Lieferung von Strom an Mieter muss nicht immer eine steuerfreie Nebenleistung zum Mietverhältnis sein

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​veröffentlicht am 31. Mai 2021; zuletzt aktualisiert am 2. August 2021

 

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Besteht bei der Belieferung eines Mieters mit eigenerzeugtem Strom aus einer Photovoltaikanlage ein Wahlrecht des Mieters, den Stromversorger frei wählen zu können, so stellt die Stromlieferung des Vermieters nach Auffassung des niedersächsischen Finanzgerichts eine vom zugrunde liegenden Mietverhältnis unabhängige Leistung dar, die der Umsatzsteuerpflicht unterliegt und daher zum Vorsteuerabzug berechtigt (Nds. FG, Urt. v. 25.02.2021, 11 K 201/19). Das beklagte Finanzamt scheiterte mit der sonst üblichen Annahme einer gleichfalls steuerfreien Nebenleistung zum Mietverhältnis, welche dabei einen Abzug von Vorsteuern ausschließt.
 
Nach einem kürzlich ergangenem Urteil des niedersächsischen Finanzgerichts können Stromlieferungen aus der eigenen Photovoltaikanlage durchaus auch selbständige Leistungen i.S.d. Umsatzsteuergesetzes darstellen und somit auch bei einem steuerbefreiten Mietverhältnis zur Umsatzsteuerpflicht führen (Nds. FG, Urt. V. 25.02.2021, 11 K 201/19).

Zusätzlich zu einem Mietvertrag vereinbarte Stromlieferungen aus der eigenen Photovoltaikanlage sind nach Auffassung des niedersächsischen Finanzgerichts eigenständige Hauptleistungen, die nicht als Nebenleistung zu den umsatzsteuerfreien Vermietungsleistungen gehören und damit der Umsatzsteuer unterliegen. Damit geht auch das Recht zum Vorsteuerabzug aus der Errichtung und Betrieb der Stromerzeugungsanlage einher.

Das Urteil greift die grundsätzliche Frage auf, wie Entgelte aus dem Mietverhältnis bei gleichzeitig erbrachten Stromlieferungen umsatzsteuerlich zu behandeln sind. Soweit kein Optionsrecht zur Umsatzbesteuerung besteht, weil beispielsweise ausschließlich an Privatpersonen vermietet wird, besteht für die dabei erzielten Mieterlöse im Regelfall eine Befreiung von der Umsatzsteuer– die Mieterlöse unterliegen daher regelmäßig nicht der Umsatzsteuer.


Auch in direktem Zusammenhang mit dem Mietverhältnis stehende Nebenleistungen wie bspw. Reinigungsleistungen von Flur- und Treppenhaus oder die Belieferung der Mieter durch den Vermieter mit Strom, sind steuerbefreit. Man geht hier von einer einheitlichen (Gesamt-) Leistung aus, die umsatzsteuerlich auch einheitlich zu würdigen ist. Vor diesem Hintergrund hatte die Rechtsprechung lange Zeit die Lieferung sog. Mietnebenkosten - z.B. Wasser aber auch Strom - üblicherweise den Nebenleistungen zur Hauptleistung „Vermietung“ zugerechnet. Auch die Finanzverwaltung vertritt aktuell noch diese Ansicht (Abschn. 4.12.1 Abs. 5 S. 3 UStAE).
 
Das niedersächsische FG erkennt jedoch nun in der Lieferung von Strom eine eigenständige Hauptleistung - zumindest dann, wenn der Mieter die Möglichkeit hat, über den Lieferanten frei zu entscheiden und der Verbrauch auch gesondert durch geeignete Messeinrichtungen gezählt und verbrauchsgerecht abgerechnet wird. Damit sind Stromlieferungen von Vermietern, insbesondere aus Eigenerzeugungsanlagen wie Photovoltaikanlagen oder Blockheizkraftwerken, ausdrücklich keine steuerfreie Nebenleistungen, sondern müssen anhand der zugrunde liegenden Vertragsverhältnisse differenziert betrachtet und ggfs. umsatzbesteuert werden.

Das Finanzgericht folgt mit seinem Urteil dabei der Rechtsprechung des EuGH zur Abgrenzung zwischen Haupt- und Nebenleistung. (EuGH vom 16.04.2015, C-42/14). Der EuGH hatte vor allem herausgestellt, dass dann, wenn der Mieter die Möglichkeit hat, Lieferanten und/oder Nutzungsmodalitäten der in Rede stehenden Gegenstände oder Dienstleistungen auszuwählen, die Leistungen, die sich auf diese Gegenstände oder Dienstleistungen beziehen, grundsätzlich als von der Vermietung getrennt anzusehen sind (Rz. 39).

 

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Auch der BFH hat in seiner neueren Rechtsprechung die Rechtsauffassung des EuGH aufgegriffen und in einer Entscheidung aus dem Jahr 2015 darauf verwiesen, dass insbesondere den Mietnebenkosten zugrunde liegende Leistungen – wie das Zurverfügungstellen von Wasser, Elektrizität oder Wärme - über deren Verbrauch der Mieter entscheiden kann und die durch die Anbringung von individuellen Zählern kontrolliert und in Abhängigkeit des Verbrauchs abgerechnet werden, grundsätzlich als von der Vermietung getrennt anzusehen sind (BFH-Urt. v. 11.11.2015 – V R 37/14, BStBl II 2017, 1259)

Im vom FG zu entscheidenden Sachverhalt war die Strombelieferung nicht Bestandteil der Mietverhältnisse, die Mieter hätten auch grundsätzlich einen anderen Stromversorger wählen können und die Stromlieferung wurde auch in einem separaten Stromliefervertrag vereinbart. Aufgrund des Grundsatzes der im Energiewirtschaftsrecht geltenden freien Lieferantenwahl und im Falle des geförderten Mieterstroms nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wegen des gesetzlich geregelten Kopplungsverbotes in § 42a Energiewirtschaftsgesetz dürfte dies ohnehin der Regelfall sein. Der separat abgeschlossene Stromliefervertrag des Vermieters mit seinem Mieter wurde als weitere Hauptleistung des Vermieters gewertet und unterlag deshalb, mangels Steuerbefreiung auch der Umsatzsteuer. Das zuständige Finanzamt unterlag dabei mit seiner Ansicht, dass diese Leistungen auch in diesem Fall steuerfreie Nebenleistungen darstellen würden, die aufgrund der Steuerbefreiung in Folge zu keinem Vorsteuerabzug aus der Errichtung und dem Betrieb der Photovoltaikanlage führen könne. Das vom Finanzamt angeführte Argument, dass die Mieter faktisch keine freie Wahl des Stromanbieters hätten, weil sie dann die erforderlichen Umbaukosten tragen müssten, war nach Auffassung des FG nicht geeignet, eine Einheitlichkeit der Leistung anzunehmen. Zwar würden die Umbaukosten einen solchen Wechsel zwar erschweren, ihn aber letztlich nicht unmöglich machen.


Welche Auswirkungen entfaltet dieses Urteil auf bestehende und ggf. künftige Mietverhältnisse?

Die Finanzverwaltung sieht die Stromlieferung an Mieter zwar zurzeit weiterhin als steuerbefreite Nebenleistung zur Vermietung an. Soweit sich aus dieser Steuerfreiheit kein steuerlicher Nachteil für Vermieter oder Mieter ergibt, bleibt es daher im Allgemeinen bei der bisherigen steuerfreien Behandlung. Indes sollten Mieterstromkonstellationen aufgrund der gesetzlichen Vorgaben und der geänderten Rechtsprechung durch einen steuerlichen und/oder rechtlichen Berater dahingehend geprüft werden, wie der konkrete Einzelfall umsatzsteuerrechtlich zu behandeln ist.

Soweit Vermieter einen Vorsteuerabzug aus der Anschaffung oder Herstellung eines BHKW oder einer PV-Anlage anstreben, sollten Stromlieferungen außerhalb der Mietverträge vereinbart eigenständige Zählereinrichtungen installiert werden. Soll eine Mieterstromförderung nach dem EEG in Anspruch genommen werden, ist aufgrund des Kopplungsverbotes ohnehin eine getrennte Regelung erforderlich. Beim Vorsteuerabzug kann sich der Vermieter – auf die Rechtsprechung des BFH, der Finanzgerichte und des EuGH berufen.

Im Übrigen bleibt abzuwarten, ob künftig auch die Finanzverwaltung trennschärfere Kriterien aufstellen wird, in welchen Fällen es sich noch umsatzsteuerbefreite Nebenleistungen zur Vermietung handelt und in welchen Fällen eigenständige Hauptleistungen vorliegen.

 

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