Einführung eines Geschäftsprozessmanagements – Ein Praxisbericht zu den Erfolgsfaktoren

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​veröffentlicht am 3. April 2023




Das Thema Geschäftsprozessmanagement, kurz GPM, befindet sich derzeit in aller Munde. Dabei werden immer wieder kritische Aussagen getroffen, woraus sich zentrale Fragestellungen ableiten lassen.


Diese Aussagen und Fragen aus der Praxis werden im Folgenden erläutert. 

Was ist Geschäftsprozessmanagement (GPM) und warum ist es wichtig?

Der bestehende Fachkräftemangel am Arbeitsmarkt sowie die Auswirkungen des demographischen Wandels mit dem anstehenden Ruhestand vieler Arbeitnehmer treffen den öffentlichen Sektor schwer. Deshalb ist es wichtiger denn je, die vorhandenen Ressourcen effektiv und effizient einzusetzen, sodass die Bedürfnisse der Bürger und anderer Stakeholder auch weiterhin angemessen erfüllt werden können. Ein geeigneter Ansatzpunkt hierfür ist die Optimierung der Verwaltungsabläufe und Prozesse im öffentlichen Sektor. Dies kann durch den Aufbau und Einsatz eines GPM gelingen.

Doch was ist GPM? Ein Prozess ist als Ablauf von Vorgängen definiert. Geschäftsprozesse sind darauf ausgerichtet, ein vordefiniertes Ergebnis zu erreichen, das Kundennutzen stiftet. Das Managen von Geschäftsprozessen ist die Methode zur systematischen Überwachung, Überprüfung und Optimierung von Geschäftsprozessen in einer Organisation. Dies beinhaltet die Identifizierung, Modellierung und ständige Verbesserung. Dadurch wird das Ziel des GPM erreicht, die Effizienz und Effektivität, aber auch die Flexibilität und Transparenz der laufenden Geschäftsprozesse zu steigern.

Effizienz und Effektivität werden beispielsweise durch die Standardisierung und Automatisierung von Prozessen erhöht, womit eine Reduzierung von Kosten und Bearbeitungszeiten gelingen kann. Dadurch kann die Zufriedenheit der Kunden und Bürger sowie die Reputation der Verwaltung gesteigert werden. Darüber hinaus trägt GPM auch dazu bei, Transparenz und Nachvollziehbarkeit in den Entscheidungsprozessen der öffentlichen Hand zu erhöhen, indem Verantwortlichkeiten und Informationsflüsse aufgezeigt und verbessert werden. Zudem ist GPM ein wesentlicher Faktor bei der Bewältigung von Herausforderungen, die sich aus den ständigen Veränderungen im politischen und gesellschaftlichen Kontext ergeben. GPM ermöglicht der öffentlichen Verwaltung, die laufenden Geschäftsprozesse schnell an die sich ändernden Bedürfnisse anzupassen.

Dabei ist es wichtig, den Fokus zunächst auf die Prozessoptimierung zu legen und diese bewusst von der Digitalisierung der Geschäftsprozesse zu trennen, denn ein ineffizienter analoger Prozess wird nicht zwangsläufig besser, indem er digitalisiert wird. GPM ist somit nicht zwingend mit dem Thema der Digitalisierung verbunden, kann aber ideal als Einstieg in die Digitalisierung von Verwaltungsabläufen verwendet werden.

Was sind die Hürden und Erfolgsfaktoren bei der Einführung eines GPM?

Wie beschrieben, existieren viele Gründe für den Einsatz eines GPM. Allerdings ist nach unserer Erfahrung ein ausgereiftes GPM im öffentlichen Sektor noch nicht flächendeckend verbreitet. Im Folgenden wird deshalb dargestellt, wo wir wesentliche Hürden bei der Einführung eines GPM identifiziert haben und welche Erfolgsfaktoren mit der Einführung eines GPM verbunden sind.

Trotz perfekter Rahmenbedingungen und Werbung der kommunalen Spitzenverbände für dieses Thema sind etablierte und implementierte Konzepte für ein kommunales GPM noch Mangelware. In den meisten Kommunen wird GPM punktuell im Rahmen von Organisationsuntersuchungen durchgeführt und mit Prozessaufnahme und -optimierung gleichgesetzt. Die vorhandene BPMS1-Software wird lediglich als eine Art „digitaler Malkasten” genutzt, d. h. es gibt keine Transparenz, keine Steuerung und keine kontinuierliche Verbesserung. Was sind folglich die Hürden in den Kommunen, sich mit dem Thema Geschäftsprozessmanagement intensiver zu befassen?

  • Fehlendes Verständnis bei den Führungskräften „Wir kennen doch unsere Prozesse, wir arbeiten ja täglich mit ihnen.”
  • Fehlende Zeit für die Auseinandersetzung mit den Abläufen aufgrund von Überlastung im Tagesgeschäft. 
  • Es wird nur auf gesetzliche Änderungen reagiert, anstatt zu agieren. 
  • Qualifizierungsbedarf für die Nutzung einer Modellierungssoftware wird falsch interpretiert und gescheut.

Städte wie München, Bremen und Nürnberg sind in der Erarbeitung oder Umsetzung eines GPM. Folgende Faktoren sind für die erfolgreiche Etablierung eines GPM entscheidend:

  • Nutzenbotschaften herausarbeiten und vermitteln: Der Nutzen eines GPM oder von Prozessen ist für viele Dienststellen häufig nicht klar erkennbar. Nutzenbotschaften wie u. a. Transparenz, Wissensmanagement und Beschleunigung bei digitalen Lösungen, sind herauszuarbeiten und adressatenspezifisch zu kommunizieren. Diese sind mit eigenen Erfolgsgeschichten anzureichern. 
  • Zielgerichteter Ansatz statt Gießkanne: Weniger ist mehr. Geschäftsprozessmanagement heißt nicht, dass jeder Prozess aufgenommen, optimiert, automatisiert und gesteuert werden muss. In der Praxis ist es wichtig, sich in einem ersten Schritt auf die Prozesse zu konzentrieren, die die größten Verbesserungspotenziale und die größte Personalbindung haben. Dies trägt zur Effektivität des GPM bei und fördert die positive Wahrnehmung des Themas in der Verwaltung (u. a. flankiert von Erfolgsgeschichten und positiven Beispielen).
  • Integration von Geschäftsprozessmanagement in bestehende Projekte: GPM ist kein neues oder zusätzliches Thema, auch wenn es oft so verstanden wird. Vielmehr sollte versucht werden, Elemente des GPM in aktuelle Themen der Dienststellen zu integrieren, indem z. B. die Prozessaufnahme genutzt wird, um ein fachliches Leistungsverzeichnis für eine Softwareausschreibung zu erstellen.
  • Gute Mischung aus Verbindlichkeit und Freiwilligkeit schaffen: Beide Extreme funktionieren in der Praxis nicht. Deshalb müssen zentrale Vorgaben geschaffen werden (z. B. einheitliche Modellierungsvorgaben und Software) sowie positive Anreize erzeugt werden wie die kapazitative Unterstützung bei der Prozessaufnahme durch das OrgA und eine Beschleunigung der Projekte.
  • Multiplikatoren schaffen und aktivieren: Das Wissen und die Begeisterung für das Thema muss in die Dienststellen kommen. Einige Kommunen haben Digitalisierungsbeauftragte/-koordinatoren in den Ämtern geschaffen. Solche neuen Rollen sind ideale Multiplikatoren für das Thema GPM, weil sie für ihre Aufgabenstellung auf Prozesse angewiesen sind. 
  • Ran an die übergreifenden Prozesse: Die Kommunen zeichnen sich durch eine Vielzahl an übergreifenden Prozessen (Prozesse, die nicht nur in einer Dienststelle, liegen z. B. Stellenschaffungsprozess oder Bauantragsprozess) aus. Hier werden Mehrwert bringende Aspekte von Prozessmanagement wie eine verbesserte Transparenz und Zusammenarbeit am deutlichsten und zugleich bestehen hier die größten Optimierungspotenziale. 
  • BPMS-Software nutzen: Sofern eine Software vorhanden ist, empfiehlt es sich, die umfassenden Möglichkeiten zu kennen und deren Unterstützung bei der Implementierung zu nutzen (z. B. integrierte E-Learnings, automatisierte Prüfungen bei der Prozessaufnahme, Freigabeworkflows, niederschwellige Zugangsmöglichkeiten und Leserechte, standardisiertes Berichtswesen, z. B. zur Prozessanalyse etc.). 

Die Wichtigkeit von GPM ist Ihnen bekannt und Sie wollen Ihre Verwaltung diesbezüglich optimiert aufstellen? Dann bieten wir Ihnen an, unsere Expertise im Themengebiet einzubringen. Beispielsweise prüfen wir Ihr bestehendes GPM-Konzept auf Umsetzbarkeit oder erarbeiten gemeinsam mit Ihnen ein erfolgversprechendes Konzept. Außerdem unterstützen wir Sie gerne auch in einzelnen Feldern des Prozessmanagements, indem wir Prozessscreenings durchführen, den digitalen Reifegrad Ihrer Prozesse messen oder Prozessmodellierungen, -analysen und -optimierungen durchführen.

Gerne beraten wir Sie individuell je nach Anforderung und freuen uns über Ihre Kontaktaufnahme.

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1 BPMS steht für Business Process Management Software. Dabei handelt es sich um ein System, um die Geschäftsprozesse jeglicher Art und Komplexität zu verbessern, zu steuern und zu automatisieren.





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