Erfolgreich investieren in der Tschechischen Republik

PrintMailRate-it

zuletzt aktualisiert am 16. Juni 2023 | Lesedauer ca. 4 Minuten


 

 

​​Wie schätzen Sie die derzeitige wirtschaftliche Lage in der Tschechischen Republik ein?

Die tschechische Wirtschaft konnte sich im Jahr 2022 weiter stabilisieren und einen realen Zuwachs von 2,5 Pro­zent verzeichnen.[1] Für das Jahr 2023 wird allerdings im gegenwärtigen Umfeld gegenüber dem Vorjahr 2022 ein nur geringeres Wachstum erwartet.
 
Das tschechische Finanzministerium hat aufgrund dessen unlängst die Wachstumserwartungen für das BIP 2023 auf vorsichtige 0,1 Prozent geschätzt.
 
Insgesamt sieht die aktuelle wirtschaftliche Lage in der Tschechischen Republik aber nach wie vor stabil und so­li­de aus, auch wenn die hiesige Wirtschaft ebenfalls mit steigenden Energiekosten zu kämpfen hat.
 
Darüber hinaus machen sich in Tschechien eine hohe Inflation mit immerhin leicht fallender Tendenz sowie die star­ke Tschechische Krone bemerkbar. Die Tschechische Krone hat insbesondere im Jahr 2023 gegenüber dem Euro deutlich aufgewertet, im Mai 2023 lag der Wechselkurs bei 23,5 : 1.[2]

Die weitere Entwicklung der wirtschaftliche Lage in Tschechien wird unter anderem davon abhängen, wie und wie schnell sich die Situation europa-, und weltweit stabilisiert sowie davon, wie sich der Hauptexportmarkt in Deutsch­­land weiterentwickeln wird. Deutschland ist für Tschechien nach wie vor der mit Abstand wichtigste Außenhandelspartner, gefolgt von der Slowakischen Republik und Polen.[3] 

Wie würden Sie das Investitions­klima in der Tschechischen Republik beschreiben? Welche Branchen bergen großes Potenzial?

Die Standortfaktoren sind in der Tschechischen Republik unverändert gut. Investoren können weiterhin auf die bestehenden positiven Rahmenbedingungen, also auf eine hohe Produktivität, umfangreiches Know-how, einen hohen Ausbildungsgrad der Arbeitnehmer, ein verlässliches Niveau an Rechtssicherheit, aber auch auf eine aus­geprägte Flexibilität auf geänderte Markbedingungen reagieren zu können, zurückgreifen.
 
Hinzu kommt die geographische Lage mit einer guten Anbindung an die Nachbarländer, welche auf der tsche­chi­schen Seite im Jahr 2022 noch weiter ausgebaut wurde. All das trägt zu einem insgesamt optimistischen In­ves­ti­tions­klima bei.
 
Auch die allgemeine politische Lage ist in Tschechien derzeit als stabil anzusehen. Die gegenwärtige fünf Parteien Koalition um den Ministerpräsidenten Petr Fiala verzeichnet aktuell im Rahmen ihrer Tätigkeit wenig Reibungs­punkte. Auch der dieses Jahr am 9. März neu gewählte Präsident, Petr Pavel, wird diese Stabilität aller Voraussicht nach noch untermauern. Dieser tschechische Politiker ist der vierte Staatspräsident der Tschechischen Republik. Er ist General a. D. der Tschechischen Armee, welcher bis 2015 Leiter des Tschechischen Generalstabs und an­schließend bis 2018 Vorsitzender des Militärausschusses der NATO gewesen ist.
 

Welchen Herausforderungen steht ein deutscher Unternehmer beim Engagement in der Tschechischen Republik gegenüber?

Die seit Jahren sehr niedrige Arbeitslosenquote, stellt in Tschechien nach wie vor eine der größten Herausfor­de­run­gen über­haupt dar. Letztes Jahr lag diese sogar nur bei 2,2 Prozent.[4] Aktuell liegt sie bei ca. 3,9 Pro­zent[5] und ist damit immer noch eine der niedrigsten innerhalb der EU. 
 
Der jahrelang zu verzeichnende Überbietungskampf der Arbeitgeber um fachlich qualifizierte Arbeitnehmer hatte zudem Lohnkostenerhöhungen zur Folge. Der Druck auf die Lohnkosten milderte sich zwischenzeitlich etwas ab, dieses Jahr steigt er jedoch wieder an, unter anderem auch aufgrund der hohen Inflation, welche hier im eu­ro­päi­schen Vergleich einer der höchsten ist. Im Jahr 2022 erreichte diese im September den bislang höchsten Wert von 18 Prozent und lag im April 2023 im europäischen Vergleich weiterhin auf sehr hohen 12,7 Prozent.[6]
 
Die Tschechische Nationalbank reagierte auf diese Entwicklung bereits mit mehreren Anhebungen des Leitzinses. Im Jahr 2022 wurde dieser bis auf 7 Prozent angehoben[7] und liegt seit dem auch im Mai 2023 unterändert bei 7 Prozent.[8] Eine weitere Anhebung ist derzeit nicht erkennbar. Hier bleibt abzuwarten, wie sich die Situation weiterentwickeln wird.
 

Wie begegnet die Tschechische Republik dem Fachkräftemangel?

Die Tschechische Republik war und ist nach wie vor eine gute Adresse, wenn es darum geht insbesondere aus deutschsprachigem Raum Investitionen ins europäische Ausland auszuweiten. Sie gehört mit dem bereits genannten umfangreichen Know-how sowie dem hohen Ausbildungsniveau der Fachkräfte zur Spitze Europas.
 
Die tschechische Regierung versucht dem Fachkräftemangel mit unterschiedlichen Maßnahmen entgegen­zu­steuern, auch wenn dies derzeit nicht zu ihrer Priorität gehört. Die angedachte Reform des Berufsschulsystems, die in Tschechien dringend notwendig ist, steht nach wie vor aus.
 

Wie wird sich aus Ihrer Sicht die Tschechische Republik weiterentwickeln?

Lässt man die aktuellen Unsicherheiten außen vor, dürfte das Land als Investitionsstandort auf der Skala der beliebtesten europäischen Länder in Mittel- und Osteuropa weiterhin auf den vordersten Plätzen stehen. Und das nicht zuletzt auch durch die oben bereits genannte Fähigkeit, auf bestehende Trends und Notwendigkeiten im Markt rasch und flexibel reagieren zu können.

Grundsätzlich ist zu erwarten, dass sich das seit Jahren bestehende stabile Wirtschaftswachstum im Land weiterhin fortsetzen dürfte, auch wenn wohl nicht mit der Dynamik und in dem Umfang wie in den Jahren vor Corona.

Bedingt durch die Notwendigkeit Stabilität von Lieferketten sicherzustellen, hat sich der Trend zum „Nearshoring” noch mehr verfestigt. Dies dürfte sich sicherlich nicht negativ auf die weiteren Aussichten der Tschechischen Republik als Investitionsstandort auswirken, zumal dadurch zusätzliche Investoren sowie weitere neue Unter­nehmen gewonnen werden dürften.

Wir gehen davon aus, dass die tschechische Regierung versuchen wird, das gute Geschäftsklima zu erhalten. Eine erhöhte Staatsverschuldung sowie die Steigerung der Gesamtausgaben des Staates werden jedoch auch hier unumgänglich sein.

Aufgrund der Digitalisierung und dem immer größeren Einsatz von KI ist zudem zu erwarten, dass es auch zu einer nachhaltigen Änderung des wirtschaftlichen Umfelds insgesamt kommen wird. Themen wie Datensicherheit und Datenschutz sind bereits bedeutend und werden künftig noch mehr an Bedeutung gewinnen, genauso wie ESG.



[2] Im Mai 2023 lag der Kurs der Tschechischen Kronen gegenüber den EURO (23,5:1); siehe dazu auch: https://www.cnb.cz/cs/financni-trhy/devizovy-trh/kurzy-devizoveho-trhu/kurzy-devizoveho-trhu/grafy_form.html
[3] Siehe dazu unter: GTAI Germany Trade & Invest zur Tschechischen Republik, Stand: November 2022
[5] Zum Verlauf der Arbeitslosenquote in Tschechien in den letzten Jahren sowie zur Prognose bis 2027 siehe unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/17307/umfrage/arbeitslosenquote-in-tschechien/

Kulturelle Besonderheiten in der Tschechischen Republik

Video auf YouTube ansehen

Kontakt

Contact Person Picture

JUDr. Petr Novotný, Ph.D.

Attorney at Law (Tschechische Rep.)

Partner

+420 2 3616 3770

Anfrage senden

Publikation

Unternehmer­briefing

Kein Themen­special verpas­sen mit unserem Newsletter!

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu