Mehr Flexibilität für wettbewerbsfähige Entgelte: Möglichkeiten der Zulagengewährung nach TVöD

PrintMailRate-it


veröffentlicht am 1. Oktober 2025

Fachkräftemangel, steigende Konkurrenz um Talente und der Wunsch nach attraktiven Arbeitsbedingungen stellen den öffentlichen Sektor bei der Personalgewinnung und -entwicklung vor große Herausforderungen. Wie kann innerhalb der tariflichen Grenzen des TVöD eine wettbewerbsfähige Vergütung geboten werden? Neben der klassischen Höhergruppierung bietet der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) weitere Instrumente, um ein höheres oder wettbewerbsfähiges Entgelt zu ermöglichen.

​Zulagen als Alternative zur Höhergruppierung

​Ausgangspunkt ist häufig der Wunsch auf Arbeitgeberseite, die Leistung besonders engagierter Mitarbeitender zu honorieren bzw. Fachkräfte mit Spezialkenntnissen anzuwerben und zu halten. Dabei denken Arbeitgeber häufig zuerst an eine Höhergruppierung.

Sie ist das bekannteste Mittel, um Beschäftigten ein höheres Entgelt zu bieten. Sie ist jedoch an die dauerhafte Übertragung höherwertiger Tätigkeiten gebunden und mit der Neubewertung einer Stelle verbunden. In der Praxis kann es problematisch werden, wenn die vorhandene Aufgabenstruktur dies nicht hergibt oder durch einzelne Höhergruppierungen das Bewertungsgefüge verzerrt wird. Hier bieten die Tarifverträge weitere, häufig übersehene Instrumente zur bedarfsgerechten Entgeltgestaltung: die Arbeitsmarkt- und Fachkräftezulage. Sie bieten eine flexible Möglichkeit, gezielt auf Marktanforderungen und Personalengpässe zu reagieren, ohne die Eingruppierung dauerhaft verändern zu müssen.

Die Fachkräftezulage

​Die Fachkräftezulage ist ein zentrales Instrument, um qualifizierte Beschäftigte zu gewinnen und zu binden, z. B. Ingenieure, Techniker, Meister, Erzieher und IT-Fachkräfte. Sie kann sowohl für neu eingestellte als auch für bereits beschäftigte Fachkräfte gezahlt werden, wenn dies zur Deckung des Personalbedarfs oder zur Bindung von Mitarbeitenden notwendig ist.

  • Zielgruppe: Beschäftigte in den Entgeltgruppen 5 bis 15 TVöD
  • Höhe:
    – Bis zu 1.500 Euro monatlich (EG 9a bis 15)
    – Bis zu 1.000 Euro (EG 7 und 8)
    – Bis zu 500 Euro (EG 5 und 6)
  • Dauer: Die Zulage ist auf maximal zehn Jahre zu befristen; sie kann jederzeit bei Vorliegen der Voraussetzungen (auch mehrfach) verlängert werden.
  • Teilzeit: Die Zulage wird anteilig gezahlt.
  • Sie fließt in die Bemessungsgrundlage für Entgeltfortzahlung und Jahressonderzahlung ein und kann mit einer vorgezogenen Stufenzuordnung kombiniert werden. Künftige Entgelterhöhungen können auf die Zulage angerechnet werden.
  • Die Notwendigkeit muss nachvollziehbar begründet und dokumentiert werden, etwa durch Schwierigkeiten bei der Personalgewinnung oder drohende Abwanderung von Fachkräften.

    (Quelle: Richtlinie der VKA zur Gewinnung und zur Bindung von Fachkräften (Fachkräfte-RL), Beschluss der Mitgliederversammlung der VKA vom 10.11.2023)

Die Arbeitsmarktzulage

Neben der Fachkräftezulage existiert die sogenannte Arbeitsmarktzulage. Sie kann gezahlt werden, wenn auf dem Arbeitsmarkt für bestimmte Qualifikationen höhere Gehälter üblich sind und eine Abwanderung von Fachkräften droht oder eine Stellenbesetzung sonst nicht möglich wäre.

  • Zielgruppe: Die Zulage ist sowohl für neu eingestellte als auch für bereits im Arbeitsverhältnis stehende Beschäftigte anwendbar.
  • Höhe: Die Arbeitsmarktzulage kann bis zu 20 Prozent des Tabellenentgelts der Stufe 2 der jeweiligen Entgeltgruppe betragen.
  • Dauer: Nicht vorgegeben, eine Befristung ist jedoch zu empfehlen. Hinweis: Die Höhe der Zulage sowie die Bedingungen für einen Widerruf bzw. eine Befristung der Zulage sollten im Arbeitsvertrag geregelt werden.
  • Teilzeit: Die Zulage wird anteilig gezahlt.
  • Sie wird bei der Berechnung der Jahressonderzahlung und der Entgeltfortzahlung berücksichtigt. Bei einer späteren Höhergruppierung oder dem Erreichen der nächsten Stufe kann die Zulage ganz oder teilweise angerechnet werden, wenn dies vertraglich festgehalten wird. 
  • Anwendungsbereich: Die Umsetzung der Richtlinie zur Arbeitsmarktzulage obliegt den Mitgliedsverbänden der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) bzw. dem Kommunalen Arbeitgeberverband (KAV). Die entsprechenden Regelungen sind zu beachten. Die Zulage kann entweder zur „Deckung des Personalbedarfes“ oder zur „Bindung von qualifizierten Fachkräften“ im Einzelfall verwendet werden.

    (Quelle: Richtlinie der VKA zur Gewährung einer Arbeitsmarktzulage (Arbeitsmarkt-RL) Beschluss der Mitgliederversammlung der VKA vom 10.11.2023)


Fazit

​Die Umsetzung einer Höhergruppierung, die mit dem Wunsch nach Personalgewinnung und -bindung einhergeht, führt zu einer dauerhaften Anpassung der Bewertungs- und Vergütungsstruktur. Zulagen hingegen bieten mehr Flexibilität, können schnell und gezielt eingesetzt werden, sind in der Regel befristet oder widerruflich, was vor allem bei kurzfristigem Mehrbedarf oder schwer vorhersehbarer Personalsituation von Vorteil ist.

Für viele öffentliche Arbeitgeber lohnt es sich, die Möglichkeiten der Zulagengewährung strategisch in die Personalgewinnung und -bindung einzubeziehen. In Verbindung mit aktuellen Stellenbewertungen und einem transparenten Personalentwicklungskonzept können Zulagen ein wirksames Mittel zur Erhöhung der Arbeitgeberattraktivität darstellen – ohne die tarifliche Ordnung zu verlassen. Für eine passgenaue Umsetzung empfiehlt sich eine sorgfältige Prüfung der Voraussetzungen und Möglichkeiten. Die Gewährung setzt eine Bedarfsermittlung und Dokumentation voraus.

Interesse geweckt?

Wir haben über Jahrzehnte hinweg Expertise in der Unternehmens- und Kommunalberatung aufgebaut und bieten ein breites Spektrum an Dienstleistungen an. Gerne unterstützen wir Sie dabei, die verschiedenen Zulagenmöglichkeiten zu prüfen, zu begründen und rechtssicher anzuwenden bzw. zu dokumentieren. Gemeinsam finden wir heraus, welches Vorgehen am besten zu Ihren Bedürfnissen passt.

Wir freuen uns über Ihre Kontaktaufnahme!

AUS DEM NEWSLETTER

Kontakt

Contact Person Picture

Anna Canistro

M.A. European Master in Government

Manager

+49 911 9193 1553

Anfrage senden

WIR BERATEN SIE GERN!

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu