Fehlende Gemeinnützigkeit bei Förderung abgeschlossener Personenkreise und Satzungserfordernisse

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​veröffentlicht am 31. Oktober 2022

 

Der BFH hat entschieden1: Eine Kinderbetreuungseinrichtung fördert nicht die Allgemeinheit und ist daher nicht gemeinnützig tätig, wenn sie sich bei der Platzvergabe vorrangig an den Belegungspräferenzen ihrer Vertragspartner orientiert und der geförderte Personenkreis keinen Ausschnitt der Allgemeinheit mehr darstellt2. Zudem ist eine Befreiung von der Körperschaftssteuer wegen Verfolgung mildtätiger Zwecke i.S.d. § 53 AO abzulehnen, wenn laut Satzung nur gemeinnützige, nicht aber auch mildtätige Zwecke verfolgt werden.

 

Mit seinem Urteil vom 01. Februar 2022 lehnte der Bundesfinanzhof (BFH) die Klage einer Kinderbetreuungseinrichtung und damit die Befreiung von der Körperschaftssteuer wegen gemeinnütziger Zwecke mit der Begründung ab, dass eine Förderung der Allgemeinheit i.S. von § 52 Abs. 1 Satz 2 AO nicht vorliegt, wenn der geförderte Personenkreis durch vertragliche Vereinbarungen über die Belegung der Betreuungsplätzen einer Kinderbetreuungseinrichtung so abgeschlossen ist, dass er nicht mehr als Ausschnitt der Allgemeinheit angesehen werden kann. Der BFH hatte schon in früheren Entscheidungen festgestellt, dass von einer Förderung der Allgemeinheit nach § 52 Abs. 1 Satz 2 AO nur dann auszugehen ist, wenn im Grundsatz jedermann freien Zutritt zu der Einrichtung  oder zu ihren Leistungen hat und sich der geförderte Personenkreis dementsprechend zumindest als Ausschnitt der Allgemeinheit darstellt.2

 

Die Klägerin hatte für die vier betriebenen Betreuungseinrichtungen Verträge mit Unternehmen über die Errichtung und den Betrieb dieser Einrichtungen abgeschlossen, in denen die Klägerin auch zur Berücksichtigung der Belegpräferenzen der Unternehmen verpflichtet wurde. Andere Personen, die nicht bei den Unternehmen beschäftigt waren, konnten einen Betreuungsplatz nur in Anspruch nehmen, wenn von Seiten der Unternehmen kein Bedarf bestand oder wenn Plätze länger unbelegt blieben. Dies führte dazu, dass der Personenkreis durch die Zugehörigkeit zur Belegschaft der Unternehmen soweit eingegrenzt wurde, dass er laut BFH als abgeschlossen anzusehen ist. Eine anderweitige tatsächliche Belegung sieht der BFH für seine Beurteilung als unerheblich an, da die Körperschaft darauf gerichtet sein müsse, die Allgemeinheit zu fördern, was unter den  Voraussetzungen des § 52 Abs.1 Satz 2 AO ohne feste „Restplatzquote” zu verneinen sei.

 

Zudem konnte auch nicht wegen der Verfolgung mildtätiger Zwecke nach § 53 AO die Befreiung von der Körperschaftsteuer erteilt werden, weil in der Satzung der Klägerin nur die gemeinnützige, nicht aber die mildtätige Zwecke aufgeführt waren. Nach § 59 AO wird die Steuerbegünstigung nur gewährt, wenn sich aus der Satzung ergibt, welche steuerbegünstigten Zwecke verfolgt werden. Die satzungsmäßigen Anforderungen waren daher hinsichtlich mildtätiger Zwecke nicht erfüllt.

 

Fazit

Der Bundesfinanzhof hat entscheiden, dass keine Förderung der Allgemeinheit vorliegt, wenn sich das Betreuungsangebot einer Kita vorwiegend an die Kinder von Mitarbeitern eines Unternehmens richtet.
Die Befreiung von der Körperschaftsteuer wegen der Verfolgung gemeinnütziger Zwecke nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes sei daher nicht zu gewähren.

 

Allerdings sieht sich das BFH-Urteil zum Teil starker, fundierter Kritik in der Literatur ausgesetzt3 und ist auch noch nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht. Daher ist es derzeit über den entschiedenen Einzelfall hinaus noch nicht anzuwenden.

 

Zu den grundsätzlich möglichen Folgen bei der Aberkennung der Gemeinnützigkeit und Hinweisen zu weiterer Rechtsprechung hatten wir bereits im Fokus Gesundheit und Soziales in der Oktober Ausgabe berichtet.

 

 

 


 

1 BFH-Urteil vom 01.02.2022, V R 1/20, DStRE 2022, S. 1080.
2 Z.B. BFH-Beschluss vom 26.05.2021, V R 31/19, BFH/NV 2021, 1436.
3 Z.B. Hüttemann, „Betriebsnahe“ Kindergärten und Förderung der Allgemeinheit, Kritische Anmerkungen zum BFH-Urteil vom 01.02.2022 – V R 1/20, DB 2022, S. 2433-2438.

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