Die Wechselwirkung zwischen W&I-Versicherung und M&A-Prozess

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veröffentlicht am 17. Mai 2023 | Lesedauer ca. 2 Minuten

 

W&I-Versicherungen beeinflussen in den Fällen, in denen sie eingesetzt werden, den M&A-Prozess an mehreren Stellen.

Die W&I-Versicherung (W&I steht für Warranties and Indemnities) ist eine Versicherung für Schäden, die insbesondere aus der Verletzung von Garantien in Unternehmenskaufverträgen entstehen. Vor allem in folgenden Konstellationen sind W&I-Versicherungen inzwischen verbreitet und beeinflussen den M&A-Prozess:
  • Fehlende Einigung der Transaktionsparteien über die Risikoverteilung;
  • Geringe Garantien und Haftungshöchstbeträge aufgrund einer starken Verhandlungsposition des Verkäufers oder bei Distressed M&A-Transaktionen;
  • Private Equity-Fonds als Verkäufer (Clean Exit).

 

Die W&I-Versicherung ist zwar ein rechtlich eigenständiger Vertrag, der jedoch mit den im Kaufvertrag vereinbarten Regelungen zur Haftung des Verkäufers zusammenhängt. Denn die Rechtsfolgen von Garantieverletzungen sind in der Regel im Kaufvertrag geregelt und betreffen speziell den Umfang des zu ersetzenden Schadens, Haftungshöchstbeträge, Selbstbehalte, Baskets und De-minimis-Beträge.

 

Prinzipiell kann eine W&I-Versicherung entweder durch den Verkäufer oder durch den Käufer abgeschlossen werden. Die verkäuferseitige W&I-Versicherung ist eine Haftpflichtversicherung. Hier ist der Verkäufer als Versicherungsnehmer  primär geschützt. Versichert ist das Risiko des Verkäufers, dass der Käufer im Falle von Garantieverletzungen Ansprüche gegen ihn geltend macht.
Bei der Käuferversicherung handelt es sich dagegen um eine Erstversicherung. Hier ist der Käufer Versicherungsnehmer und damit primär geschützt. Auf der Grundlage der W&I-Versicherung kann der Käufer seine Schäden, die aus der Verletzung von Garantien durch den Verkäufer resultieren, unmittelbar gegenüber dem Versicherer geltend machen. Ein Vorteil der Käuferversicherung besteht darin, dass sich der Käufer mit seinem Entschädigungsanspruch direkt an den Versicherer wenden kann, ohne dass er sich zuerst an den Verkäufer wenden muss.

 

Wechselwirkung zwischen W&I-Versicherung und Kaufvertrag

Das Zusammenspiel von W&I-Police und Kaufvertrag betrifft sowohl die tatbestandlichen Voraussetzungen als auch die Rechtsfolgen einer Garantieverletzung. Hier ist eine genaue inhaltliche Abstimmung der beiden grundsätzlich unabhängig voneinander bestehenden Verträge wichtig, um die Interessen der Beteiligten bestmöglich widerzuspiegeln und spätere Auslegungsschwierigkeiten sowie ungewollte Deckungslücken oder -erweiterungen zu vermeiden.

 

Auch die weitere Gestaltung der Garantieerklärung des Verkäufers kann durch das Bestehen einer W&I-Versicherung stark beeinflusst werden. So wird es für einen Verkäufer oft leichter sein, große Haftungshöchstbeträge und niedrige Selbstbeteiligungen, Baskets und De-minimis-Beträge sowie lange Verjährungsfristen zu akzeptieren, wenn die W&I-Versicherung vorrangig haftet. Umgekehrt ist es für den Käufer leichter, geringe Haftungshöchstbeträge und hohe Selbstbeteiligungen, Baskets und De-minimis-Beträge vom Verkäufer zu akzeptieren, wenn ein W&I-Versicherer bereit ist, eine darüberhinausgehende Deckung zu übernehmen.

 

Was den zeitlichen Bezugspunkt einer Garantie betrifft, so decken W&I-Versicherungen grundsätzlich keine zukunftsgerichteten Aussagen ab, da diese mit kaum kalkulierbaren Risiken einhergehen würden. Zukunftsgerichtete Aussagen, die den Zeitpunkt des Vollzugs der Transaktion betreffen, können ausnahmsweise für einen Versicherer akzeptabel sein, sofern der Zeitraum zwischen Unterzeichnung und Abschluss der Transaktion innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens bleibt. Aus Sicht des Versicherers ist es elementar, dass die Abgabe einer Deckungszusage von einem sog. Bring-Down Certificate des Verkäufers begleitet wird, um sicherzustellen, dass zwischenzeitlich bekannt gewordene Umstände vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind.

 

Die Rechtsfolgen einer im Kaufvertrag vorgesehenen Garantieverletzung sind nicht per se in gleicher Weise versichert wie im W&I-Vertrag. Häufig gibt es jedoch versicherungsvertragliche Regelungen, die die Regelungen des Kaufvertrages spiegeln.

 

In W&I-versicherten Transaktionen ist häufig eine Begrenzung auf einen sehr kleinen, symbolischen Haftungshöchstbetrag des Verkäufers zu beobachten, so dass für den Verkäufer praktisch kein eigenes Haftungsrisiko verbleibt. In solchen Fällen ist die Versicherungssumme des Versicherers von der kaufvertraglichen Deckelung entkoppelt und übersteigt diese um ein Vielfaches.

 

Die W&I-Versicherung umfasst nur unbekannte Risiken. Offengelegte Risiken und Risiken, die dem Käufer bei Vertragsabschluss bekannt waren, sind daher grundsätzlich von der Deckung ausgeschlossen.

 

Wechselwirkung zwischen W&I-Versicherung und Due Diligence

Ebenso wie bei bekannten Risiken ist ein W&I-Versicherer grundsätzlich nicht bereit, Garantierisiken in Bezug auf Sachverhalte zu übernehmen, die im Rahmen der Due Diligence nicht oder nicht ausreichend geprüft werden konnten. Die entsprechende Prüfung ist ein Kernelement des Underwriting-Prozesses, da in diesen Fällen regelmäßig keine ausreichende Grundlage für eine valide Risikoeinschätzung vorliegt. Der Einsatz von W&I-Versicherungen beeinflusst also den Scope-of-Work der Due Diligence.

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