Besteuerung von Earn-Out-Zahlungen – die Frage nach dem Zeitpunkt

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veröffentlicht am 20. Januar 2023 | Lesedauer ca. 3 Minuten

 

M&A-Transaktionen sind oftmals geprägt durch unterschiedliche Vorstellungen von Käufer und Verkäufer über die zukünftige Entwicklung des Zielunternehmens. Um die abweichenden Vorstellungen zu vereinigen, kann eine sog. Earn-Out Klausel vereinbart werden. Eng verbunden mit der Ausgestaltung einer Earn-Out Klausel ist die Frage, zu welchem Zeitpunkt der Veräußerer mit dem Earn-Out zusammenhängende nachträgliche Kaufpreiszahlungen zu versteuern hat und der Erwerber nachträgliche Anschaffungskosten geltend machen kann.

Earn-Out als Kaufpreismechanismus zur Förderung einer Einigung zwischen den Verhandlungspartnern

Im Rahmen von Unternehmenstransaktionen können zwischen den Verhandlungspartnern unterschiedliche Vorstellungen über die zukünftige Entwicklung des Zielunternehmens bestehen. Diese abweichenden, zukunftsorientierten Zielvorstellungen basieren häufig auf unterschiedlichen Einschätzungen des Marktpotenzials, neuer Technologien und des Wettbewerbsumfelds des Targets, die insbesondere durch Krisenzeiten und eine pessimistische Zukunftsprognose beeinflusst werden. Nicht selten ergeben sich divergierende Vorstellungen auch aus der besonderen Stellung des bisherigen Unternehmensinhabers und dessen persönlichen Einfluss auf die Geschäftsentwicklung.

 

Um dennoch abweichende Zielvorstellungen von Käufer und Verkäufer zu vereinigen, können die Verhandlungspartner eine sog. Earn-Out Klausel in die Vertragsgestaltung einfließen lassen. Eine Earn-Out Vereinbarung ist ein Kaufpreismechanismus, bei dem ein Teil des zu zahlenden Kaufpreises – abhängig vom Erreichen bestimmter Ziele – erst in der Zukunft fällig wird. So setzt sich der vereinbarte Kaufpreis aus einem fixen Teil und einem variablen, zukunftsorientierten Teil („Earn-Out”) zusammen.

 

Die Höhe der Earn-Out Zahlungen ist regelmäßig von dem Erreichen bestimmter Ziele des Targets während eines festzulegenden Bemessungszeitraums („Earn-Out Periode”) i.d.R. nach dem Closing abhängig. Der Bemessungszeitraum beträgt üblicherweise zwei bis drei Jahre. Die Ziele werden dabei i.d.R. an verschiedenen Performanceindikatoren (z.B. EBITDA, Umsatz, Jahresüberschuss) gemessen. Hierbei ist mitunter darauf zu achten, dass etwaige Einflussmöglichkeiten insbesondere durch den Käufer auf die Ermittlung der Performanceindikatoren minimiert werden. Zu diesem Zweck sollten die Voraussetzungen für den Earn-Out sowie die Berechnung der Höhe des Earn-Outs möglichst detailliert im Kaufvertrag festgelegt werden.


Zeitpunkt der steuerlichen Berücksichtigung von zukünfitgen Earn-Out Zahlungen

Eng verknüpft mit der konkreten Ausgestaltung von zukünftigen Earn-Out Zahlungen sind etwaige steuerliche Rechtsfolgen. Dies ist regelmäßig sowohl für den Veräußerer als auch den Erwerber von Bedeutung. Entscheidend für beide Verhandlungspartner ist der Zeitpunkt der steuerlichen Berücksichtigung nachträglicher Kaufpreiszahlungen.

 

Für den Veräußerer ist es von Interesse, ob er die Besteuerung nachträglicher Kaufpreiszah-lungen in die Zukunft verlagern oder ggf. diese noch in das Jahr der Veräußerung antizipieren kann, um etwaige nachträgliche Kaufpreiszahlungen bspw. mit bis zum Veräußerungszeitpunkt bestehenden steuerlichen Verlustvorträgen verrechnen zu können.

 

  • Grundsätzlich kommt es hinsichtlich der steuerlichen Erfassung des vom Veräußerer rea-lisierten Veräußerungsgewinns nicht auf den tatsächlichen Zufluss der Kaufpreiszahlung an. Relevant ist vielmehr der Zeitpunkt des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums an dem übertragenen (Teil-)Betrieb, Mitunternehmeranteil oder Anteil an einer Kapitalgesellschaft.
  • Bei nicht ausschließlich umsatz- und/oder gewinnabhängigen Kaufpreisbestandteilen führt ein zeitlich später zufließender Earn-Out regelmäßig zu einer rückwirkenden Anpassung des Veräußerungsgewinns im Jahr der Veräußerung. Aus steuerlicher Sicht liegt regelmäßig ein sog. rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) vor und die Steuerbescheide des Veräußerungsjahres sind entsprechend zu ändern. Ein rückwirkendes Ereignis liegt jedoch mitunter nur dann vor, wenn der Rechtsgrund für die später zu leistenden Earn-Out Zahlungen im ursprünglichen Kaufvertrag angelegt ist.
  • Eine abweichende Beurteilung kann sich nach gefestigter Rechtsprechung ergeben, wenn der Earn-Out auf rein umsatz- und/oder gewinnabhängigen Größen basiert. Dies hat regelmäßig zur Folge, dass ein rückwirkender Bezug auf den Zeitpunkt der Veräußrung nicht möglich ist, sondern eine Versteuerung regelmäßig erst im Zeitpunkt (Veranlagungszeitraum) der tatsächlichen Realisation, d.h. mit Zufluss der Zahlung erfolgt.

Im Gegensatz zum Veräußerer hat der Erwerber regelmäßig ein Interesse daran, seine Aufwendungen im Rahmen der Transaktion schnellstmöglich in Form von zukünftigem Abschreibungspotenzial zu nutzen. Deshalb wird sein Vorteil mitunter davon abhängig sein, ob der Unternehmenstransaktion ein Asset oder Share Deal zugrunde liegt. Insbesondere im Rahmen eines Asset Deals stellt sich neben der Allokation des nachträglichen Kaufpreises auf die vorhandenen Wirtschaftsgüter die Frage, zu welchem Zeitpunkt – aufgrund nachträglicher Kauf-preiszahlungen – die Abschreibungsbasis der erworbenen Wirtschaftsgüter zu erhöhen ist und sich das weitere Abschreibungspotenzial entfaltet. Die Mehrheit in der steuerlichen Fachlite-ratur vertritt die Auffassung, dass insbesondere bei umsatz- und/oder gewinnabhängigen Earn-Out Zahlungen eine Berücksichtigung als nachträgliche Anschaffungskosten erst im Zeitpunkt der Zahlung erfolgt, d.h. wenn die Bedingungen für die Earn-Out Zahlungen erfüllt sind.

 

Fazit

Earn-Out Klauseln im Kaufvertrag bieten sowohl dem Veräußerer als auch dem Erwerber – gerade bei abweichenden Vorstellungen über das Entwicklungspotential des Zielunternehmens – eine Möglichkeit sich dennoch auf einen Kaufpreis zu verständigen. Eng mit der konkreten Ausgestaltung einer Earn-Out Klausel als Kaufpreismechanismus sind etwaige steuerliche Rechtsfolgen verbunden. Hierbei sollte bereits im Rahmen der Transaktion geprüft werden, inwiefern sich der Zeitpunkt der steuerlichen Berücksichtigung von nachträglichen Kaufpreiszahlungen vertraglich gestalten lässt.

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Michael Wiehl

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