Zweckbetrieb und steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb – Eine Abgrenzung

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​veröffentlicht am 14. März 2022

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Mit Blick auf das Steuerrecht haben gemeinnützige Organisationen ihre einzelnen Tätigkeitsbereiche den folgenden 4 Sphären zuzuordnen:

 

1. ideeller Bereich
2. Vermögensverwaltung
3. steuerbegünstigter Zweckbetrieb
4. steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb

 

 
Nicht immer ist diese von Gesetzes wegen vorgeschriebene Unterteilung in der Praxis eindeutig und ohne Probleme möglich. Insbesondere die Differenzierung zwischen dem steuerbegünstigten Zweckbetrieb und einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb stellt die betroffenen Einrichtungen oft vor größere Herausforderungen.

 

Beide Sphären sind dadurch gekennzeichnet, dass die Einrichtung im Rahmen dieser Geschäftsfelder eine wirtschaftliche Tätigkeit verfolgt. Das Gesetz spricht hier von einer selbstständigen, nachhaltigen Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist ausdrücklich nicht erforderlich.

 

Eine Zuordnung einzelner Tätigkeitsbereiche zu diesen beiden Sphären ist aus steuerrechtlicher Sicht jedoch elementar wichtig, denn diese

  • entscheidet hinsichtlich der Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuerpflicht für einzelne Tätigkeiten,
  • bildet, wenn die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind, die Grundlage zur Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Zweckbetriebstätigkeiten und
  • hat eine Indizwirkung mit Blick auf die gesetzlich normierten Vorgaben über die ordnungsgemäße Verwendung der Mittel der Einrichtung (Mittelverwendungsrechnung).

 

Der steuerbegünstigte Zweckbetrieb – als Abgrenzung zum steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb

Allgemeines zum Zweckbetrieb

 

Ausgehend von der Tatsache, dass sowohl dem steuerbegünstigten Zweckbetrieb, als auch einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb eine wirtschaftliche Betätigung der Einrichtung zugrunde liegt, stellt sich die Frage nach der Unterscheidung.

 

Die gesetzlichen Normierungen zur Definition des Zweckbetriebs finden sich in den §§ 65 bis 68 der Abgabenordnung. Spezielle gesetzliche Zweckbetriebe sind in den §§ 66 bis 68 AO verankert, darüber hinaus erfasst der Auffangtatbestand des § 65 AO all diejenigen Zweckbetriebe, die keine spezielle Regelung im Gesetz erfahren haben.

 

Erfüllt eine Einrichtung die Merkmale für einen der in § 68 AO genannten speziellen Zweckbetriebe, so müssen die Voraussetzungen für den „allgemeinen Zweckbetrieb“ nicht vollumfänglich erfüllt sein. Dies ist beispielsweise von Bedeutung, wenn es darum geht, ob eine Einrichtung im Wettbewerb zu nicht steuerbegünstigten Anbietern steht.

 

Der „allgemeine“ steuerbegünstigte Zweckbetrieb i. S. d. § 65 AO ist im Wesentlichen dadurch gekennzeichnet, dass eine gemeinnützige Organisation ausschließlich mit dessen Unterhalt die steuerbegünstigten Satzungszwecke verwirklichen kann.

Hierbei gilt es zu beachten, dass der Zweckbetrieb in seiner „Gesamtausrichtung“ dazu dienen muss, die satzungsmäßigen Zwecke zu verwirklichen. Zudem darf der Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlichen Art nicht in größerem Umfang als unvermeidbar in Wettbewerb treten.

 

Spezielle Zweckbetriebe im Überblick

 

Folgende spezielle Zweckbetriebe definiert das Gesetz:

 

Einrichtungen der Wohlfahrtspflege1

Sofern die Leistungen einer Einrichtung der Wohlfahrtspflege in besonderem Maße (mindestens 2/3 müssen hilfsbedürftigen Personen zugute kommen) dem in § 53 AO genannten Personenkreis dienen, ist die gesamte Einrichtung ein steuerbegünstigter Zweckbetrieb. Wohlfahrtspflege ist die planmäßige, zum Wohl der Allgemeinheit und nicht des Erwerbs wegen ausgeübte Sorge für notleidende oder gefährdete Mitmenschen.

 

Beispiele: Krankentransporte, Rettungsdienst etc.

 

Krankenhäuser2

Krankenhäuser im Sinne der Vorschriften der Abgabenordnung sind Einrichtungen, in denen durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten, Leiden oder Körperschäden festgestellt, geheilt oder gelindert werden sollen oder Geburtshilfe geleistet wird und in denen die zu versorgenden Personen untergebracht und verpflegt werden können.

 

Einrichtungen, die lediglich eine ambulante Behandlung anbieten, können daher keine steuerbegünstigten Zweckbetriebe i. S. eines Krankenhauses sein.

 

Sportliche Veranstaltungen3

Sportliche Veranstaltungen eines Sportvereins sind ein Zweckbetrieb, wenn die Einnahmen insgesamt 45.000 Euro im Jahr nicht übersteigen. Eine sportliche Veranstaltung ist eine organisatorische Maßnahme eines Sportvereins, die es aktiven Sportlern, die nicht Mitglieder des Vereins sein müssen, erlaubt, Sport zu treiben. Die gesetzlichen Anforderungen sind hierbei nicht besonders hoch. So genügt es bereits, wenn ein gemeinsamer zeitlicher und örtlicher Rahmen mit mindestens 2 aktiven Sportlern vorliegt.

 

Beispiele: Sportkurse, Lehrgänge, Training etc.

 

Negativ-Beispiele (keine sportliche Veranstaltung): Verkauf von Speisen und Getränken, Werbeleistungen, reine Nutzungsüberlassung von Sportanlagen etc.

 

Sonstige spezielle Zweckbetriebe4

  • Altenheime, Altenwohnheime, Pflegeheime
  • Kindergärten, Kinderheime, Studentenheime, Jugendherbergen
  • Werkstätten für behinderte Menschen
  • Inklusionsbetriebe
  • Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen
  • Einrichtungen zur Fürsorge für blinde oder körperbehinderte Menschen
  • Heimerziehung und sonstige betreute Wohnformen

 

Der steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetrieb – als Abgrenzung zum steuerbegünstigten Zweckbetrieb

Kann die wirtschaftliche Betätigung keinem steuerbegünstigten Zweckbetrieb zugordnet werden, handelt es sich hierbei um einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb.

 

Ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb5  setzt voraus:

 

  • eine selbstständige Tätigkeit, also eine vom steuerbegünstigten Wirkungsbereich der gemeinnützigen Organisation wirtschaftlich abgrenzbare Tätigkeit
  • eine nachhaltige Tätigkeit, d. h. eine auf Wiederholung angelegte Tätigkeit
  • die Erzielung von Einnahmen oder anderer Vorteile, die Absicht, Gewinn zu erzielen ist nicht erforderlich
  • die Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr, d. h. die Ausrichtung auf einen Leistungs-/Güteraustausch (die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ist keine Voraussetzung, ein Leistungsaustausch am inneren Markt, z. B. gegenüber Mitgliedern, genügt)
  • es handelt sich weder um eine vermögensverwaltende Tätigkeit noch um einen Zweckbetrieb

 

Mehrere einzelne steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe bilden den einheitlichen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Dies hat vor allem Bedeutung für den gemeinnützigkeitsunschädlichen Verlustausgleich. So können Verluste einzelner steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe mit Gewinnen anderer ausgeglichen werden. Wichtig ist aber, dass der einheitliche steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in Summe nicht defizitär werden darf.

 

Der steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetrieb darf in keinem Fall zum Selbstzweck der gemeinnützigen Organisation erstarken. Andernfalls droht der Organisation wegen des Verstoßes gegen das Ausschließlichkeitsgebot insgesamt der Verlust der Gemeinnützigkeit.

 

Gefahren für die Gemeinnützigkeit – Folgen einer fehlerhaften Einordnung als steuerbegünstigter Zweckbetrieb

Die Folgen einer fehlerhaften Einordnung der Tätigkeiten einer gemeinnützigen Organisation sind im Vorfeld nur schwer abzuschätzen. Es kommen jedoch infrage:

  • Steuernachzahlungen
  • Steuerstrafverfahren
  • Klage von Konkurrenten wegen Wettbewerbsbeeinträchtigung durch Steuervorteile
  • Verstoß gegen das Ausschließlichkeitsgebot

 

Typische Problemfelder

Typische Probleme ergeben sich insbesondere bei der steuerlichen Behandlung im Rahmen der folgenden Tätigkeitsfelder:

 

  • Speisenversorgung von Dritten
  • Lieferung von Medikamenten durch eine Krankenhaus-Apotheke
  • Betrieb von Blockheizkraftwerken
  • Personal- und Sachmittelgestellung an andere Einrichtungen
  • Kooperationen zwischen steuerbegünstigten Einrichtungen

 

Fazit

In der Praxis gestaltet sich die Qualifizierung der Tätigkeiten einer gemeinnützigen Organisation oft mehr als schwierig.

 

 

Praxisbeispiel 

 

Die Zuordnung hat jedoch unmittelbare Auswirkung auf die im Wege der Steuerveranlagung abzuführenden Steuerbeträge und zumindest mittelbare Auswirkung auf den Verlauf einer künftigen Betriebsprüfung.  

 

 

_________________________________________________
1 § 66 AO.
2 § 67 AO.
3 § 67a AO.
4 § 68 AO.
5 § 14 AO.

 

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