Keine Vertretungsbefugnis des Verwalters zur Bewilligung einer Dienstbarkeit am Gemeinschaftseigentum

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veröffentlicht am  31.01.2023 | Lesedauer ca. 2 Minuten

OLG München, Beschluss vom 5. August 2022 – Az. 34 Wx 301/22

Nach den gesetzlichen Regelungen ist der Verwalter nicht mehr befugt, für die Gemeinschaft der Bruchteilseigentümer die Eintragung einer Dienstbarkeit zu bewilligen.


Im zu entscheidenden Fall begehrten die Beteiligten die Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zugunsten der Beteiligten zu 13 an dem Grundstück bzw. den Miteigentumsanteilen der Beteiligten 1–12 (die im Wohnungsgrundbuch auch als Eigentümer eingetragen sind). Mit notarieller Urkunde vom 24. Mai 2022 wurde die beschränkte persönliche Dienstbarkeit an dem Grundstück bestellt. Unterzeichnet wurde die Urkunde von einem Vertreter der Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft. Nachdem der Urkundsnotar den Vollzug beantragte, erließ das Grundbuchamt schließlich eine Zwischenverfügung, mit der sie u.a. das Fehlen der Genehmigung sämtlicher in den betreffenden Wohnungseigentumsblättern eingetragenen Eigentümer beanstandete. Hiergegen legte der Urkundsbeamte mit Schreiben vom 27. Juni 2022 Beschwerde ein.


Das OLG München wies die Beschwerde zurück und wich damit von der Rechtsauffassung des OLG Nürnberg (Beschluss vom 12. Juli 2021 – 15 W 2283/21) ab. Letzteres hat in einem vergleichbaren Fall entschieden, dass der Verwalter durchaus berechtigt ist, die Eintragung einer Grunddienstbarkeit in allen WEG-Grundbüchern zu beantragen und zu bewilligen. Dies begründete es damit, dass die Vertretungsmacht des Verwalters grundsätzlich unbeschränkt sei, insbesondere in Bezug auf dingliche Rechtsgeschäfte und damit auch bezüglich der Abgabe sämtlicher im Verkehr mit dem Grundbuchamt vorkommender Eintragungsbewilligungen. Anders stelle sich dies gem. § 9b Abs. 1 WEG lediglich für den Abschluss von Grundstückskauf- und Darlehensverträgen, als entgeltliche Verpflichtungsgeschäfte, dar.

 
Das OLG München sah dies nun anders und begründete seine Entscheidung wie folgt: Erforderlich sei die Bewilligung der Beteiligten 1-12, da gem. § 19 GBO eine Eintragung dann erfolgt, wenn derjenige sie bewilligt, dessen Recht von ihr betroffen wird. Nicht ausreichend sei daher die alleinige Bewilligung der Verwalterin. Maßgeblich sei die Abgrenzung zwischen Wohnungseigentums- und Bruchteileigentumsgemeinschaft. Aufgabe der Wohnungseigentumsgemeinschaft sei entsprechend § 18 Abs. 1 WEG insbesondere die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums. Sie übt insbesondere die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebenden Rechte sowie solche Rechte aus, die eine einheitliche Rechtsverfolgung erfordern. Hiervon zu unterscheiden – auch nach der Neufassung des Wohnungseigentumsgesetzes – sei die Gemeinschaft der Bruchteilseigentümer i. S. v. § 1 Abs. 5 WEG und §§ 741 ff. BGB, in deren jeweiligem Bruchteilseigentum das gemeinschaftliche Eigentum selbst verbleibe. Nach dem heutigen Wortlaut des § 9b Abs. 1 S. 1 WEG erstrecke sich die Vertretungsmacht des Verwalters nur auf die Wohnungseigentumsgemeinschaft, sodass eine Vertretung der Gemeinschaft der Bruchteilseigentümer im Einzelnen nicht mehr vorgesehen ist. Gegenstand der Belastung durch eine Dienstbarkeit, deren Inhalt das gemeinschaftliche Eigentum betrifft, sei das Grundstück als Ganzes. Die Belastung stellt eine Verfügung i. S. v. § 747 BGB dar und gerade keine Verwaltungsmaßnahme nach § 18 WEG.

 

Fazit:

Nach Auffassung des OLG München ist der Wohnungseigentümergemeinschaft nur die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zugewiesen, nicht aber die Entscheidung über das sachenrechtliche Grundverhältnis. Gegenstand der Ausübungsbefugnis sind folglich nur die Rechte, die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergeben, nicht aber die Verfügung über dieses. Sofern man der Entscheidung des OLG München folgt, empfiehlt es sich, schon im Vorfeld eine entsprechende Öffnungsklausel in der Teilungserklärung vorzusehen oder alternativ entsprechende rechtgeschäftliche Vollmachten einzuholen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung zu diesem strittigen Thema künftig weiterentwickelt.

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