Die Zukunft des steuerlichen Querverbundes

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Ab voraussichtlich 2016 gelten einheitliche und deutlich strengere Voraussetzungen für den steuerlichen Querverbund. Bis Ende 2015 kann aber noch nach alter Rechtslage optimiert werden. Bestehende und bisher akzeptierte Querverbünde sollen erhalten bleiben.

Der Steuerliche Querverbund stellt eine Quersubventionierung durch Zusammenfassung von defizitären und gewinnbringenden Tätigkeiten bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts bzw. deren Tochtergesellschaften dar. Ohne diese steuerwirksame Zusammenfassung unterlägen Überschüsse der Besteuerung während durch Dauerverlusttätigkeiten steuerliche Verlustvorträge angesammelt würden. Die Verluste müssten aus versteuerten Gewinnen gedeckt werden.
  
Nach der Rechtsprechung des BFH führte auch das Unterhalten struktureller dauerdefizitärer Tätigkeiten regelmäßig zur Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung. Im Ergebnis wären dann die steuerlichen Vorteile einer Zusammenfassung entfallen. Um dies zu verhindern, hatte der Gesetzgeber mit dem Jahressteuergesetz 2009 die bisherige Verwaltungsauffassung gesetzlich normiert.
 
Die Zusammenfassung von nichtgleichartigen Tätigkeiten bzw. nicht gesetzlich bestimmten Bereichen ist nur aufgrund einer engen wechselseitig technisch wirtschaftlichen Verflechtung möglich. Das war schon immer so. Zu den Möglichkeiten hatte sich die Finanzverwaltung aber bislang nicht eindeutig geäußert. Vielmehr sollten keine strikten Vorgaben den kommunalen Verwaltungen aber auch der jeweiligen Landesfinanzverwaltung Gestaltungsspielräume und Argumentationsräume eröffnen. Dies führte in der Vergangenheit zu einer Art „Wildwuchs” steuerlicher Querverbünde in der gesamten Bundesrepublik. Abgesehen von dem Klassiker des Querverbundes zwischen dauerdefizitärem Schwimmbad und Energieversorgung mittels Blockheizkraftwerk (BHKW) existierten auch Querverbünde aufgrund der sog. Löschwassertheorie. Aber auch durch die sog. Durchspültheorie wurden Querverbünde zwischen dem Bereich Wasserversorgung und dem defizitären Bäderbereich begründet.
 
Für die erforderliche technisch wirtschaftliche Verflechtung mittels BHKW hatte einzig die OFD Frankfurt 1995 eine Art Richtschnur erlassen. Die Vorteile der Verflechtung müssen hierbei zwangsläufig aufgrund chemischer und physikalischer Vorgänge entstehen und sie müssen wirtschaftlich sein. Dies ist durch entsprechende Gutachten nachzuweisen. Nach der Verabschiedung des EEG- und des KWK-Gesetzes bestanden hieran Zweifel. Auch war strittig, ob ein Querverbund zwischen einem dauerdefizitären Bäderbetrieb und einem Netzverpachtungsbetrieb begründet werden kann und wie es sich verhält, wenn der erzeugte Strom vorrangig selbst verbraucht wird.
 
Das BMF arbeitet nunmehr an einheitlichen Grundsätzen und stößt bereits im ersten Entwurf auf heftige Kritik. Die wesentlichen Aspekte:  
  • Querverbund ist auch zu anderen Einrichtungen mit Wärme und Strombedarf möglich,
  • mobiles BHKW kann ausreichend sein,
  • bilanzieller Ausweis des BHKW unmaßgeblich,
  • Wirtschaftlichkeitsnachweis weiterhin durch VDI Gutachten,
  • keine Zusammenfassung mit Netzverpächter,
  • Deckung von mind. 80 Prozent des Wärmebedarfes und
  • Stromkapazität mind. 20 Prozent über Strombedarf.
 
Insbesondere die letzten Kriterien sind häufig schon physikalisch fragwürdig. Das BMF hat hier bereits eine Überprüfung und gegebenenfalls Entschärfung signalisiert. Eine wichtige Nachricht: Bereits bestehende Querverbünde sollen nicht infrage gestellt werden. Auch die Einrichtung beziehungsweise die Errichtung von Querverbünden muss sich noch nicht an den oben genannten neuen Maßstäben messen lassen, wenn diese bis zum 1. Januar 2016 hergestellt werden, sprich, die BHKW in der entsprechenden Konstellation ans Netz gehen. Eine Zusammenfassung nach den bisherigen Grundsätzen 
  • Wirtschaftlichkeit (VDI Gutachten)
  • keine Überdimensionierung (circa 50 Prozent Wärmedeckung)
  • bedeutender Anteil an der Wärmeversorgung (circa 50 Prozent Wärmedeckung)
  • wirtschaftliche Bedeutung der Einspeisung in das Stromnetz (circa 30.000 Euro)
 
ist daher weiterhin noch möglich, erfordert aber entschlossenes und zeitnahes Handeln. Dennoch sollte nicht nur wegen einer möglichen Steuerersparnis vorschnell gehandelt werden. Wirtschaftliche Betrachtungen sollten mit steuerlichen Überlegungen kombiniert werden.
 
Es könnten auch Überlegungen angestellt werden, zum Beispiel Telekommunikationseinrichtungen als „gleichartige” Tätigkeiten in einen Querverbund einzubeziehen, wenn auch die Hürden für eine steuerliche Anerkennung ungleich höher sind als beim klassischen Querverbund.
 
Losgelöst von diesen Überlegungen gibt es häufig auch Möglichkeiten steuerliche Ersparnisse durch den sog. kleinen steuerlichen Querverbund zu erzielen. Eine technisch-wirtschaftliche Verflechtung oder ein BHKW sind hier gerade nicht Voraussetzung. Zu prüfen ist hier vielmehr bei kommunalen Betrieben die Einlage von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften in den dauerdefizitären begünstigten Betrieb gewerblicher Art. Ebenso kann die Zusammenführung dauerdefizitärer Tätigkeiten mit gewinnbringenden Tätigkeiten in einer Kapitalgesellschaft zur Vermeidung von Kapitalertragssteuerbelastungen führen. Nach der Rechtsprechung des BFH, der sich auch die Finanzverwaltung mit Schreiben vom 9. Januar 2015 angeschlossen hat, ist für die Frage der Bemessung der Kapitalertragssteuer auf den handelsrechtlichen Gewinn der Einrichtung abzustellen. Auf eine steuerliche Zusammenfassung im Sinne eines großen steuerlichen Querverbundes kann daher verzichtet werden.
 
Verbindliche Zusagen wurden auf dieser Grundlage bereits für die Zusammenführung eines Museums mit einer Stadtwerke GmbH erteilt. In der Praxis treffen diese steuerlichen Überlegungen aber häufig auf Schwierigkeiten in der Umsetzung aufgrund verwaltungsinterner Aspekte.
 
 
zuletzt aktualisiert am 09.07.2015
 

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