Strengere Ad-hoc-Publizität beim Unternehmenskauf

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veröffentlicht am 30. April 2019 | Lesedauer ca. 3 Minuten 
  

Bereits seit der Geltl-Rechtsprechung des EuGH im Jahr 2012 ist es allgemein anerkannt, dass nicht nur ein Endergebnis eines gestreckten Vorgangs eine veröffentlichungspflichtige Insiderinformation darstellen kann, sondern ggf. auch vorhergehende Zwischenschritte. Das wurde mit der Einführung der europäischen Marktmissbrauchsverordnung (MAR) im Jahr 2016 auch gesetzlich, in Artikel 7 Abs. 3 MAR, geregelt.
 

 
Klassischer Fall eines zeitlich gestreckten Vorgangs ist der Unternehmenskauf, der sich regelmäßig von ersten Sondierungen, über die Durchführung einer Due Diligence, zu Vertragsverhandlungen und schließlich einem möglichen Abschluss zeitlich gliedert.

Die bisherige Aufsichtspraxis der BaFin sah im Falle eines gestreckten Vorgangs vor, dass ein Zwischenschritt erst dann eine Insiderinformation darstellt und somit grundsätzlich zu veröffentlichen ist, sofern das End­ergebnis überwiegend wahrscheinlich ist. Bei einem Unternehmenskauf konnte man hiervon vielfach nach Abschluss der Due Diligence Prüfung und Einigung über die Grundparameter der Vertragsverhandlungen ausgehen.

Mit der Bekanntmachung ihrer FAQs zur Veröffentlichung von Insiderinformationen im Jahr 2018, bestätigt am 31. Januar 2019, ist die BaFin von dieser Verwaltungspraxis abgerückt. Die BaFin führt nunmehr aus, „auf eine Mindest-wahrscheinlichkeit für den Eintritt des Endergebnisses kommt es aber nicht an, es darf nur nicht völlig ausgeschlossen sein.” Bei M&A Transaktionen zieht die BaFin hieraus den Schluss: „Insbesondere bei bedeuten­den M&A-Transaktionen empfiehlt es sich, auch schon vor der Durchführung einer etwaigen Due Diligence zu prüfen, ob einem Ereignis im Rahmen des Verfahrens bereits zuvor Kursbeeinflussungspotenzial zukommen kann.”

Dieser Schritt führt bei der Beurteilung des Vorliegens einer Insiderinformation im Rahmen eines gestreckten Sachverhalts zweifelsfrei zu einer erheblichen Vorverlagerung der tatbestandlichen Insiderinformation. Auch hat die Verunsicherung im Markt, wie der Ad-hoc-Publizität von Insiderinformationen entsprochen werden soll, dadurch zugenommen.

Zwar kann ein Emittent dieser Veröffentlichungspflicht entgegentreten, indem er die Veröffentlichung durch eine Selbstbefreiung gemäß und unter den Voraussetzungen des Artikel 17 Abs. 4 MAR aufschiebt und damit dem Geheimhaltungsinteresse im Rahmen eines Unternehmenskaufs Genüge tut. Allerdings bedeutet das für den beteiligten Emittenten das Risiko einer verspäteten Veröffentlichung sowie erhöhten Verwaltungsaufwand.

Eine Selbstbefreiung von der Veröffentlichungspflicht verlangt zum einen das Führen einer Insiderliste, die stets zu aktualisieren ist. Zum anderen ist eine Selbstbefreiung nur solange möglich, wie sichergestellt werden kann, dass die Insiderinformation tatsächlich geheim gehalten werden kann. Das macht eine ständige Überwachung des Marktes durch den Emittenten notwendig, damit der, sollten Gerüchte die Insiderinformation betreffend im Markt sein, die Insiderinformation unverzüglich veröffentlichen kann.

Die Vorbereitung einer M&A-Transaktion unter Ausschluss der Öffentlichkeit wird durch die geänderte Verwaltungspraxis der BaFin folglich deutlich erschwert.
 

Fazit

Es empfiehlt sich im Rahmen eines Unternehmenskaufs bereits frühzeitig zu prüfen, ob eine Selbstbefreiung notwendig ist und die Voraussetzungen dafür vorliegen die Veröffentlichungspflicht aufzuschieben. Um die not­wendige Geheimhaltungsvoraussetzung zu gewährleisten, sollte der Emittent den Transaktionspartner auf seine möglichen Offenlegungspflichten hinweisen, belehren und die Geheimhaltung möglichst frühzeitig entsprechend vertraglich, ggf. unter Androhung einer Vertragsstrafe, vereinbaren.

 

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