OLG Brandenburg: Wann macht ein Kalkulationsirrtum die Auftragsausführung unzumutbar?

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veröffentlicht am 13. Oktober 2016

 

Beharrt der Auftraggeber auf Durchführung eines Vertrages, obwohl er im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits weiß, dass das Angebot des Auftragnehmers auf einem Kalkulationsirrtum beruht, kann sich der Auftraggeber treuwidrig verhalten. Ein Anspruch auf Schadensersatz gegen den Auftragnehmer wegen Nichtdurchführung des Vertrags steht ihm dann nicht zu. Das OLG Brandenburg hat sich in seiner Entscheidung vom 17.3.2016 (Az.: 12 U 76/15) ausführlich damit beschäftigt, wann die Vertragsdurchführung dem Auftragnehmer wegen eines Kalkulationsirrtums nicht mehr zugemutet werden kann.

 

Wichtige Hinweise für die Praxis

Der Auftraggeber darf immer dann nicht mehr auf Durchführung des Vertrages bestehen, wenn der Kalkulationsirrtum massiv ist:

 

  • Ein massiver Irrtum liegt nahe, wenn der Endpreis des Angebots von den Endpreisen anderer Anbieter für dieselbe Leistung erheblich (nach unten) abweicht. Hierbei ist zum einen das Verhältnis zwischen erst- und zweitgünstigstem Angebot, zum anderen auch dasjenige zu den weiteren, teureren Angeboten zu überprüfen. Eine isolierte Betrachtung einzelner Preispositionen darf gleichfalls mit in die Bewertung einfließen.

 

  • Für einen massiven Irrtum spricht ferner eine erhebliche Unterschreitung des für das Gewerk vom Auftraggeber angesetzten Budgets.

 

  • Kommt ein mit der Prüfung der Angebote beauftragtes Architekturbüro zu dem Ergebnis, dass die Preise nicht auskömmlich sind, ist dies ein weiteres Indiz für die Unzumutbarkeit. Gleiches gilt für eine ernsthafte und endgültige Verweigerung des Auftragnehmers, den Auftrag durchzuführen.

 

  • Nicht erforderlich ist, dass dem Auftragnehmer bei Durchführung des Vertrages in absehbarer Zeit die Insolvenz oder ein vergleichbarer schwerwiegender wirtschaftlicher Eingriff droht.

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Dr. Julia Müller

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Vergaberecht

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