Energiesparen – Neue Energieeinsparverordnungen des Bundes einfach erklärt

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​veröffentlicht am 2. November 2022





Vor dem Hintergrund steigender Gas- und Strompreise hat die Bundesregierung reagiert und Ende August dieses Jahres zwei Verordnungen beschlossen. Bereits seit dem 1.9.2022 gilt die Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung durch kurzfristig wirksame Maßnahmen („Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung - EnSikuMaV”). Ferner ist zum 1.10.2022 die Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen („Mittelfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung – EnSimiMaV”) in Kraft getreten. Beide Verordnungen haben nicht nur jeweils lange und komplizierte amtliche Kurzbezeichnungen, sondern umfassen die aktuellen Maßnahmen, die nach der Bundesregierung geeignet sind und für jedermann ermöglichen, Energie zu sparen.

Wen betreffen die neuen Bestimmungen und welche Vorgaben beinhalten sie im Hinblick auf den Gebäudebetrieb? Wir klären Sie auf!


EnSikuMaV-Verordnung zu kurzfristig wirksamen Maßnahmen

Die kurzfristig umzusetzenden Energiesparmaßnahmen betreffen private Unternehmen nur zum Teil und beziehen sich vor allem auf öffentliche Nichtwohngebäude, daneben auch Energieversorger, Eigentümer von Wohngebäuden und den Einzelhandel. Die Regelungen gelten bereits seit 1.9.2022 und treten mit Ablauf des 28.2.2023 wieder außer Kraft. Der Auslöser und die Begründung für die Verordnung liegen auf der Hand: Die aktuelle Energiekrise, deren Ausmaß und Dauer derzeit noch immer nicht absehbar sind. Ziele der Verordnung sind folglich Energieeinsparungen und Energiekosteneinsparungen. Außerdem soll die Abhängigkeit Deutschlands von Gaslieferungen anderer Länder reduziert werden, was eine Zusammenarbeit mit allen Beteiligten, also Politik, Unternehmen und Verbrauchern, erforderlich macht.

Dabei betrifft die Mehrzahl der Maßnahmen aus der Verordnung die Energieeinsparung in öffentlichen Nichtwohngebäuden, in erster Linie also gerichtet an die öffentliche Hand und öffentliche Gebietskörperschaften, die damit einer Vorbildfunktion nachkommen und anderen Orientierung hinsichtlich umsetzbarer Einsparmaßnahmen geben sollen. Verbindlich sind Maßnahmen wie das Nichtbeheizen von Fluren, großen Hallen, Foyers oder Technikräumen (außer, besondere Gründe sprechen dagegen), die Absenkung der Lufttemperaturhöchstgrenzen in Abhängigkeit des Grades der körperlichen Anstrengung sowie das Ausschalten von dezentralen Trinkwassererwärmungsanlagen ausschließlich für öffentliche Nichtwohngebäude. Beleuchten wollen wir nachfolgend allerdings, welche Konsequenzen sich aus der Verordnung für Mietverhältnisse und Wohnungsgemeinschaften sowie Geschäftsräume und Arbeitsstätten ergeben. 

Anforderungen in Mietverhältnissen und Wohnungsgemeinschaften? 

Mieter dürfen freiwillig die Temperatur absenken!

Gemäß der derzeitigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) und gängigen Klauseln in Mietverträgen wird die Mindesttemperatur in einer Wohnung meist bei 20 bis 22 Grad Celsius (nachts oft bei 18 Grad Celsius) festgelegt. 

Für den privaten Bereich sieht die Verordnung unter anderem vor, dass Klauseln in Wohnraummietverträgen, die Mieter zum Heizen auf eine bestimmte Mindesttemperatur verpflichten, vorübergehend, d.h. solange die Verordnung gilt, unwirksam sind. In der Verordnungsbegründung wird dennoch klargestellt, dass das bei einer Temperaturabsenkung erhöhte Risiko von Schimmelbildung dennoch durch ein sorgfältiges und verstärktes Lüftungsverhalten durch den Mieter  ausgeglichen werden soll. Auch sollen Mieter darauf achten, dass sie bestimmte Mindesttemperaturen durch ihr restriktives Heizverhalten nicht unterschreiten. Konkrete Vorschläge zum Heizverhalten werden in der Verordnung aber nicht gemacht. 

Dagegen muss der Vermieter die Mietsache weiterhin in gebrauchsfähigem Zustand erhalten und Substanzschäden durch eine Ertüchtigung der Gebäudehülle vorbeugen. Bei Auftreten von Schimmel- und Frostschäden während einer Temperaturabsenkung durch den Mieter müssen im Streitfall also die Verursachungsbeiträge der Vertragsparteien unverändert geprüft und abgewogen werden. Wie das konkret funktionieren soll, lässt der Verordnungsgeber ebenfalls offen.

Nach Ablauf der Geltungsdauer der Verordnung leben die Vereinbarungen über das einzuhaltende Temperaturniveau wieder auf, d. h. eine konkrete Vereinbarung zwischen Vermieter und Mieter oder gar eine Anpassung des Mietvertrags sind daher nicht erforderlich. Sind von den Maßnahmen Gewerberaummietverhältnisse betroffen, so ist es aber zumindest bei befristeten Laufzeiten ratsam, einen schriftformwahrenden Nachtrag zum bestehenden Mietvertrag abzuschließen.

Besondere Informationspflichten für Energieversorger und Gebäudeeigentümer

Bis zum 30.9.2022 mussten alle Gas- und Wärmelieferanten gemäß der EnSikuMaV ihre Kunden, wie Gebäudeeigentümer, Wohnungseigentümer und Mieter, sofern diese einen direkten Vertrag mit dem Versorger abgeschlossen haben, über folgende individualisierte Angaben informieren:

  • Energieverbrauch und Energiekosten des Gebäudes oder der Wohnung in der letzten Abrechnungsperiode,
  • voraussichtliche Energiekosten des Gebäudes oder der Wohnung für die aktuelle Abrechnungsperiode auf Basis des örtlich geltenden Grundversorgungstarifs für Erdgas für den Energieverbrauch der vorhergehenden Abrechnungsperiode,
  • rechnerisches Einsparpotenzial in Kilowattstunden und Euro bei Reduktion der durchschnittlichen Raumtemperatur um ein Grad Celsius.

Konnte der Gasversorger oder Wärmelieferant die Frist zur Information bis Ende September nicht einhalten, so hat er zunächst allgemeine Informationen auf der Grundlage typischer Verbräuche verschiedener Gebäude- und Haushaltsgrößen mitzuteilen. Die individualisierten gebäude- oder wohnungsspezifischen Informationen müssen die Lieferanten aber zwingend bis zum 31.12.2022 nachträglich liefern.

Die Eigentümer von Gebäuden mit mehr als zehn Wohnungen mussten ihren Mietern oder Wohnungseigentümern die Informationen der Gas- und Wärmelieferanten grundsätzlich bis zum 31.10.2022 übermitteln, sofern das Gebäude leitungsgebunden mit Gas oder Wärme versorgt wird.

Darüber hinaus müssen die Eigentümer diese Informationen auf die einzelnen Wohnungen auf der Grundlage des letzten Verbrauchs in der vorhergehenden Abrechnungsperiode herunterrechnen, sowie Kontaktinformationen und Internetadressen von Verbraucherschutzorganisationen, Energieagenturen und Einrichtungen zur Verfügung stellen, bei denen Informationen über Maßnahmen zu Energieeffizienzverbesserungen, Endnutzervergleichsprofile und objektive Spezifikationen für energiebetriebene Geräte eingeholt werden können. Bei Gebäuden mit weniger als zehn Wohnungen war es ausreichend, dass der Gebäudeeigentümer seinen Nutzern und Mietern die Informationen des Versorgers unverzüglich weiterleitet. 

Ungeklärt bleibt allerdings, welche Rechte der Mieter gegenüber seinem Vermieter geltend machen kann, sofern dieser seiner einfachen bzw. besonderen  Informationspflicht nicht nachkommt bzw. nachgekommen ist.

Verbot der Beheizung privater Schwimmbäder 

Die EnSikuMaV untersagt ferner, dass private Schwimm- und Badebecken inkl. Whirlpools und Aufstellbecken, ob drinnen oder draußen, grundsätzlich mit Gas und Strom geheizt werden dürfen. Von dem Verbot nicht erfasst sind gewerblich genutzte Becken wie in Schwimmbädern oder Hotels. 

Anforderungen für Geschäftsräume, Werbeflächen und Arbeitsstätten 

Nicht nur Privathaushalte sind von den neuen Energiesparmaßnahmen betroffen. Daneben ist in Geschäftsräumen des Einzelhandels das dauerhafte Offenhalten von Ladentüren und Eingangssystemen untersagt, wenn die Räumlichkeiten beheizt sind und das Offenhalten nicht für die Funktion des Ein- oder Ausgangs als Fluchtweg erforderlich ist. Auch bei Nutzung von Werbeanlagen gibt es Einschränkungen:  Werbebeleuchtung, die nicht der Verkehrssicherheit oder zur Abwehr anderer Gefahren dient, muss zwischen 22 und 6 Uhr ausgeschaltet werden. Gleiches gilt für die reine Show-Beleuchtung von Denkmälern und Gebäuden. Ausnahmsweise dürfen Werbeanlagen beleuchtet werden, die während der Öffnungszeiten auf Gewerbe und Beruf am selben Ort hinweisen. Ein Beispiel hierfür sind beleuchtete Namenszüge eines Ladens, etwa über dem Eingang. Diese dürfen während der Öffnungszeiten, also ggf. auch nach 22 Uhr, weiter beleuchtet werden. Das Gleiche gilt während Sport- und Kulturveranstaltungen. 

Für Arbeitsräume in Arbeitsstätten wird in § 12 der Verordnung auf die für Arbeitsstätten in öffentlichen Nichtwohngebäuden geltenden Lufttemperaturhöchstgrenzen verwiesen, diese allerdings als Mindest-
temperaturwerte festgelegt. Dies bedeutet, bei allen Arbeitsstätten, die nicht in öffentlichen Nichtwohngebäuden betrieben werden, können die Lufttemperaturwerte auf die in § 6 genannten Werte reduziert werden, müssen aber nicht, d.h. Arbeitnehmer haben in Abhängigkeit des Grades der körperlichen Anstrengung lediglich Anspruch auf die im Vergleich zur ArbStättV bzw. den ASRen um jeweils ein Grad reduzierten Werte. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass der Arbeitgeber aber selbstverständlich nach wie vor höhere Temperaturen ermöglichen kann.

EnSimiMaV - Verordnung zu mittelfristig wirksamen Maßnahmen

Die  Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung durch mittelfristig wirksame Maßnahmen (EnSimiMaV) trat am 1.10.2022 in Kraft und gilt für zwei Jahre. Sie umfasst Maßnahmen, die einer größeren, mittelfristigen Zeitschiene für deren Umsetzung bedürfen. Die Maßnahmen zielen zwar grundsätzlich auf Einsparungen in den kommenden zwei Heizperioden ab, dürften aber eine darüber hinausgehende Wirkung haben. Dabei differenziert die Verordnung zwischen Energieeffizienzmaßnahmen von Heizungsanlagen, d.h. sowohl in öffentlichen als auch privaten Gebäuden, und Energieeffizienzmaßnahmen in Unternehmen.

Heizungsprüfung und -optimierung

Eigentümer von Gebäuden mit Anlagen zur Wärmeerzeugung durch Erdgas müssen in den nächsten zwei Jahren einen Heizungscheck durchführen. Dabei wird allerdings empfohlen, die Prüfung mit ohnehin stattfindenden Tätigkeiten von Schornsteinfegern oder Heizungsfirmen bei Kehr- und Überprüfungstätigkeiten oder einer regulären Heizungswartung zu koppeln.

Hydraulischer Abgleich für Eigentümer großer Gebäude mit zentraler Wärmeversorgung

Eigentümer von Nichtwohngebäuden im Anwendungsbereich des Gebäudeenergiegesetzes (ab 1.000 m2 beheizter Fläche) sowie Wohngebäuden mit mindestens zehn Wohneinheiten haben bei einer Wärmeversorgung über zentrale Gasheizsysteme einen hydraulischen Abgleich vorzunehmen, sofern er nicht bereits durchgeführt wurde. Da die Verpflichtung an den Eigentümer der Gebäude und Heizungsanlagen gerichtet ist, hat er zunächst auch die Kosten der Maßnahme zu tragen. Dabei stellt sich im nächsten Schritt aber zwangsläufig die Frage der Umlagefähigkeit der Maßnahme. Nutznießer ist auf jeden Fall der Mieter, da die Maßnahme die Energieeffizienz des Heizungsanlage erhöht.

Umsetzung wirtschaftlicher Effizienzmaßnahmen in Unternehmen

Unternehmen mit einem Energieverbrauch von mehr als 10 Gigawattstunden (GWh) pro Jahr haben nach § 4 der Verordnung wirtschaftliche Energieeffizienzmaßnahmen wie den Austausch von Beleuchtungen mit LED, Optimierungen von Arbeitsabläufen und technischen Systemen wie Druckluftsystemen durchzuführen. 





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