Auch nach über 30 Jahren keine Verjährung der Schadensersatzansprüche des Vermieters

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veröffentlicht am  8.11.2022 | Lesedauer ca. 2 Minuten

BGH, Urteil vom 31. August 2022, Az.: VIII ZR 132/20

Ein Schadensersatzanspruch des Vermieters kann vor Rückgabe der Mietsache nicht verjähren.


Der klagende Vermieter einer in Berlin gelegenen Wohnung, verlangt aufgrund eines Wasserschadens von der Mieterin sowie von den zwei Miterben des inzwischen verstorbenen Mitmieters Schadensersatz in Höhe von EUR 37.650. Die Mieter hatten im Rahmen einer Sanierung ihres Badezimmers im Jahre 1984 Bodenfliesen samt eines Bodenabflusses eingebaut, allerdings ohne die erforderlichen Dichtungen. 32 Jahre später – im Juli 2016 – kam durch die Decke der im 3. OG gelegenen Wohnung schwallartig Wasser hindurch. Laut der Schadensaufnahme war die Decke einsturzgefährdet, was darauf zurückzuführen war, dass die Deckenbalken aufgrund der jahrelang durchdringenden Feuchtigkeit erhebliche Schäden aufwiesen. Dies wiederum sei darauf zurückzuführen, dass die beklagte Mieterin, die auf einen Rollstuhl angewiesen ist, regelmäßig außerhalb der Badewanne duschte. Hierdurch kam es während der 20 Jahre Mietzeit aufgrund der fehlenden Abdichtung der Fliesen zu Schäden an der darunter gelegenen Holzkonstruktion. Die Beklagten erhoben hiergegen die Einrede der Verjährung. Ausgehend von der Verjährungshöchstfrist des § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB seien die Schadensersatzansprüche verjährt, da sich die schadensursächliche Pflichtverletzung bereits vor 1984 und damit über 30 Jahre vor Klageerhebung ereignet habe.


Der BGH entschied jedoch: Die von den Beklagten erhobene Einrede der Verjährung greift nicht durch, da die Verjährung mangels Rückgabe der Mietsache noch nicht einmal zu laufen begann. Die Verjährung richtet sich nach der im Mietrecht geltenden abschließenden Sonderregelung des  § 548 Abs. 1 Satz 1 BGB, der die allgemeine Verjährungsfrist des § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB bei bestimmten mietrechtlichen Ansprüchen als speziellere Vorschrift verdrängt. § 548 Abs. 1 Satz 1 BGB normiert eine Verjährung von sechs Monaten, die jedoch unabhängig von der Anspruchsentstehung erst in dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, in dem der Vermieter die Mietsache zurückerhält. § 548 BGB ist eine abschließende Sonderregelung, neben derer die (zusätzliche) Anwendung des § 199 BGB ausgeschlossen ist, was neben dem Wortlaut insbesondere auf Sinn und Zweck der Regelung des § 548 BGB zurückzuführen ist: Zwar sei die Anspruchsverjährung grundsätzlich eine schuldnerschützende Vorschrift, die dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit diene, indem sie den Schuldner vor der Inanspruchnahme wegen länger zurückliegender Vorgänge schützt, die er unter Umständen nicht mehr aufklären kann. Der Gesetzgeber hat sich jedoch dafür entschieden, Rechtsfrieden und Rechtssicherheit im Mietrecht dadurch herzustellen, dass er die Verjährung – unabhängig von der Entstehung des Anspruchs – einerseits an die Rückgabe der Mietsache geknüpft und die Frist auf sechs Monate beschränkt hat, um eine möglichst schnelle Klärung dieser Ansprüche zu erreichen.

 

Fazit:

Ein Vermieter kann sich erst durch den Rückerhalt der Mietsache ein Bild von etwaigen Mängeln, Veränderungen und Verschlechterungen machen. Daher kann die Verjährung auch erst ab diesem Zeitpunkt zu laufen beginnen. Diese gesetzgeberische Wertung ist zu beachten und schließt die Anwendung der Höchstfrist des § 199 Abs. 3 BGB aus.

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