M&A Vocabulary – Experten verstehen: „Memorandum of Understanding bei M&A”

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veröffentlicht am 16. Februar 2023 | Lesedauer ca. 3 Minuten

 

In dieser Fortsetzungsreihe stellen Ihnen wechselnde M&A-Experten der weltweiten Niederlassungen von Rödl & Partner jeweils einen wichtigen Begriff aus der englischen Fachsprache des Transaktions­geschäfts vor, verbunden mit Anmerkungen zur Verwendung. Hierbei geht es nicht um wissenschaftlich-juristische Exaktheit, linguistische Feinheiten oder erschöpfende Darstellung, sondern darum, das Grundverständnis eines Terminus zu vermitteln bzw. aufzufrischen und einige nützliche Hinweise aus der Beratungspraxis zu geben.

Wesen des Memorandum of Understanding („MoU”)

Im Geschäftsleben gibt es verschiedene Situationen, in denen es sinnvoll sein kann, eine Vereinbarung zu schließen, die trotz ihres formellen Charakters nicht bindend, aber doch formaler ist als nur ein Gespräch (das als solches verbindlich sein kann). Dies trifft insbesondere auf komplexere Transaktionen zu (wie M&A oder bestimmte Immobilienprojekte): Die Projektumsetzung im Detail kann vergleichsweise hohe Kosten und die Investition von erheblichem Zeitaufwand in das Projektmanagement erfordern, um (i) eine Due Diligence des Zielunternehmens durchzuführen (ii) die (ggf. erforderlichen) behördlichen Genehmigungen einzuholen und (iii) alle Transaktionsunterlagen zu entwerfen, zu verhandeln und fertigzustellen, einschließlich des Anteilskaufvertrags (bei einem Share Deal) oder Vermögenskaufvertrags (bei einem Asset Deal).

Bevor die Parteien sich mit der Umsetzung des Projekts im Detail befassen, verlangen sie sehr oft eine Bestätigung einiger der grundlegenden Geschäftsbedingungen, die gleichzeitig als Grundlage für die Weiterverfolgung des M&A-Projekts dient. Die wichtigste Bestimmung betrifft den angestrebten Kaufpreis oder die Methode der Kaufpreisberechnung, aber auch die Definition des Kaufgegenstands und die Struktur, d.h. Erwerb oder Verschmelzung, Vermögensbestandteile oder Geschäftsanteile, werden geregelt.  Es gibt verschiedene Begriffe für die Bezeichnung einer solchen Bestätigung der grundlegenden Geschäftsbedingungen, die gängigsten davon sind MoU, Letter of Intent (LOI, Absichtserklärung) oder Term Sheet (Fixierung der Eckpunkte).


Rechtsverbindlich oder nicht?

Auch wenn die Parteien als Rahmen für die geplante Transaktion ein formales Dokument benötigen, das die wichtigsten Bedingungen des Geschäfts fixiert, sollte darauf geachtet werden, dass das MoU die Bestimmungen des Kerndokuments der Transaktion nicht vorwegnimmt, d.h. rechtlich bindend ist, obwohl sich die Parteien in einem frühen Stadium der Transaktion nicht rechtlich binden wollen, da sich die vereinbarten Bedingungen weiterentwickeln können; so kann sich z.B. der Kaufpreis infolge der Ergebnisse einer Due Diligence ändern. 

Wichtig ist, dass bei der Beurteilung, ob ein Dokument rechtsverbindlich ist oder nicht, die Bezeichnung des Dokuments ohne Bedeutung ist; d.h. ein Memorandum of Understanding ist per se nicht verbindlicher als ein Letter of Intent. Pflichten gelten dann als verbindlich oder unverbindlich vereinbart, wenn es die Absicht der Parteien ist, solche Pflichten zu vereinbaren. Außerdem wird in manchen Rechtsordnungen (insbesondere Zivilrechtsordnungen wie in Deutschland) die rechtliche Konstruktion eines Vorvertrags oder eines „Agreement to agree” (Verständigung über Vertragsschluss), die normalerweise die Pflicht begründen, in gutem Glauben den Hauptvertrag (hier: SPA) zu verhandeln, anerkannt. In anderen Rechtsordnungen (insbesondere dem Common Law-System wie in England) gibt es solche Konzepte nicht: Dort ist eine Vereinbarung entweder rechtsverbindlich oder eben nicht.

Angesichts dessen muss in einem MoU mit äußerster Sorgfalt definiert werden, ob die Parteien dem MoU Rechtsverbindlichkeit geben wollen oder nicht. Letztlich kann es von den für das MoU geltenden Gesetzen und der Rechtsordnung, in der es zur Anwendung kommt, abhängen, ob ein MoU rechtsverbindlich ist oder nicht.

Im Ergebnis schafft ein MoU auch Sicherheit, da sich die Parteien sehr häufig treffen und viele Gespräche führen werden, um sich im Vorfeld über den Rahmen für die Transaktion zu einigen: ein MoU dokumentiert diese Besprechungen und kann dabei helfen, zu vermeiden, dass durch Gespräche oder E-Mail-Korrespondenz unbeabsichtigte Vereinbarungen getroffen werden, indem es bestätigt, was gesagt wurde, und auch die Tatsache, dass die Gespräche nicht bindend sind, solange die Kerndokumente der Transaktion nicht unterzeichnet wurden.


Sonstige begleitende Dokumente

Zu beachten ist, dass es in einem frühen Stadium einer Transaktion auch andere begleitende Vereinbarungen, wie die Ausschließlichkeits- oder die Geheimhaltungsvereinbarung, geben kann, die regelmäßig rechtsverbindlich sind und durchsetzbar sein sollen. Diese sollten entweder getrennt von einem MoU geschlossen werden oder – soweit sie in das MoU aufgenommen werden – es muss klar definiert werden, welche Bestimmungen des MoU rechtsverbindlich sind und welche nicht.


Fazit

Das MoU ist ein Standardwerkzeug bei Unternehmenstransaktionen, um in einem frühen Stadium bestimmte Bedingungen unverbindlich festzulegen, sofern das MoU geschickt verfasst wurde. Ein MoU, das unbeabsichtigt Bindungswirkung entfaltet, kann verheerende Folgen haben. Das MoU ist regelmäßig rechtlich unverbindlich, enthält jedoch starke Anhaltspunkte für die geschäftlichen Absichten der Parteien; das bedeutet, dass regelmäßig ein wichtiger Grund erforderlich ist (wie z.B. das unerwartete Ergebnis einer Due Diligence-Prüfung), wenn von dessen Bestimmungen abgewichen werden soll, damit die andere Partei damit einverstanden ist. 

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Michael Wekezer

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