Kommunale Tiefengeothermie – Ein wichtiger Baustein bei der kommunalen Wärmeplanung?

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veröffentlicht am 2. Oktober 2023



Deutschland hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2045 klimaneutral zu sein. Um dieses Ziel erreichen zu können, liegt eine Herausforderung in der Transformation des Wärmesektors, der gegenwärtig noch deutlich überwiegend von fossilen Brennstoffen abhängig ist. Der Einsatz Erneuerbarer Energien ist im Jahr 2022 unter 17,4 Prozent1 Vor dem Hintergrund der Bekämpfung der Klimakrise und zur Stärkung der Resilienz gegen äußere Krisen ist die Energiewende ein zentraler Baustein. Die Wärmewende ist dabei der zentrale Faktor. Die Geschwindigkeit der Umsetzung muss dringend gesteigert werden, um die aktuellen politischen Ziele, wie z. B. den Anschluss von mehr als 100.000 Haushalten an die effiziente und erneuerbare Fernwärme, zu erreichen, um nur ein Beispiel zu nennen. Es ist daher von essenzieller Bedeutung, eine zeitnahe und systematische Transformation hin zu einer klimaneutralen Wärmewirtschaft einzuleiten. Tiefengeothermie hat als überall verfügbare, regionale und grundlastfähige Energiequelle eine Sonderrolle, um die Wärmewende voranzutreiben und das Ziel einer nachhaltigen Energieversorgung zu erreichen. Nachfolgend wird ein Überblick der kommunalen Wärmeplanung gegeben und die Möglichkeiten der Einbindung kommunaler Tiefengeothermie beleuchtet.2


Der Weg zur bundesweiten kommunalen Wärmeplanung

In den letzten Jahren nimmt die kommunale Wärmeplanung auch in Deutschland Fahrt auf, nachdem sie in Dänemark bereits 1979 als verbindliche Vorgabe eingeführt und umgesetzt wurde. Hierzulande gilt Baden-Württemberg als Vorreiter in der kommunalen Wärmeplanung. Das Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz verpflichtet die großen Kreisstädte seit 2020, bis zum 31.12.2023 Wärmepläne auszuarbeiten. Inzwischen haben auch Schleswig-Holstein seit 2021 sowie Hamburg und Niedersachsen seit 2022 Pflichten zur Erstellung kommunaler Wärmepläne in ihre Klimaschutzgesetze aufgenommen. Das Hessische Energiegesetz legt für Kommunen mit mehr als 20.000 Einwohnern fest, dass diese ab dem 29.11.2023 ebenfalls zur Erstellung einer kommunalen Wärmeplanung verpflichtet sind. Auch die aktuelle Landesregierung in Nordrhein-Westfalen hat sich in ihrem Koalitionsvertrag für die Jahre 2022 bis 2027 zur kommunalen Wärmeplanung bekannt und angekündigt, ab 2023 die rechtlichen Voraussetzungen für eine verpflichtende Erstellung von Wärmeplänen durch die Kommunen zu schaffen. 

Auf Bundesebene wurde am 27.7.2023 die Länder- und Verbändebeteiligung zum Entwurf eines Gesetzes für die Wärmeplanung und Dekarbonisierung der Wärmenetze (Wärmeplanungsgesetz – WPG) eingeleitet. Der Gesetzesentwurf wurde vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) gemeinsam mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) erarbeitet und befindet sich derzeit (15.8.23) in der Abstimmung innerhalb der Bundesregierung und soll noch bis Ende des Jahres vom Bundestag beschlossen werden und anschließend entsprechend in Kraft treten. 

Aufgrund ihrer Ortskenntnis ist es ökonomisch und ökologisch naheliegend, dass die Kommunen auf ihrem Gemeindegebiet selbst für die Wärmeplanerstellung verantwortlich sind. Je nach deren Lage und Struktur können auch Kooperation mehrerer, benachbarter Kommunen zielführend sein, die gemeinsam eine überkommunale Wärmeplanung erstellen. So können sowohl das Kosten-Nutzen-Verhältnis als auch der Ressourcenbedarf der kommunalen Wärmeplanung verbessert werden.

Die kommunale Wärmeplanung beinhaltet im Wesentlichen zwei Bearbeitungsebenen (siehe Abbildung 1). Die erste Ebene repräsentiert die Datenbearbeitung. Sie startet bei der Erfassung des Status quo und der Ermittlung von lokalen Gegebenheiten und geht über in die Potenzialanalyse Erneuerbarer Energien, darunter auch das Potenzial für z. B. Wärmepumpen und Tiefengeothermie, sowie Energieeffizienzmaßnahmen auf dem Gemeindegebiet. Die Ergebnisse der vorangegangenen Analysen werden im nächsten Schritt in einem Zielszenario zusammengefasst, das die klimaneutrale Klimaversorgung bis 2045 sicherstellen kann. Im letzten Schritt wird ein flächendeckendes Vorgehen mit konkreten Maßnahmen zur Umsetzung des Wärmeplans aufgestellt.


Abbildung 1: Prozess der kommunalen Wärmeplanung

Während der Bearbeitung begleitet die zweite Ebene – Kommunikation, Integration und Beteiligung – den Prozess kontinuierlich. Dabei wird die Einbindung und Beteiligung der betroffenen Stakeholder anvisiert, z. B. um die Akzeptanz der Wärmeplanung zu steigern. Dazu gehören u. a. Wärmeversorger, Energieversorger, Gewerbe- und Industriebetriebe oder Wohnungsgenossenschaften. Die frühzeitige Einbindung ermöglicht offene Kommunikation, Zusammenführung von Kompetenzen und Fachwissen sowie die gemeinsame Entwicklung von Lösungsvorschlägen.

Einordnung der Tiefengeothermie

Geothermie als erneuerbare Energiequelle kann eine entscheidende Rolle in der kommunalen Wärmeplanung spielen und eine nachhaltige und umweltfreundliche Alternative zur konventionellen Wärmeerzeugung bieten. Geothermie ist allgemein die in der Erdkruste gespeicherte Wärmeenergie. Die Nutzung von Geothermie basiert auf der Entnahme von Erdwärme, die in den tieferen Schichten der Erdkruste gespeichert ist. Diese Wärme kann zum Heizen von Gebäuden, zur Bereitstellung von Warmwasser oder sogar zur Stromerzeugung genutzt werden. In Deutschland nimmt die Temperatur in der Erdkruste durchschnittlich um 3 Kelvin pro 100 Meter zu. In der Geothermie unterscheidet man zwischen oberflächennaher und Tiefengeothermie, wobei die Tiefengeothermie alle Lagerstätten umfasst, die mehr als 400 Meter in der Tiefe liegen und oberflächennahe alle über 400 Meter. Sofern die Erdwärmetemperatur unter 70 bis 80 Grad liegt und zur Optimierung der Wärmenutzung eine Großwärmepumpe eingesetzt werden muss, handelt es sich um eine Anwendung der ”mitteltiefen” Tiefengeothermie. Nicht nur die Bohrtiefe, sondern auch die Dimensionen der Anlagen sind bei der Tiefengeothermie wesentlich umfangreicher und leistungsfähiger als bei der oberflächennahen Geothermie, die in der Regel mit Wärmepumpen Einzelhaushalte versorgt. Tiefengeothermie ermöglicht es, ganze Wärmenetze und damit ganze Stadtviertel oder Gemeinden mit Heizwärme zu versorgen. Daher eignet sich die Tiefengeothermie für größere Energieversorgungsprojekte, je nach Temperatur der Erdwärme kann sogar die Gewinnung von elektrischer Energie möglich sein. 

Im Gegensatz zu anderen Erneuerbaren Energien wie Wind- und Solarenergie stellen geothermische Anlagen zuverlässige und sogar grundlastfähige, Energie zur Verfügung – unabhängig von Wetterbedingungen oder Tageszeiten. Dies ermöglicht eine sichere und langfristige Versorgung mit preisstabiler und klimaneutraler Wärme. 

Besonders für dicht besiedelte Gebiete bzw. Gebiete mit hoher Wärmedichte ist die Nutzung von Tiefengeothermie von besonderer Bedeutung. Bei der Umsetzung gibt es viele erfolgreiche Beispiele bzw. eine Reihe von aktuellen Vorhaben, die das Bewusstsein erhöhen. Neben den Stadtwerken München haben auch die Hamburger Energie, Stadtwerke Potsdam oder die Stadtwerke Münster die Tiefengeothermie fest auf der Dekarbonisierungsagenda. Auch RWE forscht an dem Standort Weisweiler intensiv an der Möglichkeit der Nutzung der Tiefengeothermie.

In Nordrhein-Westfalen rücken sowohl die kommunale Wärmeplanung als auch die kommunale Tiefengeothermie zunehmend in den Fokus. Angesichts der hohen Besiedlungsdichte und der damit einhergehenden großen Nachfrage an Wärme für Gebäude und Industrie vor Ort bei geringem Flächenangebot nimmt die Nutzung nachhaltiger und kontinuierlicher Wärmequellen an Bedeutung zu. Hierbei eröffnet die gezielte Gewinnung von nachhaltiger Wärme aus Tiefengeothermie eine vielversprechende Perspektive, um den bestehenden Bedarf zu decken. Die vorhandenen Karbonat- und Sandsteinlagerstätten aus dem Devon und Karbon stellen laut der Landesregierung eine vorteilhafte Ausgangsbasis dar und werden durch den Geologischen Dienst NRW intensiv erforscht. Diese Gesteinsschichten sollen gute Voraussetzungen für die Förderung von Thermalwasser aus tiefen Schichten der Erdkruste bieten was wiederrum ein Potenzial für die Umsetzung von Tiefengeothermie-Projekten in dieser Region schafft. 

Erfolgreiche Dekarbonisierung mit kommunaler Wärmeplanung und Tiefengeothermie

Die anstehende kommunale Wärmeplanung wird viele Aspekte der notwendigen Transformation des Wärmesektors adressieren. Eine zentrale Fragestellung wird das wie bzw. welche Technologie umfassen. Die Tiefengeothermie muss dabei von allen kommunalen Wärmeplanungen untersucht werden. Die Nutzung dieser natürlichen Ressource eröffnet nicht nur die Möglichkeit, den Energiebedarf auf nachhaltige Weise zu decken, sondern trägt auch zur Reduzierung von CO2-Emissionen und zur Verringerung der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen bei. 

Tiefergehende Informationen im Januar in Köln

Tiefengeothermie an sich und deren Bedeutung bei der kommunalen Wärmeplanung stehen im Fokus unserer bevorstehenden Veranstaltung „Tiefengeothermie in Nordrhein-Westfalen – Hoffnungsträger für die Wärmewende” Diese wird am 23. Januar 2024 von 10:30 Uhr bis 17:30 Uhr mit anschließendem gemeinsamen Ausklang in unseren Räumlichkeiten im Kölner Kranhaus stattfinden. Hierbei werden Expertinnen und Experten Einblicke in die technischen, wirtschaftlichen und ökologischen Aspekte rund um das Thema bieten. Die Veranstaltung bietet eine Gelegenheit, sich über die aktuellen Entwicklungen und Fortschritte zu informieren und über die Zukunftsaufgaben auszutauschen. Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme und anregende Diskussionen. Melden Sie sich hier an!


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1 Vgl. Umweltbundesamt (UBA) auf Basis AGEE-Stat, 2023.


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