Die außenwirtschaftsrechtliche Investitionsprüfung: Wissenswertes für Verkäufer

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veröffentlicht am 13. April 2023 | Lesedauer ca. 3 Minuten

 

Bei einem Verkauf von Unternehmen an ausländische Erwerber kann die außenwirtschaftsrechtliche Investitionsprüfung zunehmend relevant sein. Über die mögliche erhöhte Komplexität der Transaktion sollten sich Verkäufer frühzeitig Klarheit verschaffen.

 

Beim (auch teilweisen) Verkauf von Unternehmen an ausländische bzw. nicht in der EU/EFTA ansässige Erwerber, egal ob im Wege des Share oder Asset Deals, insbesondere von Unternehmen des deutschen Mittelstandes, kann die außenwirtschaftsrechtliche Investitionsprüfung zunehmend beachtlich sein.

 

1. Transaktionsplanung

Anders als bei der Fusionskontrolle und dem kartellrechtlichen Freigabeverfahren, sind im Rahmen der außenwirtschaftsrechtlichen Investitionsprüfung Zahlen betreffend Umsatz-, Arbeitnehmern- oder Marktanteil des Zielunternehmens unbeachtlich. Vielmehr kommt es auf bestimmte Aspekte der Erwerberseite und die konkrete Geschäftstätigkeit des Zielunternehmens an. Vergleichbar mit der Fusionskontrolle unterliegen Verkäufe, die außenwirtschaftsrechtlich meldepflichtig sind, einem Vollzugsverbot, bis die Freigabe, ggf. mit Auflagen, durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMKW) erteilt wurde.


Zwar hat eine etwaige Meldung durch den Erwerber zu erfolgen, aber angesichts der Informationsanforderungen bei dieser Meldung auch bezogen auf die Zielgesellschaft, ist dies nicht ohne Mitwirkung der Zielgesellschaft unter Einbeziehung der Verkäufer möglich. Mit Eröffnung eines Prüfverfahrens durch das BMKW bestehen zudem umfassende Auskunfts- und Mitwirkungspflichten aller am Erwerbsvorgang beteiligten Unternehmen oder Personen, also auch für die Verkäufer.


Es ist daher im Interesse der Verkäufer bereits frühzeitig Klarheit über eine etwaige erhöhte Komplexität der Transaktion zu erhalten, mögliche Risiken einschätzen zu können bzw. Transaktionssicherheit zu erlangen.


Die Berücksichtigung des Zeitfaktors im Rahmen der Transaktionsstrukturierung ist ein zentraler Punkt im Rahmen der Transaktionsplanung.


Für die Planung des Transaktionsprozesses durch den Verkäufer bedeutet dies, bereits möglichst frühzeitig den möglichen Erwerber und die eigene Geschäftstätigkeit vor dem Hintergrund von einer möglichen Meldepflicht im Rahmen der außenwirtschaftsrechtlichen Investitionsprüfung einzuordnen.

 

1.1 Der Erwerber

Zunächst sollte geklärt werden, ob es sich bei dem möglichen Erwerber um einen für die außenwirtschaftsrechtliche Investitionsprüfung relevanten Erwerber handelt. Praxisrelevant ist insoweit insbesondere die sektorübergreifende Investitionsprüfung, die grundsätzlich alle Unternehmen unabhängig von der Geschäftstätigkeit bzw. ihrer Produkte betrifft. Relevante Erwerber sind Erwerber, die nicht in der EU/EFTA ansässig sind.


Insoweit ist es nicht mit der Betrachtung des direkten Erwerbers (Käufers) getan, vielmehr ist die gesamte Erwerberkette zu analysieren. So kann die direkte oder indirekte Beteiligung von Parteien in der Erwerberkette mit starken Verbindungen zu "feindlichen" Staaten, unabhängig von ihren Kontrollrechten, das außenwirtschaftsrechtliche Investitionsprüfverfahren erschweren oder verzögern.


Abhängig von der konkreten Geschäftstätigkeit der Zielgesellschaft, aktuell insbesondere im Bereich Halbleiter, werden auch Transaktionen mit Erwerbern aus „freundlichen” Staaten, einer sorgfältigen Prüfung seitens des BMKW unterzogen, was in der Transaktionsplanung zu berücksichtigen ist.

 

1.2 Die Zielgesellschaft

Handelt es sich um einen relevanten Erwerber, ist weiterhin zu klären, ob eine Meldepflicht und damit ein Vollzugsverbot bis zur Freigabe der Transaktion besteht.


Ist das Zielunternehmen im Bereich der Kritischen Infrastrukturen (z.B. Energie- und Wasserversorgung, Verkehr, Telekommunikation, aber auch die medizinische Versorgung) – und werden gewisse Schwellenwerten erreicht oder überschritten – oder im Bereich Kritischer Technologien (wie beispielsweise Halbleiter, Robotik, Künstliche Intelligenz und Quantentechnologie) tätig, ist der Erwerb dem BMKW zu melden und kann erst nach erfolgter Freigabe vollzogen werden.


Verkäufer haben sich daher nicht nur auf eine längere Zeit zwischen Unterzeichnung des Kaufvertrages und dessen Vollzug und – in als durch das BMWK besonders sensibel eingestuften Prüfverfahren – einzustellen, sondern auch auf einen möglicher Weise zeit- und kostenintensiven Abstimmungsprozess zusammen mit der Käuferseite und dem BMWK sowie eventuell auch auf eine Hängepartie, wie einige Prüfungsfälle aus dem Bereich Halbleiter in Kombination mit chinesischen Erwerbern gezeigt haben.   

 

2. Prüffrist

Die Prüfungsfrist im Hauptverfahren von vier Monaten ist auf den ersten Blick überschaubar.
Sie beginnt jedoch erst nach dem vollständigen Eingang der erforderlichen Unterlagen und kann bei Nachfragen, z.B. zur Technologie oder der Geschäftstätigkeit des Verkäufers, auf Grund eingetretener Hemmung, den Prozess verzögern.


Zudem kann das BMWK die Prüffrist einseitig um bis zu drei Monate verlängern, wenn es sich im Einzelfall um einen besonders komplexen Fall handelt (z.B. bei der Beurteilung der Technologie der Zielgesellschaft). Sofern der Erwerb Verteidigungsinteressen in besonderem Maße berührt kann das BMWK die Prüffrist um einen weiteren Monat verlängern, so dass die Frist einseitig um insgesamt vier Monate verlängerbar ist.


Mit Zustimmung des unmittelbaren Erwerbers und des Verkäufers kann die Prüffrist beliebig oft und häufig verlängert werden, z.B. zur Ermöglichung der weiteren Prüfung bei drohendem Fristablauf.

 

3. Unbedenklichkeitsbescheinigung

Besteht keine Meldepflicht, ist im Einzelfall bei Zweifeln zu erwägen, ob zur Erlangung von Transaktionssicherheit ein Antrag auf eine sogenannte Unbedenklichkeitsbescheinigung gestellt wird. Das BMWK kann Erwerbe, soweit keine Unbedenklichkeitsbescheinigung eingeholt wurde, eigenständig aufgreifen und innerhalb von fünf Jahren nach Unterzeichnung des schuldrechtlichen Kaufvertrages prüfen kann, wenn 25% oder mehr der Stimmrechte erworben werden, mit dem Risiko, dass die Transaktion rückabgewickelt werden muss.

 

4. Empfehlungen für die Praxis

  • Frühzeitige Klärung, ob eine Meldung notwendig (Kritische Infrastrukturen, Kritische Technologien) oder ratsam (Transaktionssicherheit mittels Unbedenklichkeitsbescheinigung) ist;
  • Einplanung einer längeren Prüfzeit bei Kritischen Infrastrukturen und im Bereich Halbleiter sowie anderen Hoch- und Zukunftstechnologien zur Vermeidung von Engpässen im Zeitplan der Transaktion und angepasste Regelungen zum Long Stop Date im SPA;
  • Kommerzielle Berücksichtigung der Kosten der Verkäufer und des Aufwands der Zielgesellschaft bei sensiblen Transaktionen und Verhandlung eines Break-Up-Fees für die Verkäufer oder Kostenerstattung bzw. -beteiligung durch den Käufer im Falle des Scheiterns der Transaktion.

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Claudia Geercken

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