Tax Due Diligence in Corona Zeiten

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​Gegenstand der Tax Due Diligence sind regelmäßig historische Veranlagungszeiträume, die im Rahmen einer Betriebsprüfung geändert werden können. Für „offene” Zeiträume werden Steuererklärungen und –bescheide ausgewertet. Nicht im Fokus steht regelmäßig das laufende Wirtschafts- oder Kalenderjahr, auch weil hierfür meist noch keine steuerlichen Unterlagen vorhanden sind. Zudem beschränkt sich die Analyse bislang überwiegend auf Ertragsteuern, während Umsatz- sowie Lohnsteuer und Sozialversicherungsabgaben meist Gegenstand von Plausibilitätschecks bei Auswertung von Betriebsprüfungsberichten sind. Anders ist dies nun aufgrund COVID-19.


2020 rückt in den Fokus

Zahlreiche staatliche Maßnahmen zur Stützung der von COVID-19 betroffenen Unternehmen wurden bereitgestellt, die bereits im laufenden Jahr 2020 in Anspruch genommen werden können. So sollen bspw. die Anpassung, Stundung oder gar Erstattung von Steuervorauszahlungen und erweiterte Verlust­nutzungs­mög­lich­keiten die Liquiditätssituation der betroffenen Unternehmen verbessern. Ob die Anspruchsvoraussetzungen im konkreten Fall erfüllt sind, sollte im Rahmen der Tax Due Diligence überprüft werden. Denn ein unberechtigter Antrag stellt eine unrichtige Erklärung gegenüber den Steuerbehörden dar, die im schlechtesten Fall strafrechtliche Konsequenzen für die Geschäftsführung des von COVID-19 betroffenen Unternehmens nach sich zieht.

Allen steuerlichen Hilfsmaßnahmen gemeinsame Voraussetzung ist, dass das Unternehmen nachweislich unmittelbar und erheblich von COVID-19 betroffen sein muss. Die finanzielle Betroffenheit ist in Zu­sam­men­ar­beit mit den Kollegen der Financial Due Diligence zu analysieren. Aufgrund unterschiedlicher Antrags- und Nachweisanforderungen in den Bundesländern ist diese Prüfung bereits national komplex. Wurden Hilfsmaßnahmen im Ausland in Anspruch genommen, sind ausländische Steuerexperten in die Tax Due Diligence einzubeziehen. 

Neue Themenfelder werden Analyseschwerpunkt

Konzerninterne Umwandlungen sind seit jeher Analysegegenstand. Von COVID-19 betroffene Unternehmen haben bspw. gruppeninterne Um­struk­turierungen vorgenommen, um Bankenanforderungen an die Sicherheitengestellung zu genügen oder – gegenläufig – Asset Protection zu betreiben.

Das Umwandlungssteuergesetz eröffnet Möglichkeiten, konzerninterne Umstrukturierungen EU-weit idealerweise steuerneutral vorzunehmen. Die Umsetzung sollte in der Tax Due Diligence analysiert werden, um spätere Steuernachforderungen und steuerliche Haltefristen berücksichtigen zu können. 

Außerhalb des Umwandlungssteuergesetzes kann ggfs. die negative Ergebnisentwicklung für Um­struk­turierungen genutzt werden. Dies ist der Fall, wenn das „schlechte“ Jahr 2020 in die Un­ter­nehmens­be­wertung einbezogen werden kann. In diesem Fall sollte die Tax Due Diligence die steuerliche Bewertung als Grundlage für die (reduzierte) Besteuerung stiller Reserven überprüfen.

Wenn von COVID-19 betroffene Unternehmen das Instrument der konzerninternen Finanzierung nutzen, ist aus steuerlicher Sicht auf fremdübliche Bedingungen zu achten. Andernfalls drohen steuerliche Korrekturen. Im grenzüberschreitenden Kontext kann dies nicht nur die Höhe des Zinssatzes, sondern ggfs. auch die Substanz des Darlehens betreffen. Die Abschreibung notleidender Darlehen wird steuerlich im Regelfall nicht anerkannt. Es drohen nachträgliche Steuerzahlungen, wenn diese Sachverhalte unzutreffend steuerlich behandelt werden. 

Folgt das Unternehmen der Strategie der Cash Repatriation, so ist auf den korrekten Einbehalt und die Abführung von Quellensteuern im Ausland zu achten. Dieser Liquiditätsabfluss kann ggfs. durch Freistellungsbescheinigungen vermieden werden. Liegen diese nicht (rechtzeitig) vor, sind nachträgliche Quellensteueransprüche zu berücksichtigen.

Von COVID-19 betroffene Unternehmen können einen vorläufigen Verlustrücktrag aus 2020 in Höhe von pauschal 30 Prozent der Steuerfestsetzung für 2019 in Anspruch nehmen. Gleichzeitig wurde der Verlustrücktrag von max. 1 Mio. Euro (bzw. 2 Mio. Euro bei Ehegatten) auf max. 5 Mio. Euro (bzw. 10 Mio. Euro bei Ehegatten) erhöht. Voraussetzung für die Inanspruchnahme ist, dass die Vorauszahlungen für 2020 auf Null herabgesetzt wurden. Erweisen sich die Voraussetzungen nachträglich als nicht erfüllt, drohen bei einer Korrektur ggfs. auch hohe Zinslasten.

Die Umsatzsteuer rückt nun – erstmals branchenübergreifend – in den Analysefokus. Neben vielen Einzelmaßnahmen ist insbesondere die temporäre Umsatzsteuersenkung mit dem Ziel der Konsumförderung im zweiten Halbjahr 2020 relevant. Viele Unternehmen sehen sich hohen Anforderungen an die IT-seitige Umsetzung der Regelungen konfrontiert. Aufgrund der großen finanziellen Auswirkungen von Fehlern sollten Umsatzsteuerexperten in die Tax Due Diligence einbezogen werden.

Je nach Unternehmensgegenstand können Lohnsteuer und Sozialversicherungsabgaben zum gesonderten Analysegegenstand werden. Denn aufgrund fehlender Reisemöglichkeiten und der vermehrten Tätigkeit im Home Office können Unternehmen im grenzüberschreitenden Kontext (ungewollte) Betriebsstätten begründen. Dies hat nicht nur Folgen für die Unternehmensbesteuerung im Betriebsstättenstaat. Steuer- und abgabenpflichtig werden auch die dort tätigen Mitarbeiter. Da der Arbeitgeber regelmäßig für die Abgaben der Mitarbeiter haftet, sind diese zusätzlichen Personalkosten im Rahmen der Tax Due Diligence zu identifizieren. Finanzielle Auswirkungen können sich auch ergeben, wenn der Unternehmer oder Eigentümer über längere Zeit außerhalb des Sitzstaates des Unternehmens tätig wird. Dann wird am Tätigkeitsort ggfs. der Ort der Geschäftsleitung angenommen werden. Es droht eine teure Doppelbesteuerung infolge der Doppelansässigkeit.

Fazit

Die steuerlichen COVID-19 Hilfsmaßnahmen im In- und Ausland entlasten Unternehmen, wenn sie richtig eingesetzt werden. Andernfalls drohen teure Nachzahlungen bis hin zu strafrechtlichen Konsequenzen. Die veränderte steuerliche Risiko- und Haftungssituation sollte gründlich analysiert und mit den Kollegen aus dem Bereich Legal im Vertragswerk entsprechend reflektiert werden.

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Dr. Susanne Kölbl

Steuerberaterin, Diplom-Kauffrau

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