Finale Festlegung der Prüfungsschwerpunkte zu Tätigkeitsabschlüssen – Was „will” die Bundesnetzagentur?

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veröffentlicht am 3. März 2020

 

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Die Beschlusskammern 8 und 9 der Bundesnetzagentur (BNetzA) haben Ende 2019 die Festlegungen für Vorgaben von zusätzlichen Bestimmungen für die Erstellung und Prüfung von Jahresabschlüssen und Tätigkeitsabschlüssen gegenüber vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen und rechtlich selbstständigen Netzbetreibern veröffentlicht (siehe auch unsere Dezember-Ausgabe). Netzbetreiber und deren verbundene Dienstleister werden zu mehr Transparenz angehalten. Die Umsetzung gilt für Bilanzstichtage nach dem 30.9.2020 für alle Unternehmen im Zuständigkeitsbereich der BNetzA. Es darf allerdings davon ausgegangen werden, dass zahlreiche Landesregulierungsbehörden die Festlegungen soweit unverändert übernehmen. Was gilt es zu beachten?


WER IST VON DER FESTLEGUNG BETROFFEN?

Adressaten der Festlegungen sind rechtlich selbstständige Strom- und Gasnetzbetreiber und mit Netzbetreibern verbundene Unternehmen, sog. vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen i. S. d. § 3 Nr. 38 EnWG (nachfolgend „viEVU”), die die Tätigkeiten der Elektrizitätsverteilung oder -übertragung und/oder Gasverteilung oder -fernleitung ausüben. Die Festlegungen richten sich also erwartungsgemäß an die „klassischen” Netzbetreiber. Neu ist allerdings, dass die Bundesnetzagentur den Adressatenkreis der betroffenen Unternehmen deutlich erweitert hat. Nunmehr werden auch verbundene, energiespezifsch-dienstleistende Unternehmen zur Erstellung eines tätigkeitsbezogenen Abschlusses verpflichtet.


ÜBERBLICK – WESENTLICHER INHALT

Was unter einer energiespezifischen Dienstleistung zu verstehen ist, wurde im Rahmen der Konsultation sehr kontrovers diskutiert. Haben die Entwürfe zu den Prüfungsschwerpunkten noch zwischen unmittelbarer und mittelbarer energiespezifischer Dienstleistung differenziert und wurden hierfür konkrete Beispiele (u. a. Verbrauchsabrechnung, IT-Dienstleistungen) genannt, bleiben die Festlegungen hierzu eher vage. Die BNetzA vertritt jedoch unverändert die Auffassung, dass dieser „unbestimmte Rechtsbegriff” grundsätzlich „weit auszulegen” sei. Positiv kann daher angemerkt werden, dass sich ein größerer Auslegungsspielraum für die Zuordnung bestimmter Dienstleistungen ergeben könnte.


Wie beschrieben, werden durch die Festlegungen zum einen die dienstleistenden Unternehmen stärker beleuchtet. Zum anderen werden unter dem Punkt „Erweiterung des Prüfungsauftrages” vor allem Netzbetreiber angesprochen. Diese haben zunächst diverse „Davon- Vermerke” für einzelne Positionen der tätigkeitsbezogenen Gewinn- und Verlustrechnung sowie der Bilanzen anzugeben. Ein weiteres Interesse gilt zudem bereits durchgeführten Maßnahmen, durch die eine regulatorische Bilanzoptimierung erreicht werden konnte. Diese sollen transparent, das heißt vor Optimierung dargestellt werden. Die folgende Tabelle zeigt die entsprechenden Prüfungsschwerpunkte:

 

Grafik Prüfungsschwerpunkte

 

HOHE RELEVANZ FÜR KOSTENPRÜFUNG

Insbesondere folgende Positionen besitzen für die Kostenprüfung (für die Basisjahre 2020/2021) eine hohe Relevanz:


ANGABE ZU SCHULDBEITRITTEN UND SCHULDÜBERNAHMEN/ FORDERUNGEN UND VERBINDLICHKEITEN VOR SALDIERUNG


Durch einen Schuldbeitritt konnten Netzbetreiber in der Vergangenheit eine Verbesserung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung erzielen. Es wurde nicht anerkennungsfähiges Umlaufvermögen dazu genutzt, Abzugskapital (Rückstellungen, Verbindlichkeiten) an ein verbundenes Unternehmen weiterzureichen. Die Netzbetreiberbilanz wurde dadurch verkürzt. Die Festlegungen sehen vor, dass Schuldbeitritte und Schuldübernahmen (mit verbundenen Unternehmen), die noch Auswirkungen auf das laufende Geschäftsjahr haben, als ergänzende Angabe vom Netzbetreiber ausgewiesen werden müssen. Dieser regulatorische Optimierungsansatz wurde zumindest bislang durch die BNetzA anerkannt.


Nach unserer Einschätzung kann davon ausgegangen werden, dass die BNetzA die entsprechende Wirkung von Schuldbeitritten zumindest versuchen wird, „wieder auf Anfang zu setzen”. Daher sind Netzbetreiber gut beraten, im Vorfeld entsprechende Risikobetrachtungen anzustellen, vor allem dann, wenn aktuell mögliche Gestaltungsvarianten im Vorfeld der Kostenprüfung diskutiert werden.


Der Ausweis von Forderungen und Verbindlichkeiten vor Saldierung zielt in die gleiche Richtung. Haben Netzbetreiber in der Vergangenheit dadurch die Bilanz verkürzt, wird durch den unsaldierten Ausweis die Bilanz verlängert; das heißt, es werden sowohl höhere Forderungswie auch Verbindlichkeitenbestände gezeigt. Zwangsläufig ergibt sich so eine schlechtere kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung.

 

KAPITALAUSGLEICHSPOSTEN

Wie die Bezeichnung vermuten lässt, gleicht der Kapitalausgleichsposten die jeweiligen Tätigkeitsbilanzen aus. Wie dieser nun regulatorisch zu behandeln ist, war Gegenstand einiger unterschiedlicher Gerichtsentscheidungen. Der Bundesgerichtshof hat dann allerdings im Oktober 2017 entschieden, dass ein passiver Kapitalausgleichsposten als Abzugskapital zu qualifizieren ist. Demnach mindert dieser die kalkulatorische Verzinsungsbasis.

 

Da sich im Rahmen der Bilanzerstellung unterschiedliche Ausweismöglichkeiten für den Kapitalausgleichsposten in der Praxis etabliert haben, ist er nicht immer direkt ersichtlich. Konnte der Kapitalausgleichsposten in der Vergangenheit möglichweise „kaschiert” werden, ist das zukünftig nicht mehr möglich. Netzbetreiber haben diesen nämlich „unter Nennung der Verrechnungshöhe” gesondert anzugeben. Netzbetreiber sind daher gut beraten – im Vorfeld der Bilanzerstellung – sämtliche Ansatzpunkte zu prüfen, die die Entstehung eines passiven Kapitalausgleichspostens in der Tätigkeit Strom- oder Gasverteilung vermeiden lassen.


VERBINDLICHKEITEN AUS GEWINNABFÜHRUNGSVERTRÄGEN MIT BEZUG ZUM TÄTIGKEITSBEREICH

Bereits im Zuge der ersten Netzentgeltkalkulation (auf Basis der Jahre 2004/2005) wurde die „richtige” Behandlung von Verbindlichkeiten aus Ergebnisabführungsverträgen im Rahmen der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung teilweise „sehr hitzig” diskutiert. Von Netzbetreibern wurde die durchaus nachvollziehbare Auffassung vertreten, dass die Verbindlichkeit nicht Bestandteil des Abzugskapitals sein kann. Vielmehr entspricht die Position (zumindest aus kalkulatorischer Sicht) dem Jahresüberschuss und ist somit Bestandteil des Eigenkapitals. Die Regulierungsbehörden haben die Verbindlichkeit aus Gewinnabführungsverträgen grundsätzlich dem Abzugskapital zugeordnet. Nach einer uneinheitlichen Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof im Januar 2019 in diesem Punkt ebenfalls für Klarheit gesorgt. Aus Sicht der Netzbetreiber leider zum Nachteil: Die behördliche Auffassung wurde bestätigt.


Da nun die Festlegungen vorsehen, dass der „entsprechende, auf den Tätigkeitsbereich (…) entfallende Anteil betragsmäßig” anzugeben ist, sollten Netzbetreiber Möglichkeiten nutzen, die absehbare Verpflichtung vorab zu bedienen. Vorab gilt es allerdings zu prüfen, ob eine Abschlagszahlung steuerlich und vertraglich zulässig ist.

 

AUSBLICK

Das Hase-und-Igel-Spiel geht weiter! Was gestern noch eine erfolgsversprechende Maßnahme zur Bilanzoptimierung war, kann sich möglicherweise bei den anstehenden Kostenprüfungen als überholt erweisen. Das gilt es für die Netzbetreiber zu antizipieren. Zwar sind die Bestimmungen erst für den Jahresabschluss 2020 wirksam, jedoch sollten entsprechende Prozessanpassungen und Simulationsrechnungen frühzeitig umgesetzt werden. Vor allem die Erstellung von Tätigkeitsabschlüssen auf Dienstleisterebene stellt das verpflichtete Unternehmen vor strategische und operative Herausforderungen.

 

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