Erfolgreich investieren in der Tschechischen Republik

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​zuletzt aktualisiert am 17. Juli 2025 | Lesedauer ca. 4 Minuten


 

   

   

Wie schätzen Sie die derzeitige wirtschaftliche Lage in der Tschechischen Republik ein?

Die tschechische Wirtschaft konnte sich im Jahr 2024 erholen und schloss mit 1,1 Prozent Wachstum ab. Auch für das Jahr 2025 wird im gegenwärtigen Umfeld gegenüber dem Vorjahr ein Wachstum von mindestens 1,6 Prozent erwartet.

Insgesamt ist die aktuelle wirtschaftliche Lage in der Tschechischen Republik (nachfolgend auch „Tschechien“ genannt) weiterhin als stabil und solide zu bewerten, auch wenn die hiesige Wirtschaft nach wie vor mit einem Fachkräftemangel, geopolitischen Unsicherheiten und immer noch mit relativ hohen Energiekosten zu kämpfen hat. Das hat u.a. zur Folge, dass Investoren noch zögerlich sind.

Darüber hinaus ist in Tschechien immer noch eine große Abhängigkeit vom deutschen Markt spürbar. Deutschland war und ist für Tschechien der mit Abstand wichtigste Außenhandelspartner, gefolgt von der Slowakischen Republik und Polen. Tschechien lieferte in den letzten Jahren rund ein Drittel seiner Güterausfuhr nach Deutschland. Daher wirkt sich die anhaltende schwache deutsche Wirtschaft mit der Folge einer sinkenden Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen auch in Tschechien aus.

Die aktuell stabile Tschechische Krone konnte diesem Umstand in den letzten Monaten etwas entgegenwirken. Zudem ergreift die Tschechische Nationalbank regelmäßig entsprechende Maßnahmen. Unlängst hat sie wieder eine Leitzinssenkung vorgenommen. Aktuell liegt die Tschechische Krone gegenüber dem Euro bei 24,9:1 und der Leitzins wurde seit dem 9. Mai 2025 auf 3,5 Prozent gesenkt.

Die weitere Entwicklung der wirtschaftlichen Lage wird davon abhängen, wie sich die globalen wirtschafts- und geopolitischen Rahmenbedingen, die Energiepolitik, der Fachkräftemangel und nicht zuletzt auch die Nachfrage beim Hauptexportmarkt Deutschland weiterentwickeln.
  

Wie würden Sie das Investitionsklima in der Tschechischen Republik beschreiben? Welche Branchen bergen großes Potenzial?

Die Standortfaktoren werden in der Tschechischen Republik aktuell wieder etwas positiver betrachtet als in den letzten Jahren. Die Investoren können nach wie vor auf viele positive Rahmenbedingungen bauen. Dazu gehören insbesondere
  1. die geografische Lage, 
  2. die EU-Mitgliedschaft, 
  3. der gute Ausbaugrad der Telekommunikation, 
  4. eine stabile, wenn auch kostenintensivere Energieversorgung, 
  5. eine gute Qualität und Erreichbarkeit von lokalen Zulieferern, einschließlich einer guten Logistiksituation und des Warenverkehrs sowie 
  6. ein verlässliches Niveau an Rechtssicherheit.
Ein gewisses Unbehagen besteht bei den Investoren jedoch in Bezug auf den Kostendruck bei den Löhnen und Lohnnebenkosten. Aber auch die abnehmende Qualifikation von Arbeitnehmern und der administrative Aufwand sowie die Effektivität der Staatsverwaltung werden als problematisch angesehen. Daher herrscht aktuell vor allem bei Industriebetrieben eine gewisse Verunsicherung.

Unschlagbar bleibt aber die geografische Lage mit einer guten Anbindung an die Nachbarländer. Der aktuelle Verkehrsminister kündigte zudem an, den Ausbau der Infrastruktur zu beschleunigen. So wird ab diesem Jahr mit dem Ausbau des Eisenbahnhochgeschwindigkeitsnetzes auf der Strecke zwischen Brünn und Přerov begonnen. Man geht daher davon aus, dass hiervon aller Voraussicht nach insbesondere die Bau- sowie die Logistikbranche profitieren werden.

Alles in allem tragen diese Umstände und die anstehenden Pläne zu einer insgesamt wieder optimistischen Stimmung sowie zu steigenden Umsätzen bei. Laut der Konjunkturumfrage der Deutsch-Tschechischen Industrie und Handelskammer 2025​ beurteilt die Mehrheit (65 Prozent) der bereits in Tschechien ansässigen ausländischen Unternehmen die aktuelle Lage als zufriedenstellend, 18 Prozent sogar als gut. 35 Prozent der Unternehmen planen ihre Investitionen in diesem Jahr weiter auszubauen, vor allem im Dienstleistungsgewerbe und in der verarbeitenden Industrie. Sinkende Investitionen sind allerdings in den klassischen Industriebetrieben, wie der Automobilbranche zu verzeichnen.

Ein weiterer Pluspunkt ist die allgemeine als stabil anzusehende politische Lage und das trotz der Tatsache, dass im Herbst 2025 Parlamentswahlen anstehen und der Prognose, dass die Koalition um den Ministerpräsidenten Petr Fiala voraussichtlich ihre Mehrheit verlieren wird.

Die Tschechische Republik war und ist daher nach wie vor eine gute Adresse für Investitionen, insbesondere aus dem deutschsprachigen Raum. Sie gehört weiterhin zu den Spitzenregionen Europas.
   

Welchen Herausforderungen steht ein deutscher Unternehmer beim Engagement in der Tschechischen Republik gegenüber?

Die seit Jahren sehr niedrige Arbeitslosenquote und der daraus resultierende Fachkräftemangel stellen neben den aktuellen globalen geopolitischen Spannungen, nebst damit einhergehenden Handelshemmnissen und -konflikten auch in Tschechien die großen Herausforderungen dar. 

Letztes Jahr lag die Arbeitslosenquote z.B. bei nur 2,8 Prozent. Im März 2025 lag sie sogar bei nur 2,5 Prozent und ist damit immer noch die niedrigste innerhalb der EU. Wir gehen davon aus, dass sich diese Umstände nicht weiter verschlimmern werden, sondern im Gegenteil, dass sich dies langfristig etwas entspannen wird. 

Zu dieser Entspannung trägt auch die derzeit wieder niedrige Inflationsrate bei. Aktuell liegt bei rund 2,5 Prozent und das nicht zuletzt aufgrund der bereits genannten Interventionen der Tschechischen Nationalbank, die den Leitzins neulich herabsetzte. Idealerweise sollte sich die Inflation bei rund 2 Prozent einpendeln. Damit sind weitere Leitzinssenkungen im Jahr 2025 nicht auszuschließen.
   

Wie begegnet die Tschechische Republik dem Fachkräftemangel?

Der Fachkräftemangel stellt tatsächlich seit Jahren die Achillesferse der tschechischen Wirtschaft dar. Die tschechische Regierung versucht dem Fachkräftemangel mit unterschiedlichen Maßnahmen entgegenzusteuern, z.B. durch die Schaffung von Anreizen für Arbeitnehmer aus Drittstaaten in östlichen Grenzregionen zu Tschechien. Ukrainische Arbeitnehmer können seit 2022 durch verschiedene gesetzliche Erleichterungen unproblematischer ein Beschäftigungsverhältnis in Tschechien eingehen.

Allerdings wird nach verbreiteter Ansicht aus der Wirtschaft diesem Problem immer noch nicht die notwendige Aufmerksamkeit gewidmet. Auch mit der bereits Jahrzehnte debattierten Reform des Berufsschulsystems, die in Tschechien dringend notwendig ist, wurde immer noch nicht begonnen und die Situation verschlimmerte sich eher noch.
   

Wie wird sich aus Ihrer Sicht die Tschechische Republik weiterentwickeln?

Lässt man die aktuellen globalen geopolitischen Unsicherheiten außen vor, dürfte das Land als Investitionsstandort auf der Skala der beliebtesten Europäischen Länder in Mittel- und Osteuropa weiterhin auf den vordersten Plätzen stehen. 

Wir gehen davon aus, dass auch die neue tschechische Regierung versuchen wird, das Geschäftsklima auf einem guten Niveau aufrechtzuerhalten bzw. dieses nach Möglichkeit noch weiter auszubauen. Die Staatsverschuldung sowie die Steigerung der Gesamtausgaben des Staates hat die bisherige Regierung durch das umgesetzte Sparpaket relativ gut in den Griff bekommen. Erhöht wurden u.a. die Körperschaftsteuer, die Mehrwertsteuer auf ausgewählte Produktgruppen sowie die Einkommensteuer für Besserverdienende. 

Aufgrund der Digitalisierung und dem immer größeren Einsatz von KI ist zudem zu erwarten, dass es auch zu einer nachhaltigen Änderung des Arbeits- und Unternehmensumfelds insgesamt kommen wird. Themen wie Weiterbildung, Akzeptanz sowie Einsatz von KI durch die Arbeitnehmer, Datensicherheit und Datenschutz gewinnen bereits an Bedeutung.​

‭(Ausgeblendet)‬ Kulturelle Besonderheiten in der Tschechischen Republik

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Miroslav Kocman

Certified Tax Consultant (Tschechische Republik)

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