Neuregelung der Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand – §2b UStG

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​veröffentlicht am 28. Oktober 2015

 

Die Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand wird mit Wirkung ab dem 01. Januar 2016 völlig neu geregelt. Einerseits werden aus europarechtlichen Gründen einige Aktivitäten der öffentlichen Hand nunmehr zusätzlich in den Bereich der Umsatzsteuerbarkeit einbezogen. Andererseits bietet sich jedoch im Rahmen der Zusammenarbeit von juristischen Personen der öffentlichen Hand die Chance, dass bisher als umsatzsteuerbar qualifizierte Tätigkeiten nicht mehr der Umsatzbesteuerung unterfallen.

 

Finanzverwaltung und Gesetzgeber sind tätig geworden, um die Umsatzbesteuerung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts („jPdöR”) den Vorgaben der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes und des Europäischen Gemeinschaftsrechts anzugleichen. Die Neuregelung des § 2b Umsatzsteuergesetz tritt zum 1. Januar 2016 in Kraft. Allerdings ist eine Übergangsregelung vorgesehen, wonach für sämtliche vor dem 1. Januar 2017 ausgeführten Leistungen die bisherige Rechtslage anzuwenden ist. Zusätzlich wird den jPdöR in dem neu eingeführten § 27 Abs. 22 UStG die Möglichkeit einer sogenannten Option eingeräumt. Die jPdöR kann dem Finanzamt gegenüber einmalig erklären, dass sie § 2 Abs. 3 UStG in der am 31. Dezember 2015 geltenden Fassung für sämtliche nach dem 31. Dezember 2016 und vor dem 1. Januar 2021 ausgeführte Leistungen weiterhin anwenden möchte. Eine Beschränkung der Erklärung auf einzelne Tätigkeitsbereiche oder Leistungen ist nicht zulässig. Die Erklärung ist bis zum 31. Dezember 2016 abzugeben. Sie kann nur mit Wirkung vom Beginn eines auf die Abgabe folgenden Kalenderjahres widerrufen werden.
 

Umsetzung der BFH Rechtsprechung

Nach derzeit geltendem Recht sind Regie- oder Eigenbetriebe gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (BgA) i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 6 und § 4 KStG sowie ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe unternehmerisch tätig. Durch diese Bindung an den körperschaftsteuerlichen Begriff des Betriebs gewerblicher Art unterliegt insbesondere die vermögensverwaltende Tätigkeit der öffentlichen Hand, die nach Körperschaftsteuerrecht grundsätzlich keinen Betrieb gewerblicher Art darstellt, nicht der Umsatzbesteuerung. Selbst rein mechanische oder bürotechnische Vor- und Nebenarbeiten sind umsatzsteuerlich unbeachtlich, obwohl diese Teilaufgaben auch von privatwirtschaftlich organisierten Dritten erledigt werden könnten. Auch Beistandsleistungen unterlagen weder der Körperschaftsteuer noch der Umsatzsteuer. Diese Verwaltungspraxis hatte der BFH in seinem Urteil vom 10. November 2011 (V R 41/10) verworfen und dabei die entgeltliche Überlassung einer Sporthalle durch eine Kommune an eine andere Kommune als unternehmerische und damit umsatzsteuerbare Tätigkeit angesehen. Diese Fälle sind auch unter der Neuregelung identisch zu der derzeitigen Rechtslage im Sinne der BFH-Rechtsprechung zu behandeln:
 
BFH Rechtsprechung

 

 

Der neue § 2b UStG hat unter anderem zur Folge, dass zahlreiche und wesentliche Besteuerungsprivilegien der öffentlichen Hand aufgehoben werden sollen. Jede Tätigkeit von juristischen Personen des öffentlichen Rechts auf privatrechtlicher Grundlage soll nunmehr als unternehmerisch eingestuft werden. Nicht als Unternehmer i.S.d. UStG sind jPdöRs anzusehen, wenn es sich um eine Tätigkeit handelt, die der jeweiligen jPdöR im Rahmen der Ausübung öffentlicher Gewalt obliegt und die Nichtbesteuerung nicht zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führt. Diese Regelung entspricht weitestgehend dem Wortlaut des Art. 13 MwStSystRL.
   
Diese Tätigkeiten sind solche, bei denen die juristische Person des öffentlichen Rechts hoheitlich im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Sonderreglung tätig wird. Aufgrund dieses Regelungsgehaltes ist davon auszugehen, dass künftig der gesamte Bereich der Vermögensverwaltung umsatzsteuerbar sein wird. Wir gehen jedoch davon aus, dass sich die Kommune in vielen Fällen auf die zahlreichen Steuerbefreiungstatbestände des § 4 UStG beziehen kann und sich die Auswirkungen im Bereich der Vermögensverwaltung daher in Grenzen  halten werden.
  

Besteuerung der Beistandsleistungen

Abweichend von der bisherigen Verwaltungsauffassung sind Beistandsleistungen zwischen jPdöR nicht mehr nach dem Charakter der jeweiligen Tätigkeit zu beurteilen, sondern vorwiegend nach der Handlungsform des Zusammenwirkens mehrerer jPdöR.
  
Nach der Neuregelung soll eine nichtunternehmerische Tätigkeit auch dann anzunehmen sein, wenn beispielsweise ein Kommunalunternehmen (Anstalt des öffentlichen Rechts) an seine Gewährträgerin (Kommune) Leistungen erbringt, die dem hoheitlichen Bereich zuzuordnen sind. Dies können Leistungen sein, die grundsätzlich auch ein privater Dritter erbringen könnte. Entscheidend ist, ob sie das Kommunalunternehmen auf öffentlich-rechtlicher Grundlage, wie zum Beispiel auf Basis eines öffentlich-rechtlichen Vertrages nach den Vorgaben des Verwaltungsverfahrensgesetzes erbringt. Das vereinbarte Entgelt darf nur zu einer Kostendeckung führen.
  

Keine „Wettbewerbsverzerrung”

Während bisher für die Frage der Umsatzsteuerbarkeit der jPdöR auf die Kriterien des Körperschaftsteuerrechts abgestellt wurde, werden nunmehr mit der Einführung des § 2b UStG eigene Grenzen definiert. Der Gesetzgeber sieht diese Grenze dann als überschritten an, wenn die Tätigkeit der jPdöR zu einer Wettbewerbsverzerrung führt. Keine Wettbewerbsverzerrung und demnach keine Umsatzsteuerbarkeit liegen daher dann vor, wenn die Bagatellumsatzgrenze von 17.500 EUR pro Jahr nicht überschritten ist. Diese Grenze ist der sogenannten „Kleinunternehmerregelung” des § 19 UStG entnommen. Nach der aktuell noch geltenden Rechtslage tritt die Umsatzsteuerbarkeit hingegen erst bei Überschreiten der Umsatzgrenze von 30.678 EUR ein.
 
Auch die Voraussetzungen für die Nichtsteuerbarkeit der interkommunalen Zusammenarbeit sind geregelt. Es werden Abgrenzungskriterien festgelegt für den Fall der Zusammenarbeit von jPdöR im Hinblick auf die Frage, wann eine Nichtbesteuerung dieser „Leistungsaustauschbeziehungen” zu keinen größeren Wettbewerbsverzerrungen führt. Derartig einzustufende Leistungen werden von der Besteuerung ausgenommen. Die Neuregelung behandelt auch die Bereiche, die unabhängig von den Fragen der „Erbringung von Leistungen im hoheitlichen Bereich“ und der „Wettbewerbsverzerrung” umsatzsteuerbar sind. Hier wird u.a. auf die Europäische Mehrwertsteuersystemrichtlinie verwiesen, was zur Folge hat, dass beispielsweise Energie- und Wasserlieferungen stets umsatzsteuerpflichtig sind.

  
Umsatzsteuerliche Grundaussagen für interkommunale Zusammenarbeit

Denkbare Konstellationen können wie in der unteren Grafik dargestellt werden:
  
Interkommunale Kooperationen müssen folgende Voraussetzungen erfüllen, um als nicht steuerbar behandelt zu werden: Die Leistungen müssen auf langfristigen öffentlich-rechtlichen Vereinbarungen beruhen und müssen dem Erhalt der öffentlichen Infrastruktur und der Wahrnehmung einer allen Beteiligten obliegenden öffentlichen Aufgabe dienen. Zudem dürfen die Leistungen ausschließlich gegen Kostenerstattung erbracht werden und der Leistende muss gleichartige Leistungen im Wesentlichen an andere juristische Personen des öffentlichen Rechts erbringen.
 
Interkommunale Zusammenarbeit

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