BSG-Urteil zu HFNC-Fällen vom 30. Juli 2019

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veröffentlicht am 28. November 2019

 

Nach Urteil des Bundessozialgerichts vom 30. Juli 2019 dürfen Krankenhäuser Zeiten der Atemunterstützung eines Neugeborenen oder Säuglings mittels der High-Flow-Nasenkanüle (HFNC) nicht als Stunden maschineller Beatmung kodieren. Diese werden nicht zusätzlich vergütet.

 

Das vor dem BSG klagende Krankenhaus behandelte ein 5 Monate altes Kleinkind vollstationär wegen akuter Bronchiolitis zeitweise auf der Kinder-Intensivstation. Das Kleinkind wurde mit Hilfe einer High-Flow-Nasenkanüle (HFNC) über Brille beatmet. Das klagende Krankenhaus kodierte neben der Prozedur nach dem 2017 geltenden OPS 8-711.4 (Atemunterstützung durch Anwendungen von High-Flow-Nasenkanülen) 66 Beatmungsstunden und berechnete die Fallpauschale E40C (Krankheit und Störungen der Atmungsorgane mit Beatmung >24 Stunden, mehr als 2 Belegungstage, mit komplexer Prozedur, ohne äußerst schwere CC, außer bei Para-/Tetraplegie; Rechnung vom 03.04.2017).

 

Auf den Gesamtbetrag von 8.656,96 Euro zahlte die beklagte Krankenkasse lediglich 2.769,25 Euro nach der niedriger vergüteten DRG E70A (Keuchhusten und akute Bronchiolitis, Alter < 3 Jahre) mit der Begründung Beatmungsstunden seien bei der Atemunterstützung durch HFNC nicht zu berechnen.

 

Das Krankenhaus rügte mit seiner Revision vor dem BSG die Verletzung der Kodierregel DKR (2017) 1001l iVm OPS 8-711. Demnach solle durch die Zuordnung der Atemunterstützung durch HFNC (OPS 8-711.4) zur Subkategorie 8-711 (Maschinelle Beatmung und Atemunterstützung bei Neugeborenen und Säuglingen) die Regelungen des DKR (2017) auch zur Dokumentation von Beatmungsstunden beim HFNC-System anwendbar sein.

 

Das BSG entschied hierzu, dass die Revision der Klägerin unbegründet sei. Der Vergütungsanspruch des klagenden Krankenhauses sei zwar unstreitig entstanden, das Krankenhaus hätte jedoch im konkreten Behandlungsfall keine Beatmungsstunden abrechnen dürfen.

 

Einen Anspruch nach der geltend gemachten DRG E40C bestehe nicht, da für die Behandlung keine Beatmungszeit hätte kodiert werden dürfen.

 

Die von der Klägerin abgerechnete DRG E40C setzt die zulässige Kodierung von mehr als 24 Beatmungsstunden, nämlich mindestens 25 Stunden voraus. Bei einer kürzeren oder gar vollständig fehlenden Beatmungszeit wird im Groupierungsvorgang, die von der beklagten Krankenkasse berücksichtigte und vergütete DRG E70A angesteuert.

 

Bei der Behandlung mittels HFNC handelt es sich weder um eine maschinelle Beatmung, noch um einer solchen maschinellen Beatmung gleichgestellten. Eine Entwöhnung von einem Beatmungsgerät im Sinne der DKR lag ebenfalls nicht vor. Entscheidend ist allein, ob die konkrete Form der Beatmung die Definition der maschinellen Beatmung iS der DKR 1001l erfüllt.

 

Die Behandlung mittels HFNC ist eben keine maschinelle Beatmung im Sinne der maßgeblichen Kodierregel und dieser auch nicht gleichgestellt. Der Säugling war weder intubiert oder tracheotomiert noch erfolgte eine Beatmung über ein Maskensystem.

 

Die Entscheidung des BSG führte somit dazu, dass das Krankenhaus einen Abschlag von 68 % auf den Gesamtbetrag der abgerechneten Leistungen hinnehmen musste.

 

Aufgrund dieser letztinstanzlichen Entscheidung muss davon ausgegangen werden, dass die Krankenkassen die oben genannten Leistungen grundsätzlich mit einem Abschlag oder nach einer anderen DRG vergüten werden.

 

Den Krankenhäusern wird empfohlen die abgerechneten Fälle nach HFNC-Fällen zu analysieren. Sofern diese bereits bezahlt wurden und noch keine Verjährung für die MDK-Prüfung eingetreten ist, sollte aus Vorsichtsgesichtspunkten eine Rückstellung für den potentiell drohenden Abschlag aufgrund noch folgender MDK-Prüfungen gebildet werden. Wir empfehlen diese separat von der üblichen MDK-Rückstellung zu ermittelten, da es sich bei HFNC-Fällen in der Regel um teure Fälle handelt, bei denen hohe Abschläge hinzunehmen sind.

 

Bezüglich der abgerechneten aber noch nicht bezahlten Leistungen ist spiegelbildlich eine entsprechende Wertberichtigung auf die noch offenen Forderungen vorzunehmen.

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