Verrechnungspreisdokumentation in Spanien

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zuletzt aktualisiert am 24. Oktober 2013

 

Rechtmäßigkeit der Erhebung spezifischer Sanktionen in Spanien und White Paper der OECD bezüglich Verrechnungspreisdokumentationen 

Im Juli dieses Jahres hat das Verfassungsgericht in Spanien das spezifische Sanktionssystem in Bezug auf die Anforderungen an die Verrechnungspreisdokumentation für rechtmäßig erklärt.   
 
Noch im selben Monat wurde von Seiten der OECD ein White Paper zu Verrechnungspreisen veröffentlicht, welches die bisherigen Anforderungen an die Verrechnungspreisdokumentation und deren Inhalt grundlegend verändern könnte, und somit auch die bei den spanischen Steuerbehörden einzureichenden Informationen betrifft.
 
Infolge dieser Entwicklungen ist es möglich, dass die spanischen Steuerbehörden künftig nicht nur vermehrt die Einreichung der vorgeschriebenen Verrechnungspreisdokumentation verlangen, sondern auch die Aufnahme weiterer spezifischer und strategischer Daten in derselben.
 

I. Rechtmäßigkeit der Erhebung spezifischer Sanktionen im Zusammenhang mit Verrechnungspreisen

Im Februar 2011 zweifelte der Oberste Gerichtshof in Spanien die Rechtmäßigkeit wesentlicher Aspekte der spanischen Verrechnungspreisvorschriften an. Im Fokus stand dabei die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der bestehenden Regelungen, die durch das spanische Verfassungsgericht geklärt werden sollte.  Der Oberste Gerichtshof war seinerseits Annahme, dass die im spanischen Körperschaftsteuergesetz (im Folgenden „LIS”) fehlende Abgrenzung der Anforderungen an die Verrechnungspreisdokumentation zur Nichtigkeit dieser Anforderungen und v. a. des entsprechenden spezifischen Sanktionssystems für Verrechnungspreise führen könnte.
 
An dieser Stelle sei angemerkt, dass die Anforderungen an die Verrechnungspreisdokumentation sowie die Beschreibung der entsprechenden Verhaltensweisen, welche zu einer Sanktion führen können, in der spanischen Körperschaftsteuerverordnung (im Folgenden „RIS”) definiert sind.
 
In seinem Urteil vom 11. Juli 2013 (Gerichtsurteil 145/2013, Staatsanzeiger Nr. 183 vom 1. August 2013.) hat das Verfassungsgericht nun die Rechtmäßigkeit der Artikel 16.2 und 16.10 des LIS in Hinblick auf mögliche Verstöße gegen den Grundsatz der gesetzlichen Rücklage (Art. 25.1 der Verfassung) sowie die Art der Verstöße und der entsprechenden Sanktionen geprüft.
 
Zusammenfassend und nach Angaben des Obersten Gerichtshofs könnte der Mangel an rechtlichen Kriterien zur Bestimmung der erforderlichen Dokumentationsanforderungen großen Spielraum für weitere regulatorische Eingriffe zulassen. Es ist bekannt, dass das Gesetz die wichtigsten Elemente der möglichen Verstöße enthalten muss.
 
In seinem Urteil stellt das Verfassungsgericht zunächst den gesetzlichen Rahmen der spanischen Verrechnungspreisregelung im Detail dar, insbesondere in Hinblick auf die Dokumentationspflicht und deren Inhalt. Dabei wird erwähnt, dass die Arbeiten der OECD sowie der EU (EU-Vorschriften zur Verrechnungspreisdokumentation) in diesem Bereich bedeutenden Einfluss gewonnen haben. Grund hierfür ist die Definition der Verrechnungspreisdokumentation als grundlegendes Instrument, welches den Steuerbehörden zur Verfügung gestellt werden muss, um feststellen zu können, ob die vereinbarte unternehmensinterne Vergütung dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht.
 
Ausgehend von diesen Vorschriften folgert das Gericht, dass die einzelnen Elemente der möglichen Verstöße in Hinblick auf die Gewährleistung der gesetzlichen Rücklagen im Gesetz ausreichend beschrieben sind. Desweiteren wurde die Vorschrift zur Festlegung des Inhalts der Dokumentation für rechtmäßig erklärt. Die Steuerzahler können die Konsequenzen ihres Verhaltens im Falle der Nichterfüllung der Dokumentationspflicht[1] absehen. 
  

II. White Paper der OECD bezüglich der Verrechnungspreisdokumentation

Das am 30. Juli 2013 veröffentlichte White Paper der OECD hinsichtlich der Verrechnungspreisdokumentation beinhaltet zunächst eine Einführung in das Thema (A.). Es folgt eine Zusammenfassung zum Zweck der Anforderungen an die Verrechnungspreisdokumentation (B.). Abschließend wird ein stufenweiser Ansatz zur Verrechnungspreisdokumentation (C.) und die Entwicklung eines koordinierten Ansatzes zur Dokumentationserstellung (D.)[2] vorgeschlagen.
 

A. Einführung

Unserer  Ansicht nach könnte dieses White Paper als erstes konkretes Ergebnis des OECD-Programms zur Vereinfachung der Verrechnungspreise betrachtet werden, insbesondere aufgrund einiger der Ziele, die im „Action Plan on Base Erosion and Profit Shifting (BEPS Action Plan)” vom Juli 2013 enthalten sind.
 
Dieser Aktionsplan sieht vor, dass die OECD „eine Regelung bezüglich der Verrechnungspreisdokumentation ausarbeiten wird […]”. Diese Regelung wird folgende Bedingung beinhalten: „multinational enterprises (MNEs) provide all relevant governments with needed information on their global allocation of the income, economic activity and taxes paid among countries, according to a common template”.
 
Die derzeit in diesem Bereich bestehenden Bedenken auf internationaler Ebene sind  in erster Linie auf folgende Faktoren zurückzuführen: die weltweite Zunahme von lokalen und nicht-einheitlichen Anforderungen, die Erhöhung des Umfangs und der Komplexität der internationalen unternehmensinternen Transaktionen sowie die verstärkte Kontrolle durch die Steuerbehörden[3].
 
Dementsprechend schlägt die OECD Änderungen in den Vorschriften bezüglich der Dokumentationsanforderungen vor, um diese einfacher zur gestalten und um den Steuerbehörden mehr nützliche Informationen für die Betriebsprüfung bereitzustellen[4].
 

B. Zweck der Anforderungen an die Verrechnungspreisdokumentation

Vor Empfehlung einer Vereinfachung und Verbesserung der Vorschriften zur Verrechnungspreisdokumentation, ist es zunächst notwendig, deren Zweck zu verstehen:
  • Informationsfunktion: Die Verrechnungspreisdokumentation sorgt dafür, dass  Informationen für die staatlichen Behörden bereitgestellt werden, damit diese eine Risikobewertung noch vor Beginn der Steuerprüfung vornehmen können.
  • Garantiefunktion: Die Steuerzahler müssen bei Festlegung ihrer Preise die bestehenden Anforderungen an die Verrechnungspreise berücksichtigt haben.
  • Überprüfungsfunktion: Durch das Bereitstellen aller notwendigen Informationen gegenüber den öffentlichen Behörden kann eine detaillierte Prüfung der Verrechnungspreismethoden durchgeführt werden.
 
Die Dokumentationsanforderungen sollten in Anlehnung an diese Zwecke ausgearbeitet werden.
 

C. Stufenweiser Ansatz zur Dokumentation von Verrechnungspreisen

Als erster Schritt und speziell während der Phase der Risikoanalyse sollte diese Regelung  darauf abzielen, Informationen zu spezifischen Risikofaktoren einzuholen. Dazu zählen die folgenden Beispiele:
  • Wichtige Transaktionen mit verbundenen Parteien in Niedrigsteuerländern
  • Übertragung von immateriellen Vermögensgegenständen
  • Geschäfts-Restrukturierungen
  • Existenz spezieller zusammenhängender Zahlungen (Zinsen, Versicherungsprämien und Lizenzen)
  • Konsekutive Verluste
  • Mangelhafte oder nicht vorhandene Dokumentation
  • Überhöhte Schulden
     
Nach Ansicht der OECD streben die öffentlichen Behörden ein sogenanntes „big picture” des Verrechnungspreissystems der MNE (Unternehmensgruppe) während der Phase der Risikoanalyse an. Dieses „big picture” kann in einem globalen Masterfile – erstellt auf MNE-Basis – enthalten sein und auf Wunsch lokal zur Verfügung gestellt werden. Nichtsdestotrotz würde sich dieses globale Masterfile nicht auf bestimmte inländische Analysen beziehen.
 
In diesem Fall könnte das Local-File darauf abzielen, die länderübergreifenden Transaktionen zu identifizieren und zu analysieren.
 

​D. Koordinierter Ansatz zur Dokumentation von Verrechnungspreisen

Das Masterfile sollte das Gesamtbild der weltweiten Geschäfte, die Schuldenstruktur und Steuersituation der MNE abbilden, um Verrechnungspreisrisiken zu identifizieren. Der Inhalt des vorgeschlagenen globalen Masterfiles wird unter Nennung von Referenzen zu deren innovativsten Aspekten wie folgt zusammengefasst:
  1. Informationen zur MNE:
  2. Rechtliches und organisatorisches Organigramm mit den Standorten der wichtigsten Betriebsstätten, den Standorten des Managementpersonals in Schlüsselpositionen etc.
      
  3. Beschreibung der MNE-Geschäfte:
    Wichtige Einflussfaktoren auf den Geschäftsgewinn, Beschaffungskette, funktionelle Analyse, Beschreibung der Geschäfts-Restrukturierung, Internet-Links zu repräsentativen Industrieanalysen etc.
     
  4. Informationen zu den immateriellen Vermögenswerten der MNE:
    Beschreibung der Strategie für die Entwicklung und Inhaberschaft der immateriellen Vermögenswerte etc.
     
  5. Informationen zu den unternehmensinternen finanziellen Tätigkeiten der MNE:
    Beschreibung der wesentlichen konzerninternen Darlehen und anderen, das Grundkapital betreffenden, finanziellen Vereinbarungen etc.
     
  6. Informationen zum finanziellen und steuerlichen Status der MNE:
    Schematische Darstellung eines jeden Landes, in dem die MNE tätig ist (mit Angabe der Gesamtanzahl der Angestellten in den jeweiligen Ländern), Ablichtung der konsolidierten Gewinn- und Verlustrechnung für das vergangene Jahr etc.
Das Local-File sollte das Masterfile umfassend ergänzen und festlegen, ob der Steuerzahler den Fremdvergleichsgrundsatz bei seinen verbundenen Transaktionen erfüllt hat: 
  1. Nationale Gesellschaft:
    Beschreibung der Managementstruktur, Standortbeschreibung sowie Nennung der leitenden Angestellten
     
  2. Kontrollierte Transaktionen:
    Beschreibung der kontrollierten Transaktionen sowie der in Rechnung gestellten Beträge, Identifizierung der an der Transaktion beteiligten bzw. verbundenen Parteien, detaillierte Funktionsanalyse, angewandte Verrechnungspreismethode etc.
      
  3. Finanzielle Informationen:
    Finanzielle Daten, die zur Anwendung der Verrechnungspreismethode genutzt werden etc.
„The OECD believes that this proposal for the content of documentation offers a balanced trade-off between greater transparency requested from MNE and more streamlined country Transfer Pricing Documentation requirements”.
 

III. Schlussfolgerungen und Anmerkungen

Im Juli hat das spanische Verfassungsgericht die spezifischen Sanktionsmaßnahmen im Bereich der Verrechnungspreise und in diesem Zusammenhang die Dokumentationsanforderungen für rechtmäßig erklärt.
 
Die OECD hat ein White Paper hinsichtlich der Verrechnungspreisdokumentation veröffentlicht, dessen Ziel es ist, den Steuerbehörden mehr nützliche Informationen für die Betriebsprüfung bereitzustellen, jedoch gleichzeitig auch die administrative Belastung für die Steuerzahler zu reduzieren.
 
Die von der OECD unterbreiteten Vorschläge lehnen sich an frühere Arbeiten an, im Speziellen an den BEPS Aktionsplan. Obwohl dies nicht ausdrücklich genannt wird und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass das White Paper nicht bindend ist, folgt daraus, dass die empfohlene Dokumentationsregelung auch darauf abzielt, die Gesellschaftsstruktur der MNEs sowie die Inhalte der vorgenommenen unternehmensinternen, verbundenen Transaktionen verständlicher darzustellen. Auf diese Weise sollen mögliche Gewinnverschiebungen in Niedrigsteuerländer oder eine Reduzierung der zu versteuernden Einkommen vermieden werden.
 
Als Folge dieser Entwicklungen ist es möglich, dass die Steuerbehörden nicht nur die Nachfrage nach der obligatorischen Verrechnungspreisdokumentation erhöhen, sondern auch die Aufnahme weiterer spezifischer und strategischer Daten erwarten.
 
Dementsprechend empfiehlt Rödl & Partner ein aktives Vorgehen von Seiten der MNEs zur Erfüllung der lokalen Anforderungen an die Verrechnungspreisdokumentation in Spanien, um das Risiko von Sanktionen zu reduzieren. Darüber hinaus ist es ratsam, die neuesten Entwicklungen im Zusammenhang mit dem White Paper intern zu berücksichtigen, da diese in einer steuerlichen Betriebsprüfung von Bedeutung sein könnten.
 
Zum Abschluss möchten wir Sie gerne informieren, dass das Verrechnungspreisteam von Rödl & Partner eigene Kommentare zum White Paper der OECD vorgelegt hat. 

 

[1] Das Verfassungsgericht entscheidet jedoch nicht über die Verhältnismäßigkeit zwischen den Verstößen und den entsprechenden Sanktionen. Diese Frage muss durch ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit entschieden werden. 
 

[2] Das White Paper enthält auch einen Überblick über die bestehenden Leitlinien und Initiativen zur Dokumentation von Verrechnungspreisen sowie die Bewertung einiger lokaler Dokumentationsanforderungen.
 

[3] Nach Ansicht der OECD sind die aktuelle Initiative zur Vereinfachung der Dokumentationsanforderungen sowie der Versuch diese für die Steuerbehörden hilfreicher zu gestalten nicht erfolgreich. 
 

[4] Die „interessierten Parteien” sind aufgefordert worden, Kommentare und Vorschläge zu diesem White Paper bis zum 1. Oktober 2013 einzubringen.

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