Grunderwerbsteuer bei Share Deals

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​zuletzt aktualisiert am 2. Juli 2019 | Lesedauer ca. 4 Minuten

von Simone Rupp
 

Lesen Sie mehr in unserem aktuellen Artikel zum Thema „Gesetz zur Änderung des Grunderwerb­steuer­gesetzes”.

 

Kurzüberblick grunderwerbsteuerlicher Tatbestände bei Gesellschafterwechsel und geplante Gesetzesänderungen

 

 

 

Grunderwerbsteuer bei Share Deals mit Anteilen an Kapitalgesellschaften

Das Grunderwerbsteuergesetz erfasst nicht nur den direkten Verkauf eines Grundstücks (Asset Deal), sondern auch die Übertragung von Anteilen an Gesellschaften (Share Deal), die Grundstücke in ihrem Vermögen halten. Die Grunderwerbsteuer wird dabei unabhängig davon ausgelöst, ob es sich bei den beteiligten Rechtsträgern um in- oder ausländische Personen oder Gesellschaften handelt und ob die den Rechtsträgerwechsel aus­lösenden Rechtsgeschäfte im In- oder Ausland abgeschlossen werden.

Auch ein Umhängen von grundbesitzenden Gesellschaften im Konzern oder die Verlängerung der Be­teiligungs­kette kann (erneut) Grunderwerbsteuer auslösen. Aus dem Grund sollte – um eine doppelte oder mehrfache Grunderwerbsteuerpflicht zu vermeiden – bei Transaktionen mit grundbesitzenden Gesellschaften bereits vor Unterzeichnung des Anteilskaufvertrages die finale Zielstruktur feststehen und implementiert sein.

Bei grundbesitzenden Kapitalgesellschaften ist nach derzeitiger Rechtslage eine Steuerpflicht gegeben, wenn unmittelbar oder mittelbar 95 Prozent der Anteile an der Kapitalgesellschaft auf einen Erwerber übertragen werden. Bei grundbesitzenden Personengesellschaften ist ein unmittelbarer und/oder mittelbarer Gesell­schafter­­wechsel in Höhe von mind. 95 Prozent der Anteile am Gesellschaftsvermögen innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren steuerbar.

Sowohl Kapital- als auch Personengesellschaften können zudem von einer Anteilsvereinigung betroffen sein. Vereinigt ein Erwerber unmittelbar und/oder mittelbar mindestens 95 Prozent der Anteile an der grund­besitzenden Gesellschaft in seiner Hand, führt das zu einem steuerbaren Tatbestand. Je nach Sachlage und Gesellschaftsform ist dann zu unterscheiden, inwieweit mittelbare Beteiligungen zugerechnet werden, was im Detail oft komplex ist.

Da im Gegensatz zum Asset Deal kein expliziter Kaufpreis für den Grundbesitz vereinbart wird, erfolgt im Falle einer Übertragung von Anteilen die Bewertung des Grundbesitzes an Hand spezieller Bewertungsmethoden nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes (Ertragswert-, Vergleichswert- und Sachwertverfahren), wobei die Anwendbarkeit der entsprechenden Bewertungsmethode von der Nutzung des Grundbesitzes abhängig ist. Wenn durch Gutachten ein niedrigerer Verkehrswert nachgewiesen wird, stellt dieser die Bemessungsgrundlage dar. Der anzuwendende Grunderwerbsteuersatz hängt von dem Bundesland ab, in dem sich der Grundbesitz befindet und liegt derzeit zwischen 3,5 Prozent und 6,5 Prozent. Lesen Sie mehr ».

Welche Partei Steuerschuldner der Grunderwerbsteuer ist, hängt davon ab, welcher grund­erwerb­steuer­aus­lösende Tatbestand erfüllt ist. Im Falle eines Share Deals mit Anteilen an Kapitalgesellschaften, bei dem eine bereits in Höhe von mindestens 95 Prozent bestehende Beteiligung auf einen Erwerber übertragen wird, sind sowohl Veräußerer als auch Erwerber Steuerschuldner (Gesamt­schuldner). Es ist jedoch gängige Praxis, dass im Rahmen des Anteilskaufvertrages vereinbart wird, dass der Käufer die Grunderwerbsteuer trägt. Im Allgemeinen versuchen die Steuerbehörden, solche Vereinbarungen zu berücksichtigen, sie können jedoch auch die andere Partei zur Zahlung heranziehen.

Der Steuerschuldner muss den Erwerbsvorgang innerhalb von zwei Wochen nach Tatbestandsverwirklichung beim zuständigen Grunderwerbsteuerfinanzamt anzeigen, wobei das Gesetz detaillierte Angaben zu Beteiligten, dem Erwerbsvorgang und dem betroffenen Grundbesitz vorschreibt.
 
Die Steuer entsteht im Zeitpunkt der Tatbestandsverwirklichung. In der Regel ist das der Tag der Unter­zeich­nung des Anteilskaufvertrages. Closing und wirtschaftlicher Übertragungsstichtag spielen nur in selteneren Fällen eine Rolle. Der Zeitpunkt der Entstehung der Steuer ist bspw. relevant, wenn ein Betriebsgrundstück nicht Bestandteil der Transaktion sein soll. Hier ist dann darauf zu achten, dass das Grundstück bereits vor der Unterzeichnung des Anteilskaufvertrages für grunderwerbsteuerliche Zwecke nicht mehr der Gesellschaft zuge­ordnet wird. Anderenfalls könnte eine Grunderwerbsteuerpflicht ausgelöst werden, auch wenn im Zeitpunkt des Closing das Grundstück nicht mehr der Gesellschaft gehört.
 

Geplante Gesetzesänderung zur weiteren Einschränkung von Rett Blocker-Strukturen

Ein kurzfristiger vollständiger Gesellschafterwechsel ist bei Kapitalgesellschaften – im Gegensatz zu Personen­gesellschaften, bei denen ein Altgesellschafter für fünf Jahre erhalten bleiben muss – ohne Grunder­werbsteuer möglich, wenn der Investor einen unabhängigen Dritten als Co-Investor mit einer Beteiligungshöhe von mehr als 5 Prozent (bspw. 5,1 Prozent) einschaltet. Solche Strukturen werden als RETT Blocker-Strukturen (Real Estate Transfer Tax Blocker-Strukturen) bezeichnet, da sie darauf abzielen, bei einem Rechtsträgerwechsel die grunderwerbsteuerrechtliche Zuordnung eines inländischen Grundstücks durch Beteiligung eines fremden Dritten an der Gesellschaft zu verhindern.

Die Vermeidung von Grunderwerbsteuer bei Share Deals durch Einschaltung eines Co-Investors bzw. Verbleiben des Altgesellschafters (bei Personengesellschaften) in der Struktur ist den Finanzministerien schon seit längerem ein Dorn im Auge. In jüngster Vergangenheit wird daher diskutiert, die Grunderwerbsteuerpflicht für Share Deals auszuweiten und insbesondere RETT Blocker-Strukturen weiter einzudämmen.

Bereits mit der Einführung des § 1 Abs. 3a GrEStG durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz mit Wirkung zum 7. Juni 2013, wurden insbesondere Erwerbsvorgänge mit sog. „aggressiven” RETT Blocker-Strukturen durch die Implementierung der „wirtschaftlichen Beteiligung” der Besteuerung unterworfen.

Mit der derzeitig geplanten Gesetzesänderung verfolgt der Gesetzgeber die weitere Einschränkung der Ver­meidung von Grunderwerbsteuer durch RETT Blocker-Strukturen.

Insbesondere soll die Spezialvorschrift für Gesellschafterwechsel bei grundstücksbesitzenden Personen­gesell­schaften auf grundbesitzende Kapitalgesellschaften ausgedehnt werden. Zudem sollen die 95 Prozent-Quoten, bei deren Erreichen Anteilsvereinigungen und -übergänge steuerbar sind, auf 90 Prozent herabgesetzt werden.

Die Maßnahme hat zum Ziel, Share Deals dadurch zu erschweren, dass ein Altgesellschafter in nennenswertem Umfang beteiligt bleiben muss. Ein kompletter Erwerb der Anteile an einer Kapitalgesellschaft durch einen Investor und seinen „mitgebrachten” Co-Investor ist dann nicht mehr möglich (vgl. Hessisches Ministerium der Finanzen, Pressemitteilung vom 15. März 2019).

 

Fazit und Ausblick

Neben einer Ausweitung der Spezialvorschrift für Personengesellschaften auf Kapitalgesellschaften und der Absenkung der Beteiligungsgrenze von 95 Prozent auf 90 Prozent, wurde auf der Finanzministerkonferenz Ende November 2018 zudem die Verlängerung der bisherigen Haltefristen von fünf auf zehn Jahre beschlossen. Hierbei handelt es sich um Vorschläge für mögliche Gesetzesänderungen. Der Referentenentwurf, der die vorgeschlagenen Maßnahmen beinhaltet, wurde kurz vor Redaktionsschluss am 8. Mai 2019 veröffentlicht.
 
In der Literatur wurde diskutiert, ab wann die möglichen Gesetzesänderungen in Kraft treten könnten, insbesondere ob und bis zu welchem Zeitpunkt eine Rückwirkung vorgenommen werden kann. Hierbei wurde auch eine Rückwirkung auf das Datum der Pressemitteilung am 21. Juni 2018 oder bspw. auf den 1. Januar 2019 in der Literatur nicht gänzlich ausgeschlossen. Der Referentenentwurf sieht derzeit grundsätzlich eine erstmalige Anwendung auf Erwerbsvorgänge vor, die nach dem 31. Dezember 2019 verwirklicht werden. Zudem ist auch eine Übergangregelung für Transkationen angedacht mit Signing höchstens ein Jahr vor und Closing ein Jahr nach Einleitung des Gesetzgebungsverfahrens.

 

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Dr. Susanne Kölbl

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