Patentrechte für zweiten medizinischen Gebrauch in den Vereinigten Arabischen Emiraten?

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Von Derya Bandak, Rödl & Partner Nürnberg
 
Ist es grundsätzlich möglich, Patentrechte für den zweiten medizinischen Gebrauch mit bereits inhaltlich bekannten Wirkstoffen oder Zusammensetzungen zu erhalten? Der Schutz eines solchen Patents für einen zweiten oder auch weiteren medizinischen Gebrauch bezieht sich typischerweise auf die Nutzung bekannter Substanzen oder chemischer Zusammensetzungen für insbesondere therapeutische Behandlungen, welche entweder vollkommen neuartig sind oder sich im Gebrauch von der ursprünglichen Nutzung der in Frage stehenden Substanz erheblich unterscheiden.
 
Einige Mitgliedstaaten des Golf-Kooperationsrates (GCC), wie beispielsweise die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien, sind der Auffassung, dass eine Patentanmeldung in diesem Zusammenhang nicht möglich sein dürfe, da es hier an dem Kriterium der Neuartigkeit mangele und zudem der Schutzbereich des einschlägigen Gesetzes nicht eröffnet sei.
 
Patente sind in Kapitel 2 des Bundesgesetzes aus dem Jahr 2002 bezüglich der Regulierung und dem Schutz gewerblicher Patente, Muster und Zeichen (Federal Law No. 17) geregelt und gewähren gemäß Artikel 4 Schutz für jede neue, gewerblich verwertbare Erfindung, die auf einer wissenschaftlichen Grundlage beruht. Eine Erfindung sollte also demnach nicht aus dem Schutzbereich des Gesetzes ausgenommen werden, wenn diese Methoden zur Behandlung von Menschen und Tieren mit Hilfe von Diagnostik, Therapie und operativen Eingriffen geeignet sind.
 
Die große Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts prüfte in diesem Zusammenhang im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens, ob der zweite und weitere medizinische Gebrauch tatsächlich dem Schutz des Patentgesetzes unterfällt und kam zu dem Ergebnis, dass der Anwendungsbereich der jeweils einschlägigen Regelungen als sogenannte inter-aliamethode” nicht eröffnet sei.
 
Allerdings war die Kammer der weiteren Auffassung, dass die Praktiken des Eidgenössischen Institutes für Geistiges Eigentum in Bern – bezogen auf bestimmte Ansprüche –  dennoch mit Hilfe der Konstruktion der Swiss-type claims geltend gemacht werden können. Hiernach werden für solche Fälle entsprechende Ansprüche zuerkannt, wenn die jeweilige Substanz oder chemische Zusammensetzung für die Herstellung eines Medikaments zum Einsatz im Rahmen einer neuartigen therapeutischen Behandlung angedacht ist. Im Vordergrund dieser Konstruktion steht somit nicht der Schutz des zweiten medizinischen Gebrauchs an sich, sondern es wird lediglich die Möglichkeit der Geltendmachung etwaiger Ansprüche hieraus bejaht.
 
In den Patentämtern sowohl der Vereinigten Arabischen Emirate als auch Saudi Arabiens und im GCC-Patentamt wurde die obig genannte Entscheidung noch nicht im Rahmen der lokalen Gesetzgebung umgesetzt. Aufgrund diverser Veröffentlichungen im Patentanzeiger ist davon auszugehen, dass Ansprüche aus dem zweiten und weiteren medizinischen Gebrauch nach wie vor nicht anerkannt werden. In diesem Zusammenhang wird argumentiert, dass der zweite medizinische Gebrauch zum einen weder etwas „Neues” impliziert oder es wird angeführt, dass er als reine Methodik für die Behandlung anzusehen ist, was nicht dem Schutzbereich des Artikels 6 des Patentgesetzes der Vereinigten Arabischen Emirate von 2006 (UAE Patent Law no. 31) unterfällt. Darüber hinaus hat man die Befürchtung, dass die Ausbreitung der Patentrechte für den ersten medizinischen Gebrauch hierdurch konterkariert werden könnte.
 
Im Ergebnis kann festgehalten werden, dass die Patentämter sowohl der Vereinigten Arabischen Emirate als auch Saudi Arabiens und das GCC-Patentamt sich nicht nach den obigen Vorgaben richten werden, obwohl die Swiss-type claims zugelassen sind.

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