Bund-Länder-Streit um ÖPNV-Mittel

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Wieviel der immensen Kosten für den ÖPNV, die durch die Corona-Pandemie, das viel besprochene 9-Euro-Ticket und den höheren Energie- und Personalbedarf entstanden sind, muss der Bund zahlen und welche Kosten tragen am Ende die Länder selbst?​

 

Noch Ende Februar dieses Jahres waren sich die Verkehrsminister:innen der Länder und Bundesverkehrsminister Volker Wissing über Finanzierungsfragen im Zusammenhang mit dem ÖPNV einig. Als eine jährliche Erhöhung der Mittel zusätzlich zu den Mitteln für den ÖPNV-Rettungsschirm für 2022 beschlossen wurde, herrschte Einigkeit. Inzwischen sieht die Sache anders aus.

 

Mittwoch letzter Woche wurde im Bundeskabinett der neue Gesetzentwurf zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes beschlossen. Das Gesetz ist die Grundlage für die Gelder, die der Bund jährlich den Ländern zur Finanzierung des Nahverkehrs zur Verfügung stellt. In einem Brief der Vorsitzenden der Landesverkehrsministerkonferenz, Bremens Mobilitätssenatorin Maike Schaefer (Grüne), an den Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hagelt es Kritik an dem Entwurf. Der größte Streitpunkt ist, dass die Länder fürchten, trotz der Übernahme der Kosten für das 9-Euro-Ticket durch den Bund auf massiv erhöhten Ausgaben für den ÖPNV sitzen zu bleiben. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) hatte die Kosten für die Einführung des 9-Euro-Tickets auf rund 2,5 Milliarden Euro geschätzt. Dieser Betrag wurde durch den Bund auch zugesagt. Eine Abmachung, nach der der Bund die möglicherweise tatsächlich entstehenden Mehrkosten auch übernimmt, gibt es jedoch nicht. Dies wird aber von Schaefer gefordert. Darüber hinaus wird kritisiert, dass zuvor bereits zugesagte Kosten im neuen Entwurf gekürzt wurden. Denn der Bund hatte zugesagt, jährlich die durch die Corona-Pandemie entstandenen Einnahmeausfälle zur Hälfte zu tragen. Infolge der Mittelzusage für das 9-Euro-Ticket wurde dieser Betrag durch das Bundesverkehrsministerium gekürzt, sodass 2022 anstatt 1,6 Milliarden nur noch 1,2 Milliarden Euro durch den Bund getragen werden sollen. Zusätzlich könnten weitere 1,5 Milliarden Euro für gestiegene Energie- und Baukosten infolge des Ukraine-Krieges anfallen. Dieses Geld wird von den Ländern gefordert, Bundesfinanz- und Bundesverkehrsminister lehnen eine Übernahme allerdings ab. Darüber hinaus werden bei den Zahlungen die wachsenden Fahrgastzahlen nicht mitberücksichtigt. Allein dieser Umstand könnte die Verkehrsbranche noch einmal 1,3 Milliarden Euro kosten. Bundesverkehrsminister Wissing hat zumindest zugesagt, die erhöhten Energie- und Baukosten später noch einmal isoliert zu betrachten. Er geht trotz der Auseinandersetzung davon aus, dass dem Gesetz am 20. Mai 2022 im Bundesrat zugestimmt wird.

 

Nach derzeitigem Stand des Kostenbedarfs und der tatsächlichen Kostendeckung durch den Bund geht der VDV nicht davon aus, dass die Länder ihre Verkehrsangebote ausbauen können. Im Gegenteil: Eher wird von einem möglichen Rückfahren des Angebots ausgegangen. Für den Sommer befürchten sowohl die Verkehrsunternehmen als auch die Länder und der Bund Überlastungen des ÖPNV durch die intensive Nutzung der ÖPNV-Angebote durch zahlreiche Fahrgäste, die das 9-Euro-Ticket für Ausflüge und Ferienreisen nutzen.

 

Bewertung für die Praxis

Beim Regionalisierungsgesetz handelt es sich um ein Zustimmungsgesetz. Es bleibt abzuwarten, wie sich der Bund-Länder-Streit weiterentwickelt. Durch verschiedene Faktoren hat sich der Kostenbedarf für den ÖPNV dramatisch erhöht und die Lage zugespitzt. Gleichzeitig sollen Fahrgastzahlen erhöht, Fahrgäste zurückgewonnen und die Verkehrswende geschafft werden. Das Thema wird zum zunehmenden Streitpunkt nicht nur zwischen Bund und Ländern, sondern auch zwischen den Parteien der Ampel-Koalition.

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