VG Saarlouis – Voraussetzungen des Austritts aus einem kommunalen Zweckverband

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Das Verwaltungsgericht Saarlouis (VG Saarlouis, Urteil vom 26.06.2013, Az. 10 K 338/12) hat sich zu den Voraussetzungen eines einseitigen Austritts einer Gemeinde aus einem kommunalen Zweckverband geäußert.
  
Ein einseitiger Austritt aus einem Zweckverband im ÖPNV ist nach Auffassung des VG Saarlouis nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage aus wichtigem Grund unter sehr engen Voraussetzungen auch bei Fehlen einer entsprechenden Regelung in der Verbandssatzung möglich. Das Einführen einer Umlagefinanzierung zählt jedoch im konkreten Fall nicht dazu.
  
Anlass des Rechtsstreits war die Frage, ob die Klägerin, eine kleinere Gemeinde im Saarland, eine Umlage zur Finanzierung der Kreisverkehre im Regionalverband zahlen müsse. Die Klägerin war der Auffassung, sie sei wirksam durch Kündigung der Mitgliedschaft aus wichtigem Grund aus dem beklagten Zweckverband ausgeschieden und daher nicht mehr zur Zahlung des Umlagefinanzierungsbeitrags verpflichtet. Bei Anpassung des verbandsinternen Finanzierungssystems wurde beschlossen, dass der Beklagte von seinen Mitgliedern eine Umlage zur Finanzierung von ÖPNV-Zuschüssen erheben darf. Daraufhin kündigte die Klägerin ihre Mitgliedschaft bei dem Beklagten aus wichtigem Grund. Als Begründung wurde angeführt, dass sich die rechtliche und tatsächliche Situation durch die Einführung der Umlagefinanzierung und den sich daraus ergebenden Konsequenzen so stark zu Ungunsten der Klägerin verändert habe, dass ihr die Verbandsmitgliedschaft nicht mehr zumutbar sei. Der Beklagte lehnte die Kündigung ab und forderte sie per Bescheid zur Zahlung der Umlage auf. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren wurde gegen den Zahlungsbescheid Klage erhoben.
  
Das VG Saarlouis urteilte zu Gunsten des beklagten Zweckverbands. Die Klägerin sei zur Zahlung der Verbandsumlage verpflichtet, da sie nicht aus wichtigem Grund aus dem Zweckverband ausgeschieden sei. Eine Kündigungsmöglichkeit der Verbandsmitgliedschaft aus wichtigem Grund könnte als ultima ratio bestehen, wenn der Klägerin wegen veränderter Umstände ein Festhalten an der Mitgliedschaft nicht mehr zuzumuten sei und eine Vertragsanpassung nicht möglich sei. Das Einführen einer Umlagefinanzierung und die sich daraus ergebenden Folgen genügten hierfür im konkreten Fall jedoch nicht. Die Klägerin könne nicht auf eine Umlagefreiheit des Finanzierungssystems bestehen. Es sei weder bei Verbandsgründung noch später vereinbart worden, dass eine grundsätzliche Umlagefreiheit bestehen solle. Auch andere von der Klägerin vorgetragene „wichtigen Gründe“ überzeugten das VG nicht. Es liege kein wichtiger Grund in der Beibehaltung der Stimmenverteilung in der Verbandsversammlung trotz Einführung der Umlagefinanzierung vor. Das bestehende Stimmenverteilungssystem nach Einwohnerzahlen sei angesichts der durch Entscheidungen des Zweckverbands betroffenen Bürger sachgerecht und daher für die Klägerin nicht unzumutbar. Ferner führe die gleichzeitig beschlossene Rückübertragung der Aufgabenträgerschaft auf zwei weitere Verbandsmitglieder nicht zu einer für die Klägerin unzumutbaren Veränderung, zumal sie der Rückübertragung der Aufgabenträgerschaft in der Verbandsversammlung selbst zugestimmt hatte. Ihre Verbandsmitgliedschaft sei nach den Änderungen nicht sinnentleert. Der Zweckverband erfülle weiterhin für den ÖPNV wichtige Aufgaben in seinem Zuständigkeitsgebiet. 
  
Für die Praxis ist interessant, dass das VG Saarlouis das Bestehen eines Kündigungsrechts aus wichtigem Grund anerkannt hat, obwohl in der Verbandssatzung keine solche Kündigungsmöglichkeit vorgesehen ist. Ferner hat das VG Saarlouis die (engen) Voraussetzungen dieses Kündigungsgrunds präzisiert. Maßgeblich ist die Situation im Einzelfall.
 

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Jörg Niemann

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