Neu Entscheidung des Bundessozialgerichts: „Krankenhäuser müssen Zahlungen für Umsatzsteuer auf Arzneimittelzubereitungen an Krankenkassen erstatten”

PrintMailRate-it

veröffentlicht am 29. April 2019; Autor: Lorenz Bonkhoff

 

Das Bundessozialgericht (BSG) hat am 9. April 2019 in dem Verfahren mit dem Az. B1 KR 5/ 19R entschieden, dass das beklagte Krankenhaus der klagenden Krankenkasse die Umsatzsteuer zurück zu erstatten hat, welche das Krankenhaus an die Krankenkasse gezahlt hat.

 

Dies soll gelten, soweit Krankenhäuser und Krankenkassen die Zahlung von Nettopreisen zuzüglich der jeweiligen Umsatzsteuer vereinbart haben. So zumindest die Pressemitteilung, welche das BSG zwischenzeitlich veröffentlicht hat.

 

Liest man die Pressemitteilung und die Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg (Az. L 11 KR 4621/16), welche das BSG hier zu prüfen hatte, wird man feststellen müssen, dass hier voraussichtlich eine erhebliche Ungenauigkeit in der Pressemittelung vorliegt.

 

Gegenstand des entschiedenen Verfahrens war zunächst lediglich die Rückforderung von Umsatzsteuer auf Herstellungspauschalen für patientenindividuelle Zubereitungen.

 

Ein erheblicher Anteil der in der Vergangenheit von den Krankenhäusern gegenüber den Kassen abgerechneten Umsatzsteuer bezog sich allerdings nicht auf die Herstellungspauschale, sondern auf den Materialpreis der abgegeben Medikamente. Zur Frage der Rückforderung der Umsatzsteuer auf den Materialpreis konnte das BSG jedoch nicht entscheiden. Ein entsprechendes Revisionsverfahren gegen eine Urteil des LSG Baden-Württemberg (Az. L 11 KR 1723/17) wurde durch Vergleich beendet.

 

Nach der Pressemitteilung steht der Krankenkasse ein Rückzahlungsanspruch aus ergänzender Auslegung des Vertrags mit dem Krankenhaus zu. Es wird wohl angenommen, dass die Parteien, wenn Sie um die Umsatzsteuerfreiheit den betroffenen Leistungen gewusst hätten, eine entsprechende Preisereduktion vereinbart hätten. Sollte das beklagte Krankenhaus mangels Korrekturmöglichkeit der Umsatzsteuererklärungen die abgeführte Steuer nicht mehr vom Finanzamt zurückfordern können, soll die Krankenkasse eventuell auch Schadenersatzansprüche gegenüber der Klinik haben. Der Pressemitteilung lässt sich nicht entnehmen unter welchen Umständen und in welcher Höhe der Schadenersatz zu leisten wäre. Hierzu sollte die noch ausstehende Urteilsbegründung mehr Informationen bieten.

 

Anders als bei den Entscheidungen des BGH vom 20. Februar 2019 (AZ. VIII ZR 7/18; VIII ZR 66/18, VIII ZR 115/18; VIII ZR 189/18) zur Rückforderung der Umsatzsteuer bei patientenindividuellen Zubereitungen wird hier weder die Anrechnung der Vorsteuer noch eventuell Verzinsung des wegfallenden Vorsteuerabzugs zugunsten des Finanzamts thematisiert. Inwieweit dies mit dem eingeschränkten Gegenstand des betroffenen Urteils, also der Frage der Rückforderung der Umsatzsteuer auf die Herstellungspauschale und nicht auf die Materialkosten, zu tun hat, wird man erst nach Prüfung des veröffentlichten Urteiles absehen können.

 

Weiteres Vorgehen

 

Die stark verkürzte Pressemitteilung ist unzureichend um als Entscheidungsgrundlage zu dienen, so dass die Urteilsbegründung abzuwarten ist, um nach deren Auswertung die Forderungen der Kassen im Einzelfall zu prüfen. Nicht zuletzt wegen der unterschiedlich ausgestellten Regelungen in den Rahmenvereinbarungen § 129a SGB V und der Ausschlussfrist des § 325 SGB V ist mit einer heterogenen Rechtslage zu rechnen.

Aus dem Newsletter

Kontakt

Contact Person Picture

Norman Lenger-Bauchowitz, LL.M.

Mediator & Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachberater für Restrukturierung & Unternehmensplanung (DStV e.V.)

Partner

+49 911 9193 3713

Anfrage senden

Profil

Wir beraten Sie gern!

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu