Klimaschutz und Nachhaltigkeit – Auswirkungen der Taxonomie-Verordnung auf den Gebäudesektor

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​veröffentlicht am 1. Februar 2023




Das Thema „Klimaschutz und Nachhaltigkeit” ist so aktuell wie noch nie zuvor und aus dem derzeitigen gesellschaftlichen und politischen Geschehen nicht mehr wegzudenken. (Klima-)Proteste erhalten stetig mehr Zuspruch und sind mittlerweile fast täglich in den Medien zu finden. So auch die Demonstrationen in Lützerath, über die unerlässlich berichtet wurde und die angesichts der gerade herrschenden Energieknappheit zu kontroversen Diskussionen führte. 


Der Klimaschutz bzw. die Nachhaltigkeit bedürfen aber leider nicht nur eines gesellschaftlichen Umdenkens, sondern auch neuer bzw. überarbeiteter Gesetzgebungen. So wurden, insbesondere seit 2019 mit Abschluss des Green Deals, sowohl auf EU-Ebene als auch auf Bundes- bzw. Landesebene innerhalb Deutschlands rechtliche Bestimmungen hinsichtlich des Klimaschutzes und der Nachhaltigkeit erlassen.

Diese betreffen unter anderem auch den Gebäudesektor, der einen erheblichen Anteil an schädlichen Emissionen beiträgt. Zahlreiche Gesetzesinitiativen sind mittlerweile nicht mehr unbekannt und finden bezüglich der darin gesetzten Anforderungen zur Nachhaltigkeit Beachtung. Weniger bekannt ist vielen Menschen jedoch die Taxonomie-Verordnung und ihr Einfluss auf den Gebäudesektor. Brandaktuell ist diese aufgrund des Inkrafttretens des „Ersten delegierten Rechtsakts zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel (C/2021/2800)” zum 1.1.2023.

Die Taxonomie-Verordnung nimmt innerhalb der EU eine Schlüsselrolle beim langfristigen Ziel des Finanzsektors ein, die Finanzströme in nachhaltige Investitionen und Projekte umzulenken. Sie verpflichtet alle vom Anwendungsbereich Betroffenen zu einer Berichterstattung (zusätzlich zur nichtfinanziellen Erklärung), wie und in welchem Umfang die Tätigkeiten des Unternehmens mit Wirtschaftstätigkeiten verbunden sind, die als ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten einzustufen sind. Hierfür wurden innerhalb der Taxonomie-Verordnung technische Bewertungskriterien festgelegt, anhand derer Investoren das nachhaltige Wirtschaften eines Unternehmens erkennen können. Die technischen Bewertungskriterien basieren auf der Konkretisierung des Begriffs der ökologischen Nachhaltigkeit in der Taxonomie-VO. Diese Definition bezieht sich vor allem auf das Fördern der sechs in der Taxonomie-Verordnung festgelegten Umweltziele, ohne, dass ein anderes Umweltziel beeinträchtig wird. („Die Wirtschaftstätigkeit ist dann ökologisch nachhaltig, wenn sie einen wesentlichen Beitrag zur Verwirklichung eines oder mehrerer Umweltziele leistet, nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines oder mehrerer Umweltziele führt, unter Einhaltung eines festgelegten Mindestschutzes ausgeübt wird und technischen Bewertungskriterien entspricht.”) Außerdem ist die Taxonomie-Verordnung die Grundlage für die EU-weite Definition des ökologischen und nachhaltigen Wirtschaftens.

Der Anwendungsbereich dieser, sich aus der Taxonomie-Verordnung ergebenden, Berichtspflicht ist allerdings eingegrenzt: Sie richtet sich einerseits an Finanzmarktteilnehmer, die Finanzprodukte bereitstellen, zum Beispiel Wertpapierfirmen und Kreditinstitute, die eine Portfolioverwaltung anbieten oder Immobilienfonds und Unternehmen, die von der CSR-Richtlinie erfasst sind (Art. 1 II b)); andererseits an Unternehmen der Realwirtschaft mit der Verpflichtung zur nichtfinanziellen Berichterstattung i. S. d. NFRD (Non-Financial Reporting Directive) (Art. 1 II c) i. V. m. Art. 19 a Abs. 1 RL 2013/34/EU bzw. Art. 29 a Abs. 1 RL 2013/34/EU), das heißt, große Unternehmen, die Unternehmen von öffentlichem Interesse oder die Mutterunternehmen einer großen Gruppe sind und an den Bilanzstichtagen das Kriterium erfüllen, im Durchschnitt des Geschäftsjahres mehr als 500 Mitarbeiter zu beschäftigen.

Von diesem unmittelbaren Anwendungsbereich sind zahlreiche Unternehmen der Immobilienbranche nicht betroffen. Dies hat sich aber nun durch den „Ersten delegierten Rechtsakt zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel”, seit dem 1.1.2023 zumindest mittelbar geändert, sodass von den Offenlegungs- und Transparenzpflichten der Taxonomie-Verordnung mittelbar die gesamte Immobilienwirtschaft betroffen ist, insbesondere durch Wert- und Marktveränderungen.

In Anlage 1 Ziffer 7 des delegierten Rechtsakts sind die technischen Bewertungskriterien inklusive konkreter Vorgaben für die Nachhaltigkeit von Neubauten und die Renovierung von Gebäuden definiert. Differenziert wird hierbei zwischen Gebäuden, die vor dem 31.12.2020 (Bestandsgebäude), und Gebäuden, die nach diesem Stichtag (Neubauten) errichtet wurden. Die technischen Bewertungskriterien und die Vorgaben legen fest, ob die Gebäude taxonomiekonform sind.

Neubauten sind taxonomiekonform, wenn der Primärenergiebedarf des Gebäudes 10 Prozent unterhalb der nationalen Vorgaben für Niedrigenergiegebäude liegt. Für Deutschland sind die Werte des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) relevant. Aktuell erlauben die nationalen Vorgaben für Niedrigenergiegebäude einen Primärenergiebedarf von rund 40 bis 75 kWh/m2 im Jahr. Somit darf der Primärenergiebedarf von taxonomie-konformen Neubauten nur noch maximal 36 kWh/m2 im Jahr betragen.

Bestandsgebäude sind taxonomiekonform, wenn sie ein ausgewiesenes Energy Performance Rating (EPC) der Klasse A nachweisen können. Die EU-Grundlage des Energie Performance Ratings ist das sogenannte „Energy Performance of Buildings Directive” (EPBD). In Deutschland ist das EPC durch einen Bedarfsausweis oder einen Verbrauchsausweis zu erlangen. Eine Alternative zum EPC ist der Nachweis, dass der Primärenergiebedarf des Gebäudes unter die „Top 15 Prozent der energieeffizientesten Gebäude” des nationalen oder regionalen Gebäudebestands fällt. Hierbei sollte aber nicht vergessen werden, dass dies eine dynamische Zahl ist und sich die Werte jährlich verändern können (aktuelle Werte belaufen sich ca. auf unter 70 kWh/m2). 

Kann keine der beiden Alternativen erfüllt werden, müssen Maßnahmen zur Renovierung bzw. zur Sanierung ergriffen werden. Auch hier sind für die Renovierungsstandards die Werte des GEG maßgeblich. Alternativ kann der Primärenergiebedarf der Immobilie um mindestens 30 Prozent reduziert werden.

Diese konkreten Vorgaben werden sich mit großer Wahrscheinlich auf den Gebäudesektor auswirken. Nicht taxonomiekonforme Gebäude werden an Wert verlieren, ihre Nachfrage wird (langfristig) sinken und sie werden schwerer refinanzierbar sein. Dies wird zu erheblichen Preisunterschieden von taxonomiekonformen und nonkonformen Immobilien führen und wird somit bei Investoren zunehmende Berücksichtigung finden. Für Immobilieneigentümer bedeutet dies, dass sie zeitnah prüfen sollten, ob sie von den Auswirkungen betroffen sein werden und ggf., ob ihre Gebäude taxonomiekonform sind. Außerdem können Sie als Gebäudeeigentümer bzw. Betreiber nun dazu verpflichtet sein, Auskünfte über die Taxonomie-Konformität Ihres Gebäudes zu geben (z. B. durch Vermietung an ein unter die Taxonomie-Verordnung fallendes Unternehmen).

Aber auch auf nationaler Ebene werden sich auf der Grundlage des im Sommer 2022 aufgesetzten „Sofortprogramms für den Gebäudesektor” weitere Änderungen ergeben. Das Sofortprogramm beinhaltet unter anderem die Anpassung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) sowie verschiedene Programme zu energetischen Sanierungen. Im Zuge dessen warten wir gespannt ab, was die für dieses Jahr angekündigte Neuregelung des GEG bereithält. Darüber hinaus soll auch eine neue GEFMA- Richtlinie erscheinen, die sich mit dem Thema Klimaschutz und Nachhaltigkeit befasst.

Rödl & Partner engagiert sich und berät in Klimaschutz und Nachhaltigkeit – weitere Informationen finden Sie u. a. auf unseren Unternehmensseiten oder sprechen Sie uns dazu gerne auch an. 



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