Der neue Koalitionsvertrag – Was es in der neuen Legislaturperiode für die Gesundheits- und Sozialwirtschaft zu beachten gilt!

PrintMailRate-it

​veröffentlicht am 25. November 2021, Autoren: Tim Schilling, Norman Lenger-Bauchowitz


Der Koalitionsvertrag 2021–2025 zwischen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP vom 24.11.2021 steht. Die Herausforderungen im Gesundheitswesen werden mit Blick in den Koalitionsvertrag deutlich und klar ist auch: Es sind gleich mehrere Herausforderungen. Neben der Gesundheitsversorgung als solcher und der daran anknüpfenden Personalsituation wird es künftig um eine flächendeckend qualitativ hochwertige und modernere Gesundheitsversorgung gehen. Diese ist zu planen und adäquat zu vergüten. Welche Eckpunkte der Koalitionsvertrag sonst noch verrät, beleuchten wir in diesem Beitrag.
 
Im Zuge der Bundestagswahl vor knapp zwei Monaten lag das Ziel in der Bildung einer neuen Regierung, die sich der bevorstehenden Aufgaben wie Digitalisierung, Klimaschutz und Gesundheitsversorgung annimmt und diese bewerkstelligt. Neben den teilweise langfristigen Zielerreichungshorizonten, ging es ebenfalls um die konzentriertere Bewältigung akuter Krisen in einer Zeit die durch die Corona Pandemie bestimmt wird. Die Herausforderungen werden mit Blick in den Koalitionsvertrag deutlich und zeigen aber gleichzeitig die Notwendigkeit auf, sich mehreren Herausforderungen gleichermaßen zu stellen. Ein wichtiges Thema ist die Gesundheitsversorgung und die daran maßgeblich beteiligte Personalsituation in Pflegeberufen. Zukünftig gilt es sowohl eine flächendeckend qualitativ hochwertige und modernere Gesundheitsversorgung zu sichern, planen und adäquat zu vergüten, als auch eine bedarfsadaptierte Personalallokation zu ermöglichen. Diese Personalallokation muss auf einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen, der Vergütung und einer Reformation des Berufsbildes fußen.
 

Kernpunkte im Pflegebereich 

Die Pandemie hat gezeigt: Das Problem des Fachkräftemangels hat sich nochmal deutlich verschärft. Die Mitarbeitenden arbeiten an ihrer Belastungsgrenze. Vor diesem Hintergrund sollen 1 Milliarde Euro durch den Bund zur Verfügung gestellt werden, um die herausragende Leistung insbesondere in der Pandemie anzuerkennen. Heißt im Kern:

  • Der steuerfreie Pflegebonus soll auf 3.000 Euro angehoben werden.
  • Es sind wesentliche Anpassungen im Bereich der Pflegeversicherung vorgesehen wie z.B. Ausbau der Tages- und Nachtpflege sowie der Kurzzeitpflege mit Hilfe von gefördertem Wohnraum, der Dynamisierung des Pflegegeldes sowie der Prüfung einer paritätisch finanzierten Vollversicherung in Ergänzung zur Pflegeversicherung
  • Kurzfristige Einführung der Pflegepersonalregelung 2.0 (PPR 2.0) zur Personalbemessung im Krankenhaus
  • Beschleunigung des Personalbemessungsinstruments in der Langzeitpflege
  • Verbesserung der Löhne und Arbeitsbedingungen zur Schließung der Lücke zwischen Alten- und Krankenpflege
  • Flexibilisierung der Arbeitszeiten und möglichen Steuerbefreiungen
  • Harmonisierung der Ausbildung (Pflegeassistenz, Hebammenassistenz und Rettungssanitäter)
  • Schließung von Regelungslücken in Bezug auf die Ausbildungsvergütung (Ausbildung oder Studium)
  • Schaffung eines neuen Berufsbildes der „Community Health Nurse”
  • Entwicklung eines allgemeinen Heilberufegesetzes
  • Vereinfachung und Beschleunigung der notwendigen Gewinnung ausländischer Fachkräfte

 

Fokus Aus- und Weiterbildung in der Gesundheitsversorgung

Ohne eine qualifizierte Ausbildung geht es nicht. Vor diesem Hintergrund sieht der Koalitionsvertrag eine Aus- und Weiterbildungsoffensive vor. Im Einzelnen soll gelten:

  • Mittel für Weiterbildung in Fallpauschalen werden zukünftig nur an Kliniken ausgezahlt, die weiterbilden
  • Erstellung eines Konzepts zur Fortentwicklung der Qualifizierung von Ärztinnen und Ärzten zu medikamentösen Schwangerschaftsabbrüchen
  • Vermittlung digitaler Kompetenzen in der Ausbildung der Gesundheits- und Pflegeberufe sowie in Fort- und Weiterentwicklung
  • Stärkere Ausrichtung der Approbationsordnung auf Bereiche wie Digitalisierung, Ambulantisierung, Spezialisierung und Kooperationen

 

Digitalisierung soll weiter forciert werden

Das Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) treibt die Digitalisierung der Krankenhäuser derzeit voran. Durch den Krankenhauszukunftsfond (KHZF) können durch das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) Projekte mit einem Gesamtvolumen von bis zu 4,3 Milliarden Euro gefördert werden. Bis 31.12.2021 sind entsprechende Anträge bei den zuständigen Stellen noch möglich. Auch der Koalitionsvertrag sieht die weitere Digitalisierung im Gesundheitswesen als eine der wichtigsten Aufgaben der künftigen Regierung. Im Einzelnen geht es um:

  • Digitalisierung zur Entlastung der Pflege in Bezug auf Dokumentation, zur Förderung sozialer Teilhabe und für therapeutische Anwendung
  • Weiterführende Möglichkeiten telemedizinischer Leistungen
    • Telekonsile
    • Telesprechstunde
    • Telenotärztliche Versorgung
  • Beschleunigung der Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) und des E-Rezepts
  • Beschleunigung der Anbindung sämtlicher Akteure im Gesundheitswesen an die Telematikinfrastruktur
  • Überprüfung der Dokumentationspflichten unter Berücksichtigung des technischen Fortschritt

 

Ambulante vs. stationäre Gesundheitsversorgung

Vergleichen niedergelassene Ärzte die Vergütung für erbrachte Leistungen mit dem, was Kliniken abrechnen können, fühlen sie sich oft benachteiligt. Doch eine Harmonisierung der unterschiedlichen Strukturen ist – nicht zuletzt auch wegen etwaiger Vergütungsfragen - eine komplexe Angelegenheit. In Teilbereichen widmet sich der Koalitionsvertrag auch diesem Problem wie folgt:

  • Einführung einer sektorengleichen Vergütung durch Hybrid-DRG
  • Ausbau multiprofessioneller und integrierter Gesundheits- und Notfallzentren zur Sicherung der wohnortnahen und bedarfsgerechten Versorgung inkl. entsprechenden Vergütungsstrukturen
  • Weiterentwicklung der ambulanten Bedarfs- und stationären Krankenhausplanung zu einer sektorenübergreifenden Versorgungsplanung
  • Aufhebung der Budgetierung des hausärztlichen Honorars in unterversorgten Bereichen
  • Einführung eines Personalschlüssel zur 1:1 Betreuung durch Hebammen bei der Geburt

 

Krankenhausplanung

Nordrhein-Westfalen hat sich bereits auf den Weg gemacht, die Krankenhausplanung neu auszurichten. Mit dem neuen Krankenhausplan soll eine differenzierte Planungssystematik eingeführt werden, die effektive Steuerung, Transparenz und Qualität verbindet. Der Koalitionsvertrag hat das Thema ebenfalls aufgegriffen:

  • Krankenhausplanung soll zukünftig bedarfsgerechter werden und an Kriterien wie Erreichbarkeit und der demographischen Entwicklung bemessen werden
  • Mögliche Ergänzung der Krankenhausfinanzierung um erlösunabhängige Vorhaltepauschalen sollen in Abhängigkeit der Versorgungsstufe (Primär-, Grund-, Regel-, Maximalversorgung, Uniklinika) erfolgen
  • Kurzfristige Sicherstellung einer bedarfsgerechten und auskömmlichen Finanzierung für die Pädiatrie, Notfallversorgung und Geburtshilfe

Sie haben konkrete Fragen zu einzelnen Themen, die Sie konkret betreffen ? Gerne stehen wir Ihnen zur Verfügung und erörtern mit Ihnen Chancen und Möglichkeiten. Sprechen Sie uns gerne an!

Kontakt

Contact Person Picture

Norman Lenger-Bauchowitz, LL.M.

Mediator & Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachberater für Restrukturierung & Unternehmensplanung (DStV e.V.)

Partner

+49 911 9193 3713

Anfrage senden

Profil

Wir beraten Sie gern!

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu