Die Haftung des Geschäftsführers einer Kommanditisten-GmbH gegenüber einer GmbH & Co. KG

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veröffentlicht am 15. September 2023 | Lesedauer ca. 4 Minuten

 

Nach dem gesetzlichen Regelfall sind Kommanditisten einer Kommandit­gesellschaft grundsätzlich von der Führung der Geschäfte der Gesellschaft ausgeschlossen. Bei einer GmbH & Co. KG ist die Geschäftsführung grundsätzlich Aufgabe der Komplementär-GmbH. Dennoch kann im Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaft vereinbart werden, dass die Geschäftsführung – abweichend von der gesetzlichen Regelung in § 164 HGB – insgesamt den Kommanditisten übertragen wird.

Eine solche Übertragung erfolgte auch im vorliegenden, diesem Beitrag zugrundeliegenden Fall, mit dem sich der Bundesgerichtshof (BGH) (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14. März 2023 (II ZR 162/21)) zu befassen hatte.

Hierbei entschied der zweite Senat zum einen eine Verschärfung der Geschäftsführerhaftung durch Erstreckung des Schutzbereichs des Organ- und Anstellungsverhältnisses eines Geschäftsführers zwischen diesem und der Kommanditisten-GmbH auf das Verhältnis Kommanditgesellschaft und Geschäftsführer.

Zum anderen nahm der BGH mit dem zugrunde liegenden Urteil zur Haftung und Aufgabenverteilung innerhalb der Kommanditisten-GmbH selbst Stellung. Die Haftungserweiterung im vorstehend genannten Sinne erfolge auch dann, wenn die Geschäftsführung nicht die alleinige oder wesentliche Aufgabe der Kommanditisten-GmbH ist.
 

Sachverhalt

Die D. GmbH & Co. KG (nachfolgend „Schuldnerin”) warb Anlegergelder ein und stellte diese der insolventen D. AG als Darlehen zum Erwerb von Immobilien zur Verfügung. Im Darlehensvertrag war die umfangreiche Besicherung des Darlehens vorgesehen. Am 31. Mai 2012 überwies die Schuldnerin an die D. AG hierzu unter anderem einen Betrag i.H.v. EUR 510.000.


Zur Geschäftsführung bei der Schuldnerin war ausschließlich ihre Kommanditistin, die U. GmbH, die noch bei anderen Fondsgesellschaften geschäftsführend tätig war, berechtigt. Einer der Geschäftsführer der U. GmbH war der Beklagte des Gerichtsverfahrens, der die streitgegenständliche Überweisung vom 31. Mai 2012 jedoch nicht tätigte. Zum Zeitpunkt dieser Überweisung war das bis dato gewährte Gesamtdarlehen jedoch im Widerspruch zum Darlehensvertrag nur zu einem geringen Bruchteil besichert worden.


Der Kläger, Insolvenzverwalter der Schuldnerin, nahm den Beklagten gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG wegen der Überweisung vom 31. Mai 2012 auf Zahlung eines Teilbetrages i.H.v. EUR 200.00 in Anspruch.

 

Die vorstehend genannte Anspruchsnorm regelt die solidarische Haftung von Geschäftsführern gegenüber der Gesellschaft, die ihre Obliegenheiten verletzen. Demnach kann die Gesellschaft grundsätzlich gegen ihren Geschäftsführer, der die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes verletzt, einen Schadensersatzanspruch geltend machen.

 

Der Schutzbereich des zwischen der Kommanditisten-GmbH und ihrem Geschäftsführer bestehenden Organ- und Anstellungsverhältnisses erstreckt sich im Hinblick auf seine Haftung aus § 43 Abs. 2 GmbHG im Falle einer sorgfaltswidrigen Geschäftsführung auf die Kommanditgesellschaft.
Der BGH stellte klar, dass eine geschäftsführende Kommanditistin ebenso wie eine geschäftsführende Komplementärin die Geschäftsführungstätigkeiten mit der hierfür gebotenen Sorgfalt ausüben müsse. Im Falle einer sorgfaltswidrigen Geschäftsführung der Kommanditgesellschaft durch den Geschäftsführer der Kommanditisten-GmbH stehe der Kommanditgesellschaft ein Schadensersatzanspruch nach § 43 Abs. 2 GmbHG i.V.m. dem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter gegen den Geschäftsführer zu, dessen Voraussetzungen der BGH vorliegend bejahte.


Zur Begründung dieses eigenen und direkten Anspruchs der Kommanditgesellschaft gegen den Geschäftsführer führte der BGH die Erstreckung des Schutzbereichs des zwischen der Kommanditisten-GmbH und ihrem Geschäftsführer bestehenden Organ- und Anstellungsverhältnisses auf das Verhältnis Kommanditgesellschaft–Geschäftsführer an.


Insbesondere bestehe aufgrund von Treu und Glauben das Bedürfnis für eine solche Haftungserweiterung. Denn die Kommanditgesellschaft verfüge regelmäßig nicht über Befugnisse, um beispielsweise im Wege eines Weisungsrechts unmittelbar auf den Geschäftsführer der geschäftsführenden Kommanditisten-GmbH einzuwirken.


Da sich in der vorliegenden Konstellation Fehlleistungen der Geschäftsführung zwangsläufig stets und in erster Linie zum Nachteil der Kommanditgesellschaft auswirken, komme die Kommanditgesellschaft nach Ansicht des BGH auch bestimmungsgemäß mit der Leistung des Geschäftsführers in Berührung.


Des Weiteren stellte der BGH klar, dass das Interesse der geschäftsführenden Kommanditisten-GmbH an der Einbeziehung der Schuldnerin in den eingangs dargestellten Schutzbereich für den Beklagten als Geschäftsführer der Kommanditisten-GmbH erkennbar und ihm diese Haftungserstreckung zumutbar war. Dies gelte auch dann, wenn die Geschäftsführung bei der Schuldnerin nicht die einzige Aufgabe der Kommanditisten-GmbH, die in weiteren Fondsgesellschaften geschäftsführend tätig war, darstellt. Die Kommanditgesellschaft dürfe darauf vertrauen, dass der Geschäftsführer ihrer geschäftsführenden GmbH die geschuldete Obhut und Fürsorge ungeachtet der Anzahl weiterer übernommener Geschäftsführungen oder sonstiger gesellschaftsfremder Aufgaben entgegenbringt.

 

Eine Haftungserweiterung im vorstehend genannten Sinne hat der BGH auch nicht deswegen abgelehnt, weil die Geschäftsführung der Schuldnerin nach der internen Ressortverteilung nicht Aufgabe des Beklagten war.


Der Beklagte müsse die eingangs erwähnte Überweisung trotz der internen Unzuständigkeit verhindern.


Zur Begründung der Pflichtverletzung des Beklagten führte das Gericht aus, dass den Geschäftsführer wegen seiner Allzuständigkeit Überwachungspflichten treffen, denen er ordnungsgemäß nachkommen müsse. Der Geschäftsführer ist insbesondere dazu angehalten, Hinweisen auf Fehlentwicklungen oder Unregelmäßigkeiten in einem fremden Ressort immer und unverzüglich nachzugehen. Gründe, diese Pflicht bei einem ressortunzuständigen Geschäftsführer anders zu behandeln, bestehen nach Ansicht des BGH nicht. Dafür wird angeführt, dass der Ressortunzuständigkeit des Geschäftsführers durch die Herabstufung der Geschäftsführungspflichten zu Überwachungspflichten ausreichend Rechnung getragen wird.


Schlussfolgerung

Die vorliegende Entscheidung des BGH hat für die Schutzbedürftigkeit einer GmbH & Co. KG sowie für die Geschäftsführerhaftung im vorstehend näher dargelegten Zusammenhang eine grundlegende und richtungsweisende Bedeutung. Ein Geschäftsführer einer Kommanditisten-GmbH, die geschäftsführend für eine GmbH & Co. KG tätig wird, kann sich einer Haftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG nicht mehr mit dem Argument entziehen, nicht als Komplementärin agiert zu haben.


Auch ist eine Ablehnung der Geschäftsführerhaftung vor dem Hintergrund, intern für ein bestimmtes Geschäft nicht zuständig gewesen zu sein, nicht anzunehmen.


Damit erweitert der BGH seine bisherige Rechtsprechung, wonach der Schutzbereich des zwischen der Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG und ihrem Geschäftsführer bestehenden Organ- und Anstellungsverhältnisses im Hinblick auf die Haftung des Geschäftsführers aus § 43 Abs. 2 GmbHG auf die Kommanditgesellschaft zu erstrecken ist, auch auf die vorstehend genannte Konstellation der Geschäftsführung durch eine Kommanditisten-GmbH.


Folglich ist es für die Haftung eines Geschäftsführers richtigerweise irrelevant, ob eine Komplementär-GmbH oder eine Kommanditisten-GmbH die Geschäftsführung bei einer GmbH & Co. KG übernommen hat, da es maßgeblich auf die Geschäftsführung und nicht auf die Art der Gesellschafterstellung ankommt.

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