Der Unternehmenskauf in der Schweiz

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zuletzt aktualisiert am 6. September 2017
von Andras Bedoe und Stefan Etter

Ein Unternehmen kann wachsen, indem es sich am Markt behauptet und seinen Konkurrenten Tag für Tag Marktanteile abringt. Es ist aber auch möglich, dass ein Unternehmen ein anderes kauft und sich damit auf einen Schlag auch die Marktposition des Kaufobjektes einverleibt.
 

In der Schweiz spricht man definitionsgemäß von einem Unternehmenskauf, wenn ein Rechtsträger mit all seinen Rechten und Pflichten erworben wird. Es ist auch gebräuchlich, den etwas weiter gefassten Begriff der internationalen Terminologie von Mergers and Acquisitions resp. M&A zu verwenden.
 
Im Vorfeld eines Unternehmenskaufs muss eine Vielzahl von Entscheidungen getroffen werden. Zunächst ist eine Akquisitionsstrategie festzulegen, aufgrund derer anschließend ein geeigneter Übernahmekandidat gesucht werden kann.
 
In der Phase üben sich sämtliche Beteiligte noch in vornehmer Zurückhaltung. Ein allzu forsches Auftreten des Kaufwilligen könnte am Markt leicht den Eindruck einer verzweifelten Panikreaktion erwecken und so Kunden, Lieferanten, Geschäftspartner und Mitarbeitende verunsichern. Dieselbe Gefahr birgt das offensive Anbiedern eines Unternehmens bei vermeintlichen Käufern. Stellen über die Hindernisse hinweg trotzdem zwei Unternehmen übereinstimmende Interessen fest, empfiehlt sich aus den genannten Gründen eine umfassende und griffige Vertraulichkeitsvereinbarung zu unterzeichnen.
 
In einem nächsten Schritt ist die Qualität des Kaufobjektes zu prüfen und der dafür angemessene Kaufpreis zu finden. In dem Stadium stehen sich die für einen Kaufvertrag typischen Interessenlagen gegenüber. Der Verkäufer möchte einen möglichst hohen Preis erzielen, währenddem sich der Käufer weitgehende Gewährleistungs- und Garantieversprechen sowie einen moderaten Kaufpreis wünscht. Wertvolle Orientierungshilfe in dem Seilziehen bieten die Ergebnisse einer sog. Due Diligence. Dabei handelt es sich um eine mit der „gebotenen Sorgfalt” durchgeführte Risikoprüfung des zu übernehmenden Unternehmens, die insbesondere die Bereiche Recht, Steuern und Finanzen umfasst. Werden sich Käufer und Verkäufer handelseinig, so ist die Frage zu klären, auf welche Weise die Übertragung stattfinden soll. Es bieten sich insbesondere 2 Wege an: der asset deal und der share deal.
 
Kaufobjekt bei letztgenannter Erwerbsart sind die Beteiligungsrechte einer Gesellschaft. Die Kontrolle über das Unternehmen wird mittels Kauf sämtlicher oder zumindest einer Mehrheit der Beteiligungsrechte erlangt. Ein share deal ist somit nur bei Kapitalgesellschaften möglich. Der asset deal dagegen kann sowohl bei Personen-, als auch bei Kapitalgesellschaften angewendet werden. Bei dieser Erwerbsart werden einzelne Vermögenswerte und allenfalls auch Verbindlichkeiten der übertragenden Gesellschaft ausgewählt, aus dem Unternehmen herausgelöst und mittels Vertrag auf die übernehmende Gesellschaft übertragen. Welche der beiden Erwerbsarten zu bevorzugen ist, muss im Einzelfall entschieden werden.
 
Der augenfälligste Vorteil des asset deals ist, dass quasi „à la carte” einzelne Vermögenswerte ausgewählt, vertieft geprüft und übertragen werden können. Das Risiko einer solchen Transaktion lässt sich dadurch besser kontrollieren. Trotzdem findet der share deal in der Praxis häufiger Anwendung.
 
Bis im Jahr 2004 das Fusionsgesetz in Kraft trat, wurden in der Schweiz für Unternehmenskäufe die allg. kaufrechtlichen Normen angewendet. Seither sind die Fusion und die Vermögensübertragung ausdrücklich in einem Gesetz geregelt. Vor allem das letztgenannte Institut, nach dessen Vorschriften eine Vielzahl der asset deals abgewickelt wird, hat insbesondere im Vollzugsstadium eine wesentliche Straffung gebracht. Mit dem Eintrag der Vermögensübertragung im Handelsregister gehen alle im Inventar aufgeführten Vermögenswerte von Gesetzes wegen auf den übernehmenden Rechtsträger über. Die Vereinfachung muss aber mit der Publizität im Handelsregister erkauft werden, was viele übertragungswillige Unternehmen vom Gebrauch der Vermögensübertragung abhält.
 
Auch im Hinblick auf den schweizerischen Gläubigerschutz wurde ein zwar theoretisch stimmiger, in der Praxis aber mit vielen Unwägbarkeiten verbundener Mechanismus geschaffen. Mit dem Handelsregistereintrag gehen sämtliche inventarisierten Aktiva und Passiva auf den übernehmenden Rechtsträger über, ohne dass sich die Gläubiger des übertragenden Rechtsträgers vorher dazu äußern können. Im Sinne eines ersten Auffangnetzes sieht das Gesetz im Gegenzug dafür eine solidarische Haftung der an der Vermögensübertragung beteiligten Gesellschaften während der Dauer von 3 Jahren vor. Wenn ein Gläubiger glaubhaft machen kann, dass die Solidarhaftung seinen Interessen keinen ausreichenden Schutz bietet, steht ihm – quasi als 2. Auffangnetz – das Recht zu, die Sicherstellung seiner Forderung zu verlangen. Abgesehen von den klaren Fällen am oberen und unteren Ende der Skala, ist es für den Berater im Einzelfall schwierig, das Sicherstellungsrisiko zuverlässig vorauszusagen. Im Einklang mit der herrschenden Lehre wird daher in den meisten Fällen empfohlen, vorher zumindest die Zustimmung der wichtigsten Gläubiger einzuholen. Damit fällt aber ein weiterer, vom Gesetz ursprünglich gewollter Vorteil der Vermögensübertragung weg. Im Endeffekt hat deshalb die Vermögensübertragung in der Praxis nicht die erwartete Verbreitung erlangt, und die Anwendung des allg. Kaufrechts bei asset deals – trotz des modernen Fusionsgesetzes – gehört heute immer noch zum Alltag.
 
Insgesamt hängt der langfristige Erfolg einer Transaktion nicht nur von nackten Zahlen und harten Fakten, sondern auch von einer Reihe sog. soft factors ab. Aus dem Grund ist eine umfassende Begleitung durch einen erfahrenen und vernetzten Partner unerlässlich.

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Sebastian Repetz

Dipl. Wirtschaftsprüfer (Schweiz), Geschäftsführer Niederlassung Schweiz

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