Environmental Social Governance und die neue Corporate Sustainability Reporting Directive

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​veröffentlicht am 2. Mai 2023




Nachhaltigkeit und Klimaschutz sind DIE Begriffe des aktuellen öffentlichen Diskurses. Neu innerhalb des politischen Geschehens sind sie aber nicht. Ein wichtiger Meilenstein war das bereits 1997 geschlossene Kyoto-Protokoll mit der Verpflichtung zur Senkung des Treibhausgasausstoßes. Es trat 2005 in Kraft und wurde bis heute von 191 Staaten ratifiziert. Ende 2015 folgte dann das Pariser Klima-Abkommen. 195 Nationen einigten sich auf das Ziel, den weltweiten Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius durch nationale Maßnahmen zu begrenzen. Beide Verträge stellen den teilnehmenden Staaten frei, wie diese ihren Beitrag zur Erreichung der Ziele leisten.  


Aber auch auf ökonomischer Seite wurde international an verbindlichen Standards gearbeitet, um den Klimaschutz voranzutreiben. So wurde im Rahmen dessen das sogenannte „ESG” entwickelt. Entgegen der Annahme, ESG sei eine präzise Definition, handelt es sich bei dem Begriff ESG um eine nicht abschließende Sammlung von Bewertungskriterien, die Investoren bei der Entscheidungsfindung helfen soll, in Unternehmen zu investieren, die langfristige Werte schaffen und erhalten, also nachhaltig wirtschaften. Im Umkehrschluss stellen ESG-Kriterien für Unternehmer eine Orientierungshilfe zur Ausrichtung ihrer Organisation dar, wenn sie wei-terhin wettbewerbsfähig bleiben wollen. ESG selbst steht für die drei Bereiche des Bewertungsschemas: Environmental – Social – Governance. Environmental umfasst unter anderem eine Anpassung der Unternehmensstruktur an den Klimawandel, ökologisches Engagement des Unternehmens, den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft und Vermeidung bzw. Verminderung von Umweltverschmutzungen. Der Oberbegriff Social steht für Chancengleichheit, Diskriminierungsfreiheit, Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz sowie Menschenrechte in der Wertschöpfungskette des Unternehmens. Governance erfordert unabhängige Aufsichtsorgane, die Anwendung einer Geschäftsethik, ein Kontroll- und Risikomanagementsystem und die Prävention von Korruption. 

ESG findet mittlerweile aber auch Anwendung über die Finanzwelt hinaus. So weitet sich unter anderem der Kreis der ESG-Anwender mit neuen Berichtspflichten aus. So entstehen gerade wegen der noch größtenteils sehr allgemein gehaltenen Oberbegriffe des ESG neue Unklarheiten. Welche Tätigkeiten, Auswirkungen und Bestimmungen des Unternehmens lassen sich ESG unterordnen? Wie sind diese zu bewerten? Und wie sollte ein ESG-Bericht eines Unternehmens aufgebaut werden? Mit neuen gesetzlichen Anforderungen wird diesen Unklarheiten nach und nach Abhilfe geschaffen. 

Vor allem die EU, die eine Vorreiterrolle innerhalb des Klimaschutzes einnimmt, setzt ESG seit Abschluss des Green Deals in den neuen Verordnungen und Richtlinien konsequent um und schafft einen rechtlich verbindlichen Rahmen zum nachhaltigen Wirtschaften auf europäischer Ebene. Die ESG-Kriterien nehmen hierbei innerhalb des Gesetzgebungsverfahrens eine bestimmende Rolle ein; Beispiele hierfür sind insbesondere die in der letzten Ausgabe unseres Newsletters vorgestellte Taxonomie-Verordnung, die bestimmte Unternehmen und Finanzmarktteilnehmer zu einer Nachhaltigkeitsberichtserstattung hinsichtlich der unter Artikel 9 definierten Umweltziele verpflichtet, und die neue CSRD-Richtlinie (Corporate Sustainability Re-porting Directive), die am 5.1.2023 auf EU-Ebene in Kraft getreten ist und innerhalb der nächsten 18 Monate in nationales Recht umgesetzt werden muss. 

Die CSRD-Richtlinie ist die Nachfolgerin der NFRD (Non-Financial Reporting Directive) und wird diese zukünftig ersetzen. Anzuwenden ist die NFRD von großen kapitalmarktorientierten Unternehmen, die Unternehmen von öffentlichem Interesse oder die Mutterunternehmen einer großen Gruppe sind, und im Durchschnitt des Geschäftsjahres mehr als 500 Mitarbeiter beschäftigen. Diese sind gemäß der NFRD zu einer Berichtserstattung über ihre Maßnahmen und Auswirkungen zu Umwelt-, Sozial- und Arbeitsrechtsthemen, Korruptionsbekämpfung und Menschenrechten verpflichtet. 

Dieser Anwendungsbereich erweitert sich nun mit der CSRD. So werden ab dem Jahr 2027 für das Geschäftsjahr 2026 

  1. alle großen Unternehmen, Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen, die zwei der nachfolgenden Kriterien erfüllen: mehr als 20 Millionen Euro Bilanzsumme, mehr als 40 Millionen Euro Nettoumsatzerlöse, mehr als 250 Mitarbeiter im Jahresdurchschnitt, und
  2. alle an der Börse gelisteten Unternehmen, ausgenommen Kleinstunternehmen (Erfüllung von mindestens zwei der folgenden Merkmale: Bilanzsumme von maximal 350.000 Euro, Nettoumsatzerlöse von maximal 700.000 Euro, maximal 10 Beschäftigte im Jahresdurchschnitt)

berichtspflichtig i.S.d. CSRD sein. Ab Januar 2025 müssen erstmals alle großen Unternehmen, die bereits nach der NFRD berichtspflichtig sind und zusätzlich zwei Kriterien aus Ziffer 1 erfüllen, einen Nachhaltigkeitsbericht i.S.d. der CSRD für das Geschäftsjahr 2024 erstellen. Ab Januar 2026 erweitert sich der Anwenderkreis für das Berichtsjahr 2025, sodass alle großen Unternehmen (siehe Definition Ziffer 1) berichtspflichtig werden.

Außerdem erhöht die CSRD die Anforderungen an den Nachhaltigkeitsbericht und weitet den Berichtszweck gegenüber der NFRD aus. Dadurch sollen finanzielle und nicht-finanzielle - nachhaltige - Berichtsverpflichtungen gleichgestellt werden. So wird es mit Einführung der CSRD einen einheitlichen elektronischen EU-Berichtsstandard geben. Dadurch können Berichte verschiedener Unternehmen miteinander leichter verglichen werden. Zudem werden die Berichtsinhalte durch die CSRD nach Entwürfen der EFRAG (European Financial Reporting Advisory Group; voraussichtliche Implementierung im ersten Halbjahr 2023) erweitert: Einzubeziehen sind nun ESG-Faktoren im Zusammenhang mit Prozessen, Vorgehensweisen und Risiken innerhalb des Unternehmens, die Taxonomie-Verordnung (ihr Anwendungsbereich wird durch die CSRD im Umkehrschluss erweitert) und der nun präzisierte Begriff der sogenannten „Double Materiality” (doppelte Wesentlichkeit). „Double Materiality” bedeutet, dass in den Bericht sowohl die Auswirkungen von Nachhaltigkeitsaspekten auf den Unternehmenswert als auch Auswirkungen auf Umwelt, Menschen und Wirtschaft aufgenommen werden müssen. Des Weiteren wird der Nachhaltigkeitsbericht als Teil der Geschäftsberichtserstattung im Lagebericht prüfpflichtig sein. 

Hierfür werden durch die CSRD die bereits bestehenden Richtlinien und Verordnungen angepasst: die Transparenzrichtlinie 2004/109/EC, die Abschlussprüferrichtlinie 2006/43/EC, die Rechnungslegungsrichtlinie 2013/34/EU und die Abschlussprüferverordnung 537/2014/EU.

Durch diese Ausweitung der ESG-Kriterien auf die Taxonomie-Verordnung und die CSRD-Richtlinie müssen sich Unternehmen mit ihren Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesellschaft auseinandersetzen. Damit wird eine konkrete Nutzungsanalyse der Unternehmenstätigkeiten sowie das Erarbeiten und Verfolgen einer Nachhaltigkeitsstrategie innerhalb der Unternehmen bewirkt. So kann ohne Zwang eine klimafreundliche und nachhaltige Wirtschaft aufgebaut werden.

Zahlreiche Unternehmen werden somit zukünftig mit erheblichen Veränderungen hinsichtlich ihrer Berichterstattungen konfrontiert sein und sollten sich frühzeitig mit den Anforderungen auseinandersetzen. Auch, wenn die Umsetzung der neuen Nachhaltigkeitsstandards in nationales Recht zum Teil viel Zeit in Anspruch nimmt, appellieren die neuen Regelungen schon jetzt an ein umweltbewusstes Umdenken.

Den Möglichkeiten, ESG-Faktoren bzw. -Kriterien anzuwenden, sind keine Grenzen gesetzt. Diese können beispielsweise auch für das Facility-Management eine entscheidende Rolle spielen, weshalb sich die GEFMA schon seit Längerem mit dem Thema ESG beschäftigt. In der neuen GEFMA 163-1 „ESG im FM” soll eine möglichst prägnante Definition von ESG im Facility-Management nach dem Verständnis von GEFMA und im Kontext bereits bestehender einschlägiger Regelwerke geschaffen werden. Die neue GEFMA-Richtlinie 163-1 „ESG im FM” wurde im April diesen Jahres im Entwurf veröffentlicht. 


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Quellen u. a.: 




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