„Distribution Agreement” und „Commercial Agency Law” im Recht der VAE

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​veröffentlicht am 2. April 2020 | Lesedauer ca. 3 Minuten

  

Entscheidet sich ein Unternehmen dafür, geschäftlich in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) tätig zu werden, so kann es organisatorisch auf unterschiedlichste Weise erfolgen. Insbesondere für Neulinge in den VAE kann es sich dabei anbieten, über eine sog. „Commercial Agency” (Handelsvertretung) Fuß zu fassen. Der „Agent“ übernimmt dabei die Aufgabe eines Absatzhelfers vor Ort und erhält dafür im Gegenzug eine Kommission von seinem Principal. Jedenfalls auf den ersten Blick scheint das mit weit weniger Kapitaleinsatz, rechtlichen Hürden und Verpflichtungen verbunden als bspw. die Gründung einer neuen Gesellschaft vor Ort. 

 

Nur allzu häufig wird dabei jedoch übersehen, dass es auch im Recht der Commercial Agencies einige Tücken gibt, die schnell zu großen Problemen führen können. Im Folgenden wird daher ein kurzer Einblick in die rechtlichen Rahmenbedingungen hierzu gewährt.

 

 

Das Recht der Commercial Agencies und der sog. „Distribution Agreements” (Vertriebsvereinbarungen) in den VAE basieren im Wesentlichen auf dem Federal Law 18 von 1981 (im Folgenden bezeichnet als „Agency Law”). Nur am Rande sei erwähnt, dass für das Emirat Abu Dhabi eigene lokale Regelungen zu Commercial Agencies existieren (Abu Dhabi Law 11 von 1973). Die Ausführungen im Folgenden sollen sich der Einfachheit halber jedoch auf die allgemeinen Regelungen des Agency Law beschränken.

 

Von Gesetzes wegen müssen alle Commercial Agencies beim Ministry of Economy & Trade (Wirtschaftsministerium) der VAE registriert werden. Unterbleibt die Registrierung, wird – jedenfalls nach dem Gesetzeswortlaut – grundsätzlich jegliche rechtliche Anerkennung verwehrt. Insbesondere können nicht registrierte Commercial Agencies ihre Rechte auch nicht vor Gericht geltend machen.
 
Eine Registrierung ist jedoch nur möglich, wenn der Agent Staatsbürger der VAE ist oder die Gesellschaft vollständig in emiratischem Eigentum steht. Weiterhin muss die Vereinbarung sich auf ein bestimmtes, mehrere oder alle Emirate der VAE beziehen. Auch muss es sich jeweils um eine exklusive Vereinbarung handeln, wobei jedoch in unterschiedlichen Emiraten verschiedene Agents bestimmt werden können. Auch bezieht sich die Exklusivität nur auf die Produkte, die in dem Vertrag ausdrücklich genannt sind, sodass bspw. unterschiedliche Produkte einer einheitlichen Marke auch von verschiedenen Agents vertrieben werden können.

 

Ist die Registrierung erfolgt, unterfällt die Vereinbarung dem Agency Law. Das stellt den Schutz des Agent in den Vordergrund und zieht insbesondere die folgenden Rechtsfolgen nach sich:

  • Anspruch auf Kommission für alle Verkäufe der jeweiligen Produkte in den VAE (bzw. seinem Gebiet), unabhängig davon, ob er am Verkauf beteiligt war.
  • Schutz vor Kündigung und Beendigung durch Zeitablauf und zwar selbst in den Fällen, in denen der Vertrag eine feste Laufzeit aufweist.
  • Verhinderung des unfreiwilligen Austauschs gegen einen anderen Agent.
  • Anspruch des Agent auf Kompensationszahlung in bestimmten Fällen der Beendigung des Vertrages.
  • Importverbot hinsichtlich der vom Distribution Agreement umfassten Waren für jedermann, mit Ausnahme des Agent, soweit zum Wiederverkauf bestimmt.

 
Trotz der obigen Darstellungen trifft man in der Praxis auch weiterhin auf Commercial Agencies, die (ganz bewusst) nicht registriert sind. Zwar ist es rechtlich grundsätzlich denkbar, dass sie sodann dem allgemeinen Handelsrecht unterliegen und wirksam sind, ohne dass auf sie die strengen Regelungen des Agency Law Anwendung finden. In hohem Maße problematisch ist jedoch, dass das Agency Law nicht-registrierte Commercial Agencies gerade nicht von seinem Regelungsbereich ausnimmt, sondern vielmehr deren rechtliche Wirksamkeit ausdrücklich negiert. Das Betreiben einer nicht-registrierten Commercial Agency ist außerdem strafbewehrt und kann eine Geldstrafe von mindestens 5.000 Dirham nach sich ziehen. Eine einheitliche Rechtsprechung zum Thema der nicht-registrierten Agencies existiert bislang leider nicht, sodass hier ein hohes Maß an rechtlicher Unsicherheit in der Praxis herrscht.

 
Keinesfalls darf auch ohne Weiteres von einem kontinentaleuropäischen Rechtsverständnis auf die hiesige Rechtslage geschlossen werden. Als Beispiel hierfür sei nur angeführt, dass ein zeitlich befristetes Distribution Agreement, anders als es die Fristvereinbarung vermuten lassen würde, nicht mit Ablauf der vereinbarten Frist endet, sondern sich vielmehr auch nach Fristablauf fortsetzt und nur unter sehr eingeschränkten Bedingungen wieder aufgelöst werden kann.

 

Nach alldem sei abschließend darauf hingewiesen, dass es dringend anzuraten ist, vor dem Abschluss eines Distribution Agreements frühzeitig fachkundigen juristischen Rat einzuholen, um später böse Überraschungen, mit nicht selten auch weitreichenden finanziellen Folgen, zu vermeiden.

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