelungen der WEG-Reform war die Klägerin damit nicht befugt, den Unterlassungsanspruch vor Gericht geltend zu machen.


Hier wurde die Klage jedoch bereits vor der WEG-Reform eingereicht. Im Rahmen laufender Prozesse bleiben Befugnisse nach der alten Rechtslage bestehen. Vor der Reform konnte der Sondereigentümer besagte Ansprüche auch selbst durchsetzen, sofern die Gemeinschaft der Eigentümern die Ausübungsbefugnis nicht wirksam an sich gezogen hat, was vorliegend nicht erfolgt ist. Die Klägerin konnte demzufolge die Klage auf Unterlassen wirksam erheben und den Streit im Ergebnis zu ihren Gunsten gewinnen.

 

Fazit:

Die Ausübungsbefugnis hinsichtlich vieler gemeinschaftlichen Angelegenheiten der Wohnungseigentümergemeinschaft ist weitreichend. Allerdings endet sie im Bereich notwendiger Vorkehrungen, die zum Schutz vor Brand oder auch sonstigen Gefahren getroffen werden und rechtlich unabdingbar sind, selbst wenn sie durch gemeinschaftlichen Entschluss als entbehrlich angesehen werden.

aus dem Newsletter

Kontakt

Contact Person Picture

Harald Reitze, LL.M.

Rechtsanwalt, Attorney at Law (New York)

Partner

+49 911 9193 1325

Anfrage senden

Profil

Contact Person Picture

Johannes Gruber

Rechtsanwalt

Associate Partner

+49 911 9193 1308

Anfrage senden

Profil

Contact Person Picture

Andreas Griebel

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Partner

+49 911 9193 3579

Anfrage senden

Profil

wir beraten Sie gern!

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu