Bilanzielle und steuerliche Aspekte der Unternehmensfinanzierung

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zuletzt aktualisiert am 16. November 2022 | Lesedauer ca. 4 Minuten


Die Unternehmensfinanzierung und insb. deren Ausgestaltung als Eigenkapital oder Fremdkapital hat Auswirkungen auf Unternehmensratings, Finanzierungs-Covenants und mithin auf die Wahrnehmung potenzieller Investoren und Kapitalgeber. Je nach Ausgestaltung der Finanzierung kann aus bilanzieller Sicht Eigen- oder Fremdkapital vorliegen. Auch steuerliche Aspekte sind bei der Finanzierungsentscheidung zu beachten, da die Wahl der Finanzierungsform u.a. über die Höhe der zu zahlenden Steuern entscheidet. In jedem Fall empfiehlt es sich, die Ausgestaltung der Finan­zierung bedarfsgerecht zu strukturieren.



Eigenkapital oder Fremdkapital?

Bilanziell ist eine Abgrenzung zwischen Eigen- oder Fremdkapital vorzunehmen. Finanzinstrumente in der Handelsbilanz sind entweder dem bilanziellen Eigenkapital oder dem bilanziellen Fremdkapital zuzuordnen.

Primär ist das, was gesellschaftsrechtlich Eigenkapital darstellt und damit eine Haftungsfunktion gegenüber den Gläubigern übernimmt, bilanzrechtlich als Eigenkapital (gezeichnetes Kapital) i. S. d. § 272 HGB aus­zu­wei­sen. Schuldrechtliche Finanzinstrumente sind demgemäß grundsätzlich als Fremdkapital auszuweisen. In Aus­nah­me­fällen kann ein Ausweis im Eigenkapital erfolgen, wenn die folgenden Kriterien kumulativ erfüllt sind (vgl. IDW (HFA 1/1994), WPg 1994, 419):

  • Nachrangigkeit des überlassenen Kapitals im Insolvenz- oder Liquidationsfall gegenüber allen anderen Gläubigern,
  • Erfolgsabhängigkeit der Vergütung aufgrund der Kapitalüberlassung,
  • Teilnahme am laufenden Verlust bis zur vollen Höhe,
  • Nachhaltigkeit (Längerfristigkeit) der Kapitalüberlassung.


Von besonderer Bedeutung für eine Einordnung als Eigenkapital sind v.a. die Kriterien Nachrangigkeit und Ver­lust­teil­nah­me.

Nachrangigkeit ist gegeben, wenn im Insolvenz- oder Liquidationsfall ein Rückzahlungsanspruch des Ka­pi­tal­ge­bers erst nach Befriedigung aller anderen Gläubiger, deren Kapitalüberlassung nicht den Kriterien für einen Ei­gen­ka­pi­tal­aus­weis genügt, geltend gemacht werden kann. Insofern lässt sich das überlassene Kapital dann als nachrangig qualifizieren, wenn es entweder an eine einfache Nachrangabrede (i. S. d. § 39 InsO) oder an eine qualifizierte Nachrangabrede (i. S. d. § 199 InsO) gebunden ist. Auch ist für einen Eigenkapitalausweis er­for­der­lich, dass die Finanzinstrumente nicht besichert sind und die Nachrangigkeit zu jeder Zeit gegeben ist.
 
Gemäß dem HFA des IDW orientiert sich das Kriterium der Erfolgsabhängigkeit der Vergütung hingegen an den gesetzlichen Kapitalerhaltungsvorschriften. Die Vergütung für das bereitgestellte Kapital soll (nur) aus den­je­ni­gen Bestandteilen des Eigenkapitals beglichen werden, die durch gesetzliche Ausschüttungsregelungen nicht in besonderem Maße geschützt sind.

Für eine Einordnung als Eigenkapital muss ferner die Teilnahme am laufenden Verlust bis zur vollen Höhe zwischen dem Kapitalgeber und dem Unternehmen vertraglich vereinbart sein. So muss 1. das Kapital für den Ausgleich von angefallenen Verlusten des Unternehmens verwendet werden und 2. kann ein Ausgleich von aufgelaufenen Verlusten mit durch (gesetzliche) Ausschüttungsregelungen besonders geschützten Be­stand­tei­len des Eigenkapitals erst bei einer vorherigen vollständigen Aufzehrung hingegebenen Kapitals durch Ver­lust­ver­rech­nung erfolgen.

Längerfristigkeit der Kapitalüberlassung ist dann gegeben, wenn über einen bestimmten Zeitraum für Ka­pi­tal­ge­ber und Unternehmen eine Rückzahlung ausgeschlossen ist.


Hybride Finanzinstrumente

Hybride Finanzinstrumente weisen sowohl Fremd- als auch Eigenkapitalmerkmale auf. Zu diesen zählen ins­be­son­de­re stille Beteiligungen, partiarische Darlehen, Nachrangdarlehen und Genussscheine sowie Wandel- und Optionsanleihen.
 
Wandel- und Optionsanleihen sind in Abhängigkeit der Ausübung des Wandlungsrechts bzw. der Op­tions­aus­ü­bung Fremd- oder Eigenkapital.

Für diese hat eine Einstufung anhand der konkreten Ausgestaltung im Einzelfall zu erfolgen.


Wesentliche steuerrechtliche Regelungen bei der Mittelstandsfinanzierung

Das Steuerrecht enthält keine konkreten Bestimmungen zur Abgrenzung von Eigen- und Fremdkapital, sodass aufgrund der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz grundsätzlich den handelsrechtlichen Wertungen gefolgt wird. Die Finanzverwaltung verlangt jedoch für die Qualifizierung von Fi­nan­zierungs­­ins­tru­men­ten als Eigenkapital in Anlehnung an § 8 Absatz 3 Satz 2 KStG eine Beteiligung am Liquidationserlös, das heißt an den stillen Reserven.


RISIKO DES VERLUSTUNTERGANGS BEI EIGENKAPITALFINANZIERUNGEN

Eigenkapitalfinanzierung bedeutet, dass Anteile an einer Kapitalgesellschaft erworben werden. Damit geht das Risiko einher, dass bisher nicht genutzte Verluste des zu finanzierenden Unternehmens (anteilig) untergehen (sog. schädlicher Beteiligungserwerb, § 8c KStG). Ein schädlicher Beteiligungserwerb liegt vor, wenn

  • innerhalb eines fünfjährigen Überwachungszeitraums
  • mehr als 25 Prozent (jedoch nicht mehr als 50 Prozent) beziehungsweise mehr als 50 Prozent
  • des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, der Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte an einer Körperschaft
  • an einen Erwerber, an diesen nahestehende Personen oder an eine Gruppe von Erwerbern mit gleich­ge­rich­te­ten Interessen
  • unmittelbar oder mittelbar übertragen werden.

 
Bei einem Beteiligungserwerb von mehr als 25 Prozent kommt es zu einem anteiligen bzw. von mehr als 50 Prozent zu einem vollständigen Untergang der bis zum Beteiligungserwerb nicht genutzten Verluste.
 
Dem schädlichen Beteiligungserwerb ist eine Kapitalerhöhung gleichzusetzen, bei dem bspw. neu eintretende Gesellschafter mehr als 25 Prozent der Anteile nach der Kapitalerhöhung halten. Des Weiteren werden von § 8c KStG auch dem Anteilserwerb vergleichbare Sachverhalte wie bspw. der Erwerb von EK-Genussscheinen er­fasst. Die Regelung des § 8c KStG findet darüber hinaus bspw. auch Anwendung bei Wandel- bzw. Options­anleihen, sobald es zu einem Erwerb der Anteile am Unternehmen kommt.
 
Die Regelung des § 8c KStG sieht ein paar Ausnahmen vom Verlustuntergang vor, die sich unter den Schlag­wor­ten Konzernklausel und Stille-Reserven-Klausel zusammenfassen lassen.


BESCHRÄNKUNG DES ABZUGS VON ZINSAUFWENDUNGEN

Die Fremdfinanzierung bietet die Möglichkeit, den Gewinn und somit die Steuerbelastung des Unternehmens aufgrund der Abzugsfähigkeit der Zinsaufwendungen als Betriebsausgabe zu reduzieren. Das deutsche Steu­er­recht sieht aus diesem Grund bereits seit längerem eine Beschränkung des Zinsausgabenabzugs vor. Seit dem Jahr 2008 wird der steuerliche Zinsausgabenabzug für einkommen- bzw. körperschaftsteuerliche Zwecke maß­geb­lich durch die sogenannte Zinsschrankenregelung (§ 4h EStG, § 8a KStG) geregelt.
 
Die Zinsschrankenregelung sieht im Grundsatz vor, dass die Nettozinsaufwendungen eines Betriebs im je­wei­li­gen Veranlagungszeitraum nur noch in Höhe von 30 Prozent des „steuerlichen EBITDA” des jeweiligen Betriebs abgezogen werden können. Das steuerliche EBITDA ermittelt sich aus dem steuerpflichtigen Gewinn des je­wei­li­gen Betriebs, erhöht um steuerlich wirksame Sofortabschreibungen geringwertiger Wirtschaftsgüter (§ 6 Absatz 2 EStG), aufwandswirksame Auflösungen des Sammelpostens (§ 6 Absatz 2a EStG) sowie Absetzungen für Abnutzung (§ 7 EStG) und korrigiert um das Zinsergebnis.
 
Die Zinsschranke findet in folgenden drei Fällen keine Anwendung:

  • der Nettozinsaufwand des Betriebs beträgt weniger als 3 Mio. Euro (Freigrenze);
  • der in Frage stehende Betrieb gehört nicht oder nur anteilsmäßig zu einem Konzern;
  • der Betrieb gehört zu einem Konzern und seine Eigenkapitalquote unterschreitet die Eigenkapitalquote des Konzerns um nicht mehr als 2 Prozentpunkte (sogenannter Eigenkapitalvergleich).

 
Bei mittelständischen Unternehmen dürfte regelmäßig die Freigrenze von 3 Mio. Euro nicht überschritten sein, sodass das Thema Zinsschranke keine ausgeprägte Relevanz haben sollte.

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