Neue Entscheidung des BSG: Honorarärzte im Krankenhaus sind regelmäßig sozialversicherungspflichtig

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veröffentlicht am 21. Juni 2019; Autoren: Daniel Finsterer, Lorenz Bonkhoff

 

Das Bundessozialgericht (BSG) hat jüngst entschieden, dass Honorarärzte die in einem Krankenhaus tätig sind, regelmäßig nicht als Selbstständige, sondern als abhängig Beschäftigte nach § 7 SGB IV anzusehen sind. Die Kliniken müssen hier aktiv werden. Andernfalls drohen empfindliche Nachforderungen und strafrechtliche Konsequenzen für die Verantwortlichen.

 

Das BSG hat sich in einer jüngst ergangen Entscheidung (B 12 R 11/18 R als Leitfall) zur Abgrenzung von selbständiger und unselbständiger Arbeit nach § 7 Abs.1 SGB IV geäußert. Streitgegenständlich war vorliegend die statusrechtliche Beurteilung einer als Honorarärztin im Krankenhaus tätigen Anästhesistin. Hier wurde die abhängige Beschäftigung bejaht bzw. die Selbständigkeit verneint.

 

Zwar wird man bis zur abschließenden Bewertung des genannten Urteils die Veröffentlichung der Urteilsgründe abwarten müssen. Aus der Pressemitteilung des Gerichts lassen sich aber schon die nachfolgenden Schlüsse ziehen. Das Gericht hat demnach strikt die gesetzlichen Anhaltspunkte für die abhängige Beschäftigung nach § 7 Abs.1 Satz 2 SGB IV durchgeprüft und die abhängige Beschäftigung bejaht. Die Argumentation, wonach bei Diensten höherer Art bzw. aufgrund der höheren Qualität der ärztlichen Behandlung eine sozialversicherungsrechtliche Beschäftigung ausgeschlossen sei, lässt das BSG nicht gelten.

 

Das Gericht führt auch aus, dass Krankenhausärzte regelmäßig so eng in der Ablauforganisation des Krankenhauses eingebunden wären, dass eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Krankenhauses bestünde. Unternehmerischen Freiraum sieht das Gericht dabei bei den Honorarärzten kaum bzw. weist diesem in der Gesamtbetrachtung nur eine untergeordnete Bedeutung zu.

 

Erwartungsgemäß ist das Gericht auch der Meinung, dass ein etwaiger Fachkräftemangel im Gesundheitswesen keinen Einfluss auf die sozialrechtliche Bewertung der Versicherungspflicht hat. Eine gegenteilige Argumentation wird daher abgelegt.

 

Bewertung

Für die Kliniken schafft die vorliegende Entscheidung zumindest Rechtssicherheit, setzt diese aber auch in Zugzwang. Nach dieser Entscheidung wird man kaum noch einen Anwendungsbereich für die selbständige Tätigkeit des Honorararztes im Krankenhaus finden. Die Kliniken werden auf alternative Gestaltungsmöglichkeiten ausweichen müssen. Eine kurzzeitige Beschäftigung oder eine Arbeitnehmerüberlassung ist hier eventuell ein brauchbares Modell. Welche Konstellation für die betroffenen Kliniken bzw. Ärzte interessengerecht ist, wird vom Einzelfall abhängen.

 

Für die Kliniken sollte nun aber zunächst der Fokus darauf liegen, die negativen Konsequenzen einer fehlerhaften sozialversicherungsrechtlichen Einordnung der Honorarärzte zu begrenzen. Für die betroffenen Kliniken könnte es hier zu erheblichen Nachforderungen seitens der Deutschen Rentenversicherung und zu Lohnsteuernachforderungen seitens des Finanzamts kommen. Bei Zahlungsaufforderungen seitens der Deutschen Rentenversicherung ist jedoch zudem auch die Befreiung von der Versicherungspflicht für die ärztliche in der gesetzlichen Rentenversicherungen individuell für jeden Arzt zu prüfen. Für die betroffene Klinikleitung bzw. die jeweiligen Geschäftsführer stehen potenzielle strafrechtlichen Vorwürfe wegen Sozialversicherungsbetrug nach § 266a StGB bzw. wegen Steuerhinterziehung im Raum. Es kann hier also nur davon abgeraten werden, die Hände in den Schoß zu legen und die Angelegenheit auf sich zukommen zu lassen. Darüber hinaus können sich aus möglichen Nachforderungen je nach Umfang der Einsatzzeiten von Honorarkräften auch erhebliche betriebswirtschaftliche Auswirkungen ergeben, welche ggf. auch rückwirkend aufgrund des Vorsichtsprinzips in der Rechnungslegung in Form von Rückstellungen bzw. Verbindlichkeiten zu beachten sind.

 

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Daniel Finsterer

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