Wärmepreisbremse: Versorgungsunternehmen im Dilemma zwischen Kostensteigerungen, Verbraucherschutz und Preisregulierung?

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veröffentlicht am 26. Januar 2023

 

Am 16.12.2022 ist das Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz (EWPBG) vom Bundesrat verabschiedet worden und zum 24.12.2022 in Kraft getreten. Mit dem EWPBG sollen Fernwärmekunden durch eine Beihilfe angesichts der Kostensteigerungen resultierend aus der Erdgaskrise entlastet werden. Anwendung findet das EWPBG in der Zeit vom 01.01. – 31.12.2023, mit einer möglichen Verlängerung bis zum 30.04.2024.

 

Das Gesetz wird zu wirksamen Energiekostenentlastungen bei Fernwärmeverbrauchern führen, jedoch muss das EWPBG von den Energieversorgern unter Einhaltung eines komplexen regulatorischen Rahmens innerhalb kürzester Zeit umgesetzt werden. Die Entlastung des Arbeitspreises sieht einen garantierten Höchstpreis in Höhe von 9,5 ct/kWh brutto für Fernwärme für eine Verbrauchsmenge von 80% des Jahresverbrauchs 2021 vor. Weiterhin wird die Abrechnung des nicht verbrauchsabhängigen Grundpreises auf dem Stand September 2022 eingefroren (Entlastung im Grundpreis). Fernwärmeversorger dürfen ihren Kunden nur die festgelegten Höchstpreise in Rechnung stellen. Der Differenzbetrag zum vereinbarten Arbeitspreis wird dem Versorger vom Staat auf seinen Antrag hin im Voraus erstattet.

 

Den Energieversorgern im Wärmebereich stellen sich bei der Umsetzung der Entlastung bei Ihren Kundinnen und Kunden zahlreiche operative und rechtliche Fragen. Sie sind einerseits dazu verpflichtet, monatlich angepasste Beträge mit ihren Kunden abzurechnen und die Kunden umfangreich über die angepassten Abschlagszahlungen oder Abrechnungsbeträge sowie die Entlastungsbeträge zu informieren. Andererseits müssen sie die finanziellen Mittel für die zu gewährenden Entlastungszahlungen wiederum durch Beantragung bei der Bundesrepublik Deutschland einfordern. Die Ermittlung der Beihilfehöhe und die Abwicklung des Erstattungsverfahrens sind mit hohem Aufwand und umfassenden Unsicherheiten behaftet.

Neben den operativen Aspekten greift das EWPBG unmittelbar in die Vertrags- und Preisgestaltung der Energieversorger und Stadtwerke ein.

 

Insbesondere das Grundpreisanpassungsverbot hemmt Fernwärmeversorger bei der Überarbeitung und Gestaltung ihrer Preissysteme. Während der Zeit des EWPBG dürfen Wärmeversorger im Grundsatz nur den Grundpreis abrechnen, der mit den Kunden für den Kalendermonat September 2022 vereinbart war. Bei Neukunden kommt der Preis zur Anwendung, der mit vergleichbaren Bestandskunden vereinbart war. Eine Anpassung des Grundpreises ist im Rahmen gewisser Ausnahmen dennoch möglich. Unter anderem, wenn diese vor dem 01.12.2022 angekündigt wurde, oder eine nach den Vorgaben der AVBFernwärmeV konzipierte Grundpreisgleitformel vorliegt. Aus dem Anpassungsverbot folgt, dass weder die Grundpreishöhe noch die Bestandteile der Grundpreisklausel angepasst werden dürfen, auch wenn die fixen Kosten stark steigen oder die Preisgleitformel nicht mehr kostenorientiert ist. Gerade Investitionen in klimaneutrale Wärmelösungen führen in der Praxis dazu, dass die fixen Kosten steigen. Für viele Versorger kommt die Regelung daher sehr ungelegen.

 

Defizite aus dem Grundpreisanpassungsverbot können unter Umständen anderweitig refinanziert werden. Dies erscheint bei aktueller Rechtslage nur durch eine Anpassung des Arbeitspreises realisierbar, um rechtliche Streitigkeiten zu vermeiden. Allerdings führt auch dies zu neuen Schwierigkeiten, da beispielsweise die Preisgleitformeln dann gegebenenfalls ungeeignet sind, die tatsächlichen fixen und variablen Kostenentwicklungen korrekt abzubilden.

 

Ergänzend sei erwähnt, dass mit dem §27 EWPBG eine Missbrauchsaufsicht eingeführt wurde, da das Höchstpreissystem des EWPBG einen Anreiz für Energieversorgungsunternehmen bietet, Preisgestaltungsspielräume auszunutzen. Die Missbrauchsaufsicht des EWPBG erweitert den Anwendungsbereich der kartellrechtlichen Preiskontrollgrundsätze auf nicht-monopolistische Fälle der Gaskrisenpreisanpassung. Eine missbräuchliche Ausnutzung und sachlich ungerechtfertigte Erhöhung der Arbeitspreise sind verboten und den Wärmeversorgern obliegt die Darlegungs- und Beweislast der Preiserhöhung. Das Bundeskartellamt hat ein Sanktionsinstrumentarium gegen Preiserhöhungen eingeführt, welches insbesondere hohe Bußgelder für Verstöße beinhaltet.

 

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