Risikominimierte Glasfasernetz-Transaktionen: Chancen und Herausforderungen

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​veröffentlicht am 2. Juni 2025




Der Kauf bzw. Verkauf von Glasfasernetzen kann für gegenwärtige und zukünftige Infrastruktureigentümer – ob Kommunen oder Unternehmen – erhebliche wirtschaftliche Potenziale erschließen oder bei veränderten Rahmenbedingungen sogar strategisch geboten sein. Die Vorbereitung erfordert neben der rechtlichen und technischen auch eine fundierte betriebswirtschaftliche Betrachtung sowie eine sorgsam ausgearbeitete vertragliche Grundlage. Hierbei sind insbesondere die Verkaufsfälle „eigenwirtschaftlicher Ausbau“, „geförderter Ausbau nach Ablauf der Zweckbindungsfrist“ und „geförderter Ausbau vor Ablauf der Zweckbindungsfrist“ zu unterscheiden, da diese jeweils differenzierte Herausforderungen mit sich bringen. Bei geförderter Infrastruktur ist insbesondere die Frage möglicher Rückzahlungsverpflichtungen von Fördermitteln in den Blick zu nehmen.

​Wann ist ein Kauf bzw. Verkauf von Glasfasernetzen typischerweise sinnvoll?

​Die Gründe für die Entscheidung, Glasfasernetze zu kaufen oder zu verkaufen, sind vielseitig. Häufig steht die strategische Repositionierung im Vordergrund – beispielsweise, wenn die ursprünglichen Businesspläne durch gestiegene Tiefbaukosten oder veränderte Nachfrageentwicklungen wirtschaftlich nicht mehr tragfähig erscheinen. Auch institutionelle Investoren oder Infrastrukturfonds sind zunehmend an der Konsolidierung von Glasfasernetzen interessiert, da sie stabile Cashflows und langfristige Planbarkeit bieten. Gleichzeitig können durch die Bündelung von Netzen im Rahmen von Kooperationen erhebliche Synergieeffekte realisiert werden – etwa durch gemeinsame Betriebsführungen, zentralisierte NOC-Strukturen oder standardisierte Serviceprozesse.

Aus Sicht von Kommunen oder Stadtwerken kann es wirtschaftlich sinnvoll sein, Netzinfrastrukturen in eigene Gesellschaften auszulagern, zu verpachten oder im Rahmen eines strukturierten Bieterverfahrens zu veräußern, um Kapital für andere Infrastrukturprojekte freizusetzen. Insbesondere im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung von Betreibermodellen – beispielsweise über Sale-and-Lease-Back-Strukturen – ergeben sich zusätzliche Gestaltungsräume zur Optimierung der Finanzierungs- und Bilanzstruktur.

Was sind die allgemeinen Herausforderungen beim Kauf bzw. Verkauf von Glasfasernetzen?

​Glasfasernetze werden selten vollständig in einem Zuge ausgebaut. In vielen Kommunen findet sich ein Mix aus eigenwirtschaftlich und öffentlich gefördert erschlossenen Gebietsteilen – häufig unter Anwendung unterschiedlicher Förderkulissen. Diese Heterogenität erschwert nicht nur die technische Integration, sondern verlangt eine präzise Erfassung der jeweils geltenden Zweckbindungsfristen und Auflagen, insbesondere im Hinblick auf Rückforderungsrisiken und Nachnutzungspflichten.

Hinzu kommt, dass auch bei rein eigenwirtschaftlich errichteten Infrastrukturen kommunalrechtliche Vorgaben eine Rolle spielen. So dürfen Kommunen ihr Vermögen nicht unter Wert veräußern, was eine fundierte Bewertung auf Basis nachvollziehbarer Bewertungsmodelle erfordert – etwa unter Einbezug von Netzauslastung, Restwerten der Infrastruktur, laufenden Betriebskosten oder dem erwarteten Cashflow-Potenzial.

Ergänzende wirtschaftliche Perspektive: Kapitalbindung, Bewertung und Bilanzwirkung

​Über die juristischen und förderrechtlichen Rahmenbedingungen hinaus sind die wirtschaftlichen Implikationen eines Kaufs oder Verkaufs für kommunale Unternehmen besonders relevant. Glasfasernetze stellen beträchtliche Investitionen dar, deren Aufbau typischerweise mit hohen Anfangsinvestitionen und langen Amortisationszeiträumen einhergeht. Die Kapitalbindung ist oft über Jahre hinweg gegeben, während die Rückflüsse in Form von Nutzungsentgelten vergleichsweise langsam erfolgen. Dies belastet insbesondere kommunale Haushalte oder Stadtwerke mit limitierten Finanzierungsreserven.

Ein Verkauf kann hier kurzfristig finanzielle Spielräume eröffnen, etwa durch eine einmalige Erlöszufuhr zur Schuldenreduzierung oder zur Finanzierung anderer Infrastrukturmaßnahmen (z. B. Energiewendeprojekte). Zugleich verändert sich die Bilanzstruktur: Während der Buchwert des Netzes als Aktivposten entfällt, verbessert sich häufig die Eigenkapitalquote durch den erzielten Verkaufserlös. Allerdings entfällt damit auch die Möglichkeit, über Jahre hinweg laufende Erlöse zu generieren – was betriebswirtschaftlich sorgfältig gegeneinander abgewogen werden muss.

Die Kaufpreisermittlung sollte daher auf validierten Bewertungsverfahren beruhen – insbesondere dem Dis-counted-Cashflow-Modell, das zukünftige Zahlungsströme unter Berücksichtigung von Betriebskosten, Take-up-Rate, Reinvestitionen und Wettbewerbsrisiken diskontiert. Gerade Investoren oder Infrastrukturfonds bewerten Netze auf dieser Basis, da sie Stabilität und Planbarkeit über Dekaden hinweg suchen. Für Käufer stellen sich darüber hinaus Fragen der Integration in bestehende Netzlandschaften, der Hebung operativer Synergien (etwa durch gemeinsame NOC-Strukturen oder abgestimmte Serviceprozesse) und der regulatorischen Konformität. Eine wirtschaftlich tragfähige Entscheidung setzt deshalb immer eine interdisziplinäre Bewertung voraus – unter Einbeziehung technischer, betriebswirtschaftlicher und rechtlicher Perspektiven.

Rechtliche Grundlagen und Förderstruktur

​Grundstein für den geförderten Breitbandausbau in Deutschland sind die im Jahr 2013 veröffentlichten und 2023 novellierten EU-Leitlinien für staatliche Beihilfen im Zusammenhang mit dem schnellen Breitbandausbau. Darauf aufbauend entstanden in Deutschland mehrere Förderprogramme – von der „weiße Flecken“-Förderung (ab 2015) über das „graue Flecken“-Programm (2021–2023) bis hin zur aktuell gültigen Gigabit-Richtlinie des Bundes in der Fassung 2.0, die durch Novellierungen vom 30.4.2024 und 13.1.2025 fortgeschrieben wurde.

Zwar bestehen über die Programme hinweg gewisse Kontinuitäten – wie etwa die Open-Access-Verpflichtung – doch unterlagen andere Aspekte, insbesondere Rückforderungsklauseln, teils erheblichen Änderungen. Diese Unterschiede wirken sich unmittelbar auf die Transaktionssicherheit und die wirtschaftliche Bewertung aus. Eine genaue Kenntnis der jeweiligen Förderkulisse ist daher unerlässlich.

Was ist konkret beim Kauf bzw. Verkauf geförderter Infrastruktur zu beachten?

Kernelement des Kaufvertrags ist die sachgerechte Ermittlung der übergehenden Infrastruktur sowie des Kaufpreises. Insbesondere beim Verkauf während laufender Zweckbindungsfristen besteht das Risiko fördermittelrechtlicher Rückforderungen, was den Einbezug dieser in das zugrunde gelegte Bewertungsverfahren bedingt. Ist die Zweckbindungsfrist bereits abgelaufen bzw. der Überprüfungszeitraum überschritten, ist die Transaktion einfacher – das zentrale Risiko entfällt.

Die wirtschaftliche Bewertung sollte neben den förderrechtlichen Aspekten auch Investitionshistorie, Netzarchitektur, Marktpotenzial (z. B. Take-up-Rate) sowie geplante Betriebsmodelle umfassen. Besonders relevant ist auch die Frage, ob ein Share oder Asset Deal gewählt wird, da sich hierdurch steuerliche, bilanzielle und prozessuale Effekte ergeben. Auch die geplante Nachnutzung – z. B. Pacht- oder Betreibermodelle – kann die Zahlungsbereitschaft käuferseitig maßgeblich beeinflussen.

Vor der Ausgestaltung des Kaufvertrags empfiehlt sich eine strukturierte Klärung insb. folgender transaktionskritischer Aspekte:

  • Welches Geschäftsmodell wird angestrebt? Bedarf es weiterer Verträge, z. B. für Verpachtung oder Services?
  • Welche Infrastrukturkomponenten (z. B. PoP, Hausanschlüsse, Leerrohre) sollen übergehen?
  • Erfolgt die Transaktion im Rahmen eines Asset oder Share Deals?
  • Welche Bewertungsgrundlage liegt dem Kaufpreis zugrunde?
  • Bestehen ausreichende Wegerechte?
  • Welche Dokumentationsformate (z. B. Shape-Files) sind verfügbar?
  • Welche Garantien und Haftungsausschlüsse sind sinnvoll und realisierbar?

Fazit

Der Kauf oder Verkauf von Glasfasernetzen ist wirtschaftlich und rechtlich komplex – aber strategisch oftmals hochrelevant. Für Kommunen und kommunale Unternehmen bedeutet dies: Neben zivilrechtlichen Aspekten sind auch kommunalrechtliche, beihilferechtliche und förderrechtliche Vorgaben zwingend zu beachten. Ein strukturierter, interdisziplinärer Ansatz ist essenziell für eine rechtssichere Umsetzung.
Darüber hinaus sind Glasfasernetze Teil der kommunalen Daseinsvorsorge. Sie dienen nicht nur der Konnektivität, sondern werden zunehmend zur Voraussetzung funktionierender Verwaltung, Bildung und Gesundheitsversorgung. Ein Eigentümerwechsel darf daher nicht isoliert, sondern muss stets im Kontext strategischer Versorgungssicherheit und öffentlicher Infrastrukturziele gedacht werden.

Erfolgreiche Transaktionen zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht nur ökonomisch, sondern auch infrastrukturell nachhaltig wirken – etwa durch vertraglich gesicherte Nachnutzung kommunaler Standorte, Ausbauverpflichtungen für unterversorgte Gebiete oder die Sicherung von Open-Access-Prinzipien über die Zweckbindung hinaus.


​Gerne unterstützen wir Sie bei der Bewertung, Strukturierung und Umsetzung von Kauf- und Verkaufsvorhaben im Bereich Glasfaserinfrastruktur – sprechen Sie uns an!



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