Änderungen im Einkommensteuergesetz

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Veräußerung von Dividendenansprüchen

Bei einer Veräußerung von Dividendenansprüchen, ohne dass die dazugehörigen Aktien oder sonstigen Anteile mitveräußert werden, erzielt der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 2 S. 1 Buchst. a EStG. Eine Besteuerung der (späteren) Dividendeneinkünfte scheidet in diesem Fall nach § 20 Abs. 2 S. 1 Buchst. a S. 2 EStG aus, um eine Doppelbesteuerung (Besteuerung der Dividendenzahlung und zusätzlich Besteuerung des Veräußerungsgewinns) zu vermeiden.
 
Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass durch § 20 Abs. 2 S. 1 Buchst. a S. 2 EStG alte Fassung eine Besteuerung der (späteren) Dividendeneinkünfte grundsätzlich ausgeschlossen ist. Dies soll auch in den Fällen gelten, in denen der Veräußerungsgewinn tatsächlich nicht besteuert wird. Eine Nichtbesteuerung des Veräußerungsgewinns kann sich insbesondere ergeben, wenn ein Steuerausländer die Gewinnansprüche an einer deutschen Kapitalgesellschaft an einen anderen Steuerausländer veräußert. Die Veräußerung der Gewinnansprüche führt nicht zu einer beschränkten Steuerpflicht des veräußernden Steuerausländers nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 EStG und somit zu keiner Besteuerung in Deutschland. Wird § 20 Abs. 2 S. 1 Buchst. a S. 2 EStG alte Fassung entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung dahin ausgelegt, dass er einer Besteuerung der späteren Dividende absolut entgegensteht, können Gewinnausschüttungen bei entsprechender Gestaltung vollständig steuerfrei vereinnahmt werden.
 
Mit der Neufassung des § 20 Abs. 2 S. 1 Buchst. a S. 2 EStG wird nunmehr die Verwaltungsmeinung gesetzlich normiert: nur insoweit, als der Veräußerungsgewinn aus Gewinnansprüchen tatsächlich der Besteuerung unterliegt, wird die spätere Dividendenzahlung von der Besteuerung ausgenommen. Hierdurch soll eine Einmalbesteuerung der Dividendenzahlungen sichergestellt werden.
 
Die geänderte Regelung des § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG ist erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2014 anzuwenden.
 

Erträge aus erworbenen Versicherungsansprüchen

Werden Versicherungsleistungen bei Eintritt des Versicherungsfalls, also bei Eintritt des versicherten Risikos, bezogen (z. B. aus einer Lebensversicherung im Todesfall), sind diese Leistungen grundsätzlich nicht als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern, da hier der Vorsorgecharakter im Vordergrund steht. Kapitalauszahlungen aus einer Lebensversicherung im Erlebensfall haben dagegen nach der Wertung des Gesetzgebers Anlagecharakter und sind deshalb steuerpflichtig (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG). Die Veräußerung eines Versicherungsanspruchs ist ebenfalls steuerpflichtig, weil nunmehr die Absicherung des versicherten Risikos nicht mehr von Bedeutung ist und somit der Zweck der Risikovorsorge verloren geht. Vielmehr steht auch bei einer Veräußerung eines Versicherungsanspruchs die Realisierung der bisher erworbenen Ansprüche und damit der Kapitalanlageaspekt im Vordergrund. 
 
Auf dem Versicherungsmarkt werden Anlagemodelle mit „gebrauchten” Lebensversicherungen vertrieben, die gezielt auf die Auszahlung im Todesfall der versicherten Person an den Erwerber setzen. Diese Modelle versprechen einerseits kalkulierte Erträge in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen der Versicherungssumme und der Aufwendungen für die Anschaffung und den Erhalt des Versicherungsanspruchs beim Erwerber, indem eine Vielzahl von geeigneten Versicherungsverträgen in einem Pool zusammengefasst wird. Andererseits sollen sie dem Anleger die Möglichkeit bieten, diese Erträge steuerfrei zu realisieren.
 
Da auch bei diesen Modellen nicht der Vorsorgecharakter der Versicherungsleistung, sondern ausschließlich die Rendite im Fokus der Kapitalanlage steht, gehören nach dem neu eingefügten § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 7 EStG zukünftig auch Erträge aufgrund von Versicherungsleistungen im Erlebensfall aus entgeltlich erworbenen Versicherungsverträgen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Erfasst werden sowohl Lebensversicherungen als auch andere vergleichbare Versicherungen, wie beispielsweise Dread-Disease-Versicherungen.
 
Keine Anwendung findet die Regelung, wenn die versicherte Person selbst den Versicherungsanspruch von einem Dritten erwirbt, beispielsweise vom Arbeitgeber wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses, oder wenn aus anderen Rechtsverhältnissen entstandene Abfindungs- und Ausgleichsansprüche arbeitsrechtlicher, erbrechtlicher oder familienrechtlicher Art durch Übertragung von Versicherungsansprüchen erfüllt werden, z. B. bei einem Versorgungsausgleich im Scheidungsfall (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 8 EStG). Hier verbleibt es bei der Steuerfreiheit wegen der weiterhin gültigen Vorsorgefunktion.
 
Die Regelungen des § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 7 und 8 EStG sind auf Versicherungsleistungen anzuwenden, die auf Grund eines nach dem 31. Dezember 2014 eingetretenen Versicherungsfalles ausgezahlt werden (§ 52 Abs. 28 S. 7 EStG).
 

Ausweitung § 50i EStG: Wegzugs- und Enstrickungsregelung – Veräußerungsgewinnbesteuerung gewerblich geprägter Personengesellschaft mit ausländischem Gesellschafter

    Im Inland steuerverstrickte stille Reserven

    Stille Reserven in Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens oder wesentlichen Beteiligungen i. S. d § 17 EStG unterliegen grundsätzlich im Zeitpunkt der Realisierung (durch Veräußerung oder Entnahme) der Besteuerung. Wird das Besteuerungsrecht Deutschlands für die Veräußerung solcher Wirtschaftsgüter insbesondere durch einen Wegzug des Steuerpflichtigen eingeschränkt, sind die stillen Reserven im Zeitpunkt des Wegzugs auch ohne einen Realisationstatbestand entweder nach § 4 Abs. 1 S. 3, 4 EStG, wenn sich die Wirtschaftsgüter im Betriebsvermögens des Steuerpflichtigen befinden, oder nach § 6 AStG, wenn es sich um Anteile nach § 17 EStG handelt, zu versteuern.
     
    Bislang galten jedoch Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens oder Anteile i. S. d. § 17 EStG als weiterhin in Deutschland steuerverstrickt, wenn sie in eine gewerbliche Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG) überführt oder übertragen bzw. hierin gehalten wurden. Dies galt auch dann, wenn die Personengesellschaft, wie z. B. eine reine Holding in der Rechtsform der klassischen GmbH & Co. KG, lediglich gewerblich geprägt war (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG). Um eine Entstrickungs- bzw. Wegzugsbesteuerung im Zeitpunkt des Wegzugs zu vermeiden, haben daher Steuerpflichtige in der Vergangenheit vielfach Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens oder Anteile i. S. d. § 17 EStG in eine solche gewerblich geprägte Personengesellschaft übertragen oder überführt.
     

    Geänderte Auffassung des BFH zur Behandlung von gewerblich geprägten Personengesellschaften im internationalen Steuerrecht

    Der BFH hat jedoch seine Auffassung zur steuerlichen Behandlung von gewerblich geprägten Personen-gesellschaften im internationalen Steuerrecht geändert. Bislang war der BFH davon ausgegangen, dass nicht nur originär gewerbliche Personengesellschaften, sondern auch gewerblich geprägte Personengesellschaften Unternehmensgewinne nach Art. 7 OECD-MA erzielen, wonach Deutschland als Betriebsstättenstaat das Besteuerungsrecht zugewiesen wird. Nach neuerer Rechtsprechung des BFH (z. B. Urteil vom 28. April 2010, I R 81/09, BFH/NV 2010, S. 1550 und Urteil vom 24. August 2011, I R 46/10, BFH/NV 2011, S. 2165) reicht abkommensrechtlich für die Erzielung von Unternehmensgewinnen eine gewerbliche Fiktion nicht mehr aus. Vielmehr muss eine originär gewerbliche Tätigkeit der Personengesellschaft gegeben sein, damit Unternehmensgewinne nach Art. 7 OECD-MA vorliegen. 
     
    Die geänderte Auffassung des BFH hat zur Konsequenz, dass für die Einkünfte von gewerblich geprägten Personengesellschaften und damit auch für Veräußerungs- oder Entnahmegewinne die entsprechenden Verteilungsartikel zur Anwendung kommen, wonach regelmäßig dem Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtigen das Besteuerungsrecht eingeräumt wird. In Zukunft schirmt daher eine rein gewerblich geprägte Personengesellschaft im Falle des Wegzugs in einen DBA-Staat  nicht mehr vor einer Entstrickungs- bzw. Wegzugsbesteuerung nach § 4 Abs. 1 S. 3, 4 EStG, § 6 AStG ab. Soweit in der Vergangenheit Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens oder Anteile i. S. d. § 17 EStG steuerneutral in eine gewerblich geprägte Personengesellschaft übertragen oder überführt wurden, hat die geänderte Auffassung des BFH jedoch eine Besteuerungslücke eröffnet: beim anschließendem Wegzug ist die nach neuer Auffassung notwendige Besteuerung unterblieben, sie kann meist nicht mehr nachgeholt werden, auch weil häufig verbindliche Auskünfte zu solchen Abschirmgestaltungen vorliegen, und die Besteuerung eines späteren Veräußerungsgewinns wäre nach DBA-Recht aufgrund der neuen BFH-Rechtsprechung nicht mehr möglich.
     Einführung des § 50i EStG im Jahr 2013
    Um aufgrund dieser Lücke absehbare Steuerausfälle zu vermeiden, hat der Gesetzgeber mit dem Amtshilferichtlinien-Umsetzungsgesetz vom 29. Juni 2013 § 50i EStG eingeführt. Nach dieser Regelung werden die Veräußerung oder die Entnahme von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens oder Anteilen i. S. d. § 17 EStG, die in eine gewerblich geprägte Personengesellschaft zum Buchwert und damit steuerneutral überführt oder übertragen wurden, ungeachtet entgegenstehender Regelungen in einem Doppelbesteuerungsabkommen in Deutschland besteuert. (Hinweis: entsprechendes gilt für die laufenden Einkünfte aus solchen Personengesellschaften). Voraussetzung ist, dass der Steuerpflichtige die Übertragung oder Überführung der Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens oder der Anteile i. S. d. § 17 EStG vor dem 29. Juni 2013 vorgenommen hat und anschließend in einen DBA-Staat verzogen ist (§ 50i Abs. 1 EStG). Erfasst werden auch reine Besitz-Personengesellschaften (oder –Einzelunternehmen) im Rahmen einer Betriebsaufspaltung. Mit dieser Regelung wurde die Steuerfolge (wieder-)hergestellt, mit der der Steuerpflichtige im Zeitpunkt der Übertragung oder Überführung der Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens oder Anteile i. S. d. § 17 EStG in eine gewerblich geprägte Personengesellschaft auch gerechnet hatte.
     

    Erweiterung des Anwendungsbereiches des § 50i EStG

    An die Finanzverwaltung wurden in den vergangenen Monaten Steuergestaltungen herangetragen, die entgegen der Intention des § 50i EStG in Altfällen die Möglichkeit zu einer steuerfreien Entstrickung eröffnet hätten (in der Presse - FAZ vom 19. März 2014 - wurde hierüber unter dem Stichwort „Porsche-Modell“ bereits berichtet). Aufgrund dessen hat der Gesetzgeber im StÄndAnpG-Kroatien reagiert und den Anwendungsbereich des § 50i EStG auch auf nachfolgende Gestaltungen erweitert.
     
    Einer Übertragung oder Überführung von Anteilen i. S. d. § 17 EStG in das Betriebsvermögen einer Personengesellschaft wird die Gewährung neuer Anteile an eine Personengesellschaft im Rahmen der Einbringung eines Betriebs oder Teilbetriebs oder eines Mitunternehmeranteils dieser Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft nach § 20 UmwStG gleichgestellt. Voraussetzung ist, dass die Einbringung in die Kapitalgesellschaft vor dem 29. Juni 2013 erfolgte und die Personengesellschaft vor der Übertragung eine gewerbliche Tätigkeit nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG ausgeübt oder gewerbliche Einkünfte nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 bezogen hat und nach der Einbringung als gewerblich geprägte oder gewerblich infizierte Perso-nengesellschaft weiter besteht (§ 50i Abs. 1 S. 2 EStG neue Fassung). Sofern die Einbringung vor dem 29. Juni 2013 vorgenommen wurde gilt diese Regelung sowohl dann, wenn der Steuerpflichtige bereits ins DBA-Ausland verzogen ist als auch wenn der Steuerpflichtige noch ins DBA-Ausland verziehen wird. Hierdurch soll gesichert werden, dass sich Steuerpflichtige auch nicht durch Umstrukturierungen auf Ebene der Personengesellschaft der Besteuerung nach § 50i EStG entziehen können.
     
    Die Regelung ist anzuwenden auf Veräußerungen oder Entnahmen der entstandenen Anteile an der Kapitalgesellschaft, die nach dem 29. Juni 2013 erfolgen.
     
    Zur Vermeidung zukünftiger Steuergestaltungen sieht das StÄndAnpG-Kroatien weiterhin die Bewertung zum gemeinen Wert anstatt zum Buchwert in den folgenden Fällen vor (§ 50i Abs. 2 EStG):
     
    • Übertragung oder Überführung von Sachgesamtheiten, die Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens und Anteile i. S. d. § 50i Abs. 1 EStG enthalten, im Rahmen von Umwandlungen oder Einbringungen i. S. d. § 1 UmwStG, die nach dem Wegzug erfolgen;
    • Übertragung oder Überführung von Wirtschaftsgütern oder Anteilen i. S. d. § 50i Abs. 1 EStG
           - aus dem Gesamthandsvermögen der gewerblich geprägten oder gewerblich infizierten Personen-         gesellschaft oder 
           - aus dem Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers der gewerblich geprägten oder infizierten
             Personengesellschaften oder
           - eines Mitunternehmeranteils der gewerblich oder gewerblich infizierten Personengesellschaft
    • Beim Strukturwandel durch Nutzung von Wirtschaftsgütern oder Anteilen i. S. d. § 50i Abs. 1 EStG eine originär gewerbliche Tätigkeit.
     
    Anwendung findet diese Neuregelung für Umwandlungen, Einbringungen, Übertragungen oder Überführungen sowie für einen Strukturwandel nach dem 31. Dezember 2013.
     

    Hinweise für die Praxis

 

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Dr. Hans Weggenmann

Diplom-Kaufmann, Steuerberater

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