Umsatzsteuerliche Behandlung von Gutachtertätigkeiten im Auftrag des MDK

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​veröffentlicht am 30. September 2021


Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 24.2.2021 entschieden, dass Leistungen einer Gutachterin, die im Auftrag des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Gutachten zur Pflegebedürftigkeit von Patienten erstellt, nach nationalem Recht nicht von der Umsatzsteuer befreit sind.

Die Richter urteilten, dass auch eine Steuerbefreiung nach dem Unionsrecht nicht zu gewähren ist.

 

Das nationale Umsatzsteuerrecht definiert in § 4 Nr. 18 Umsatzsteuergesetz (UStG) die Steuerbefreiung für Leistungen, welche eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden sind.

 

Um als eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden angesehen zu werden, müssen Dienstleistungen, welche die Erstellung von Gutachten zur Feststellung einer Pflegebedürftigkeit betreffen, nicht unmittelbar an die pflegebedürftigen Personen erbracht werden.

 

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte als Revisionsentscheidung über den Fall einer ausgebildeten Krankenschwester mit medizinischer Grundausbildung und akademischer Ausbildung im Bereich der Pflegewissenschaft sowie einer Weiterbildung in Qualitätsmanagement im Bereich der Pflege, welche für den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Gutachten zur Pflegebedürftigkeit von Patienten erstellt, zu urteilen.

 

Der MDK rechnete die Leistungen gegenüber der Krankenschwester monatlich ab, wobei er keine Umsatzsteuer auswies. Die Krankenschwester erklärte die Umsätze als umsatzsteuerfrei . Das veranlagende Finanzamt war der Auffassung, dass die Gutachtertätigkeit der Krankenschwester weder nach nationalem noch nach Unionsrecht umsatzsteuerfrei sei. Das vorgeschaltete Finanzgericht Niedersachsen gab der klagenden Krankenschwester dagegen mit Urteil vom 9.6.20161 Recht und sah die Umsätze als steuerfrei an.

 

Der BFH hob mit Urteil vom 24.2.20212 das stattgebende Urteil auf. Zwar handele es sich nach Ansicht der Richter bei den im Rahmen der Gutachtertätigkeit erbrachten Leistungen um eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen, jedoch scheitere im hier vorliegenden Streitfall die Umsatzsteuerfreiheit sowohl nach nationalem als auch nach Unionsrecht daran, dass die Krankenschwester nicht von der Bundesrepublik Deutschland als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannt ist.

 

Eine derartige Anerkennung folge insbesondere auch nicht aus der nur mittelbaren Kostenerstattung über den MDK.

 

 

Praxis-Tipp von Rödl & Partner

Die Leistungen aus der Gutachtertätigkeit eines nicht als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannten Leistungserbringers ist nicht steuerbefreit und somit zum Regelsteuersatz umsatzsteuerpflichtig.

 

 
Auch eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG kommt nicht zur Anwendung, es liegt keine steuerbefreite Heilbehandlung vor. Die Gutachtertätigkeit dient ihrem Hauptzweck nach weder der Behandlung, Linderung oder Vorbeugung einer Krankheit. Vielmehr dient sie als Grundlage für die Feststellung, in welcher Höhe dem Versicherten ein Anspruch auf Ersatz von Kosten nach dem Gesetz über die Pflegeversicherung zusteht.

Da es sich auch nicht um Leistungen zur Betreuung und Pflege von Personen handelt, scheidet ebenso eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 UStG aus. Auch für die Steuerbefreiungsvorschriften nach §§ 4 Nr. 15 und 15a UStG bedarf es der hier nicht vorliegenden Anerkennung als Einrichtung im Sinne der Befreiungsvorschrift (Träger der Sozialversicherung).

Die Gutachterin kann sich im Urteilsfalls auch nicht auf eine Steuerfreiheit nach Unionsrecht3 berufen. Auch das Unionsrecht fordert für die Umsatzsteuerbefreiung die nationale Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter.


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1 FG Niedersachsen vom 9.6.2016 (Az. 11 K 15/16)

2 BFH-Urteil vom 24.2.2021 (Az.XI R 30/20 (XI R 11/17))

3 Art. 132 Absatz 1 Buchstabe g MwStSystRL

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