Managerhaftung: Persönliche Haftungsrisiken als Geschäftsführer von Anfang an minimieren

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veröffentlicht am 6. Oktober 2017 
  

Im Zuge der Anbahnung einer Anstellung als Organ – Geschäftsführer oder Vorstand – stehen in der Praxis in erster Linie Fragen rund um den Anstellungs-/ Dienstvertrag einschließlich der Vergütung, Tantiemen, Dienstwagen, und Altersversorgung zur Debatte. Die Folgen einer außerordentlichen Beendigung des Anstellungsverhältnisses und das Haftungsrisiko, das die Übernahme einer Organtätigkeit mit sich bringt, werden naturgemäß zu diesem Zeitpunkt nicht thematisiert und führen häufig später zu einem bösen Erwachen.

 


  

Was sollte bei dem Abschluss eines Geschäftsführerdienstvertrages auf Seiten des künftigen Geschäftsführers in Bezug auf eine etwaige spätere Haftung beachtet werden?

Herr Grätz: Jeder Geschäftsführer ist im Rahmen seiner Tätigkeit einem beträchtlichen Haftungsrisiko ausgesetzt, welches er selbst anfänglich nicht immer vollumfänglich einzuschätzen vermag. Dabei haftet er sogar für einfach fahrlässig begangene Pflichtverletzungen unbegrenzt mit dem eigenen Vermögen. Entscheidend ist also, dass die Gesellschaft – sei es nun eine GmbH oder eine Aktiengesellschaft (Versicherungsnehmerin) – eine ausgereifte D&O-Versicherung für den Geschäftsführer (versicherte Person) abschließt. Die Arbeit sollte durch den Geschäftsführer erst aufgenommen werden, wenn der Schutz durch die Versicherung gewährleistet ist.
  

Ein weiterer Stolperstein in diesem Zusammenhang ist die Abschlusskompetenz des Geschäftsführeranstellungsvertrages und einhergehender Abschluss einer solchen Versicherung. Nach Gesetzeswortlaut ist hier die Gesellschafterversammlung zuständig. Fehler können dazu führen, dass der Vertrag gemäß § 177 BGB schwebend unwirksam ist.
 

Schlussendlich gilt es auch sicherzustellen, dass bei Vorhandensein mehrerer Geschäftsführer bzw. Vorstände die vereinbarte Deckungssumme einen potentiellen Schaden, der je nach Tätigkeitsfeld auch mal im sechsstelligen Bereich sein kann, abzudecken vermag. Was die wenigsten nicht berücksichtigen ist z.B., dass die Kosten der Rechtsverfolgung, also für die Konsultierung eines Anwalts zur Abwehr der potentiellen Managerhaftung, i.d.R. auf die Deckungssumme angerechnet werden.

 

Apropos mehrere Geschäftsleiter, kann eine vernünftige Ressortaufteilung ein fähiges Enthaftungsinstrument darstellen und worauf sollte der jeweilige Manager dann im Anstellungsvertrag achten?

Herr Grätz: Grundsätzlich steht die Geschäftsführung bei Vorhandensein mehrerer Geschäftsführer allen gemeinsam zu. Durch Bildung von klar abgegrenzten Ressorts (also z.B. je ein Geschäftsführer im Bereich Finanzen, Human Resources, operatives Geschäft etc.) kann die Verantwortung und damit auch die Haftung in zugewiesene Bereiche auf den jeweilig Ressortzuständigen delegiert werden. Jedoch erlischt die Verantwortung hinsichtlich der fremden Ressorts nicht völlig, es verbleibt eine gewisse Überwachungspflicht auch für das jeweils fremde Ressort. Verletzt ein Geschäftsführer seine Überwachungspflicht, so haftet dieser mit dem für das jeweilige Ressort zuständigen Geschäftsführer als Gesamtschuldner gemäß § 426 BGB, wobei jedoch davon auszugehen ist, dass der für das Ressort zuständige Geschäftsführer im Innenverhältnis alleine haftet. Damit bleibt festzuhalten, dass klar definierte Ressortsaufteilungen durchaus zu einer gewissen Enthaftung führen können.
 

Der jeweilige Geschäftsführer sollte darauf achten, dass sein Tätigkeitsbereich sowohl im Anstellungsvertrag als auch ggf. in einer Geschäftsordnung klar abgrenzbar mit den auf ihn entfallenden Pflichtenkreisen schriftlich niedergelegt ist, um seine Managerhaftung zu reduzieren.
 

Kann die Innenhaftung von Unternehmensleitern durch eine Vereinbarung mit der Gesellschaft im Voraus ausgeschlossen oder eingegrenzt werden?

Herr Grätz: Eine Begrenzung der Innenhaftung kann bspw. dadurch erreicht werden, dass der Ausschluss einfacher Fahrlässigkeit durch eine Beschränkung des Verschuldensmaßstabes auf Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vereinbart wird oder dass eine monetäre Haftungsobergrenze festgelegt wird.

Zu beachten ist jedoch, dass bei der Aktiengesellschaft die Innenhaftung der Vorstände und Aufsichtsräte prinzipiell nicht eingegrenzt werden kann, sondern bindend in § 93 Abs. 1 AktG festgeschrieben ist.

Bei einer GmbH hingegen sind Beschränkungen der Innenhaftung im Grunde möglich. Hierbei ist im Einzelnen umstritten, ob die Haftung in Gänze ausgeschlossen werden kann, vorsätzliches Handeln jedenfalls nicht, § 276 Abs. 3 BGB. Auch Haftungsansprüche wegen Verstoßes gegen die Kapitalerhaltungspflicht oder wegen unzulässiger Zahlungen nach Insolvenzreife können a priori nicht ausgeschlossen werden, § 64 Satz 1 GmbHG.
 

Grundsätzlich ist eine Haftungsausschlussvereinbarung am Beginn der unternehmerischen Tätigkeit wohl eher praxisfern; denn das Verlangen einer Haftungsfreistellung bei Beginn einer Geschäftsführeranstellung hat doch so seinen Beigeschmack.
 

Nun haben wir gehört, dass es sinnvoll ist, schon beim Abschluss eines Anstellungs-/ Dienstvertrags wichtige Parameter zu berücksichtigen. Die Haftungsrisiken für Manager können so minimiert werden. Würden Sie aufgrund Ihrer Praxiserfahrung empfehlen trotzdem noch teuren Versicherungsschutz einzukaufen?

Herr Arendt: Ja, auf jeden Fall! Im Hinblick auf den Anstellungs-/ Dienstvertrag ist zu beachten, dass im Fall einer Kündigung bzw. außerordentlichen Abberufung die private Rechtsschutzversicherung in den meisten Fällen keine Deckung bietet. Privatrechtsschutzversicherungsverträge sehen i.d.R nur eine Leistungspflicht für Streitigkeiten aus einem Angestelltenverhältnis vor. Ein solches liegt bei Vorständen und Geschäftsführern eigentlich niemals vor.
 

Nicht selten stellt die Gesellschaft, die einen Manager außerordentlich abberuft, auch die Zahlung der Vergütung ein. Das kann folglich existentielle Auswirkungen für die Betroffenen haben. Oft hilft in diesen Fällen nur eine Klage gegen den alten Arbeitgeber/das Unternehmen. Ein solcher Prozess ist meist aufwendig und teuer. Eine Anstellungsvertragsrechtsschutzversicherung deckt in diesen Fällen sodann die gerichtliche und außergerichtliche Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des betroffenen Managers. Das gilt freilich auch dann, wenn dem Manager unter Berufung auf einen vermeintlichen Verstoß gegen Rechtspflichten Bonuszahlungen verweigert werden. Gute Rechtsschutzverträge bieten zudem Versicherungsschutz für Kosten, die einem Manager im Zusammenhang mit einer einvernehmlichen Erledigung (z.B. Vergleich) entstehen.
 

Eine außerordentliche Abberufung kann oftmals auch einen erheblichen Reputationsverlust für die Betroffenen bedeuten. Gerade in „kleinen Branchen, in denen jeder jeden kennt", ist es sodann schwierig einen neuen Job zu finden. Manche Versicherer übernehmen z.B. in Fall der Kündigung bzw.  vorzeitigen Abberufung die Kosten einer Karriereberatung. Im Falle einer Rufschädigung, übernimmt der Versicherer die Public-Relations Kosten.

 

Welche weiteren Versicherungen sind neben der genannten Anstellungsvertragsrechtsschutzversicherung noch ratsam? Brauche ich als Organmitglied beispielsweise überhaupt noch eine D&O-Versicherung, wenn mir eine Freistellung erteilt bzw. ein Haftungsverzicht vereinbart wurde?

Herr Arendt: Ja! Wie Herr Grätz schon sagte, ist eine Haftungsfreistellung für Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft nicht möglich. Diese sollten also zwingend darauf achten, dass zu ihren Gunsten eine D&O-Versicherung abgeschlossen wurde. Darüber hinaus ist zu beachten, dass für Vorstandsmitglieder ein gesetzlicher Selbstbehalt gemäß § 93 Abs. 2 Satz 3 AktG gilt, wenn das Unternehmen eine D&O-Versicherung abgeschlossen hat. Diesen Selbstbehalt von mindestens 10 Prozent des Schadens bis mindestens zur Höhe des Eineinhalbfachen der festen jährlichen Vergütung des Vorstandsmitglieds kann man wiederum mit einem eigenen Vertrag versichern; entweder durch Abschluss einer sogenannten „Selbstbehalts-Versicherung" oder einer persönlichen D&O-Versicherung (Personal Versicherung).
  

Ein Geschäftsführer einer GmbH kann sich aber ja vertraglich einen Haftungsverzicht vom Unternehmen zusichern lassen. Macht eine D&O-Versicherung dann noch Sinn?

Herr Arendt: Ja, auch hier macht sie Sinn. Zweifelsfrei unzulässig ist wie oben bereits ausgeführt ein Haftungsverzicht für Ansprüche wegen Verstoßes gegen die Kapitalerhaltungspflicht und unzulässiger Zahlungen nach Insolvenzreife gem. § 64 GmbHG. Gerade Zahlungen nach Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung kommen in der Wirtschaftspraxis sehr häufig vor. Die Insolvenzverwalter nehmen die Geschäftsführer in diesen Fällen hierfür nahezu ausnahmslos in Anspruch. Wichtig ist dann, dass die D&O-Versicherung hierfür Schutz bietet. Denn nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sind derartige Ansprüche der Insolvenzverwalter keine eigentlichen Schadenersatzansprüche. Manche D&O-Versicherer lehnen die Deckung unter Hinweis auf diese Rechtsauffassung ab.

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