Die Schlussbilanz im Umwandlungsrecht – Aber bitte pünktlich!

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​​​​​veröffentlicht am 18. Juni 2025 | Lesedauer ca. 3 Minuten

 

Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Schlussbilanz im Rahmen von Umwandlungsvorgängen nach dem Umwandlungsgesetz (UmwG) wirksam bei der Anmeldung zum Handelsregister berücksichtigt werden kann, ist seit Langem umstritten. 


Zwei aktuelle Entscheidungen aus dem Jahr 2025 – des Bundesgerichtshofs (BGH) und des Kammergerichts (KG) Berlin – beleuchten diesen Streit aus gegensätzlichen Perspektiven. Während der BGH eine flexible, praxisnahe Handhabung zulässt und die Nachreichung einer noch nicht existenten Bilanz unter bestimmten Bedingungen erlaubt, hält das KG strikt an der Erfordernis fest, dass die Bilanz bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung aufgestellt und festgestellt sein muss. 

Der folgende Beitrag vergleicht kurz beide Entscheidungen und beleuchtet ihre praktische Tragweite mit Empfehlungen.

Die Entscheidungen beschäftigen sich mit der Frage, ob eine Schlussbilanz bei der Anmeldung einer Verschmelzung bzw. Abspaltung nachgereicht werden darf – insbesondere, wenn sie zum Zeitpunkt der Anmeldung noch nicht erstellt war.

Zunächst zu rechtlichen Einordnung sowie zum Hintergrund

§ 17 UmwG regelt die Anforderungen an die Schlussbilanz, die bei bestimmten Umwandlungsvorgängen – insbesondere Verschmelzung und Spaltung – zwingend einzureichen ist. Im Kern geht es in dieser Vorschrift darum, dass einer Anmeldung zur Eintragung einer Umwandlungsmaßnahme zum Handelsregister die Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers beizufügen ist. Die Bilanz darf dabei auf einen höchstens acht Monate vor dem Anmeldetag liegenden Stichtag aufgestellt worden sein.

Der Wortlaut des Gesetzes verlangt mithin, dass die Schlussbilanz „beizufügen“ und „auf einen bestimmten Stichtag aufgestellt sein muss“. 

Unklar war bislang, ob die Bilanz bei Anmeldung bereits existieren muss oder eine nachträgliche, aber stichtagsgerechte Nachreichung ausreicht.

Entscheidung des Kammergerichts Berlin aus Februar 2025

Das Kammergericht vertritt die Auffassung, dass die Schlussbilanz zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits aufgestellt und festgestellt sein muss. Das Nachreichen einer noch nicht existenten Bilanz sei nicht zulässig.

Das höchste Berliner Gericht begründet seine Entscheidung zunächst mit dem Wortlaut des § 17 UmwG. Dort stehe „beizufügen“ und „aufgestellt worden ist“. Allein dies setze das Vorliegen einer existierenden Bilanz zum Anmeldetag voraus. Eine Nachreichung einer noch nicht erstellten Bilanz würde den 8-Monatszeitraum faktisch verlängern und die gesetzgeberische Systematik unterlaufen. Es bestehe sonst das Risiko, dass wesentliche Entscheidungen auf ungesicherter Datenbasis erfolgen. Der Gläubigerschutz verlange eine vollständige Informationslage bereits bei der Anmeldung.

Entscheidung des BGH aus März 2025

Der BGH entschied, dass eine stichtagsgerechte Schlussbilanz auch nach der Anmeldung nachgereicht werden kann, selbst wenn sie im Zeitpunkt der Anmeldung noch nicht erstellt war, sofern dies „zeitnah“ geschieht.

Zur Begründung führt der BGH aus, dass die 8-Monatsfrist in § 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG lediglich für den Abstand zwischen dem Stichtag der einzureichenden Bilanz und der Anmeldung der Umwandlung, nicht aber auch für den Abstand zwischen dem Stichtag der Bilanz und ihrer Erstellung oder Einreichung bei Gericht, gelte.

Auch könne das zuständige Registergericht fehlende Unterlagen per Zwischenverfügung nachfordern. Die Verweigerung einer Eintragung wegen eines nachholbaren Mangels ohne Möglichkeit der Nachreichung widerspreche dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dem Grundsatz des Gläubigerschutzes werde dadurch Rechnung getragen, so der BGH, solange die Bilanz stichtagsgerecht sei und zeitnah eingereicht werde.

Bewertung und Folgen

Während der BGH einen pragmatischeren Ansatz unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes verfolgt und eine zeitnahe Nachreichung zulässt, orientiert sich das Kammergericht strikt am Wortlaut des UmwG.

Im Ergebnis erleichtert die BGH-Entscheidung Unternehmen damit die Anmeldung von Umwandlungsvorgängen und setzt sozusagen auf eine flexiblere Lösung unter Wahrung bestimmter Voraussetzungen.

Die Berliner Richter bestehen dagegen auf die formale Einhaltung der Voraussetzungen des UmwG.

Fazit zur zeitlichen Einordnung der beiden Entscheidungen

Die Entscheidung des KG vom 18. Februar 2025 war zum Zeitpunkt ihres Erlasses noch in Übereinstimmung mit der bis dahin vorherrschenden Rechtsprechungslinie. Doch bereits einen Monat später hat der BGH mit seinem Beschluss vom 18. März 2025 diese enge Auslegung überholt und eine neue – flexiblere – Rechtsauffassung begründet.

Damit wurde die Rechtslage im März 2025 höchstrichterlich neu justiert, was erhebliche Auswirkungen auf künftige Handelsregisteranmeldungen von Umwandlungen hat.

Das Urteil des KG ist aktuell noch nicht rechtskräftig. Der BGH wird sich hierzu im Rahmen der eingereichten Rechtsbeschwerde äußern müssen. Es ist aber nicht zu erwarten, dass der BGH von seiner eigenen Entscheidung aus März 2025 abweichen wird. Der BGH hat in seiner Entscheidung ausdrücklich festgestellt, dass eine stichtagsgerechte Schlussbilanz nach § 17 Abs. 2 Satz 1 und 4 UmwG auch nachträglich eingereicht werden darf. Nach Ansicht des BGH gelte dies unabhängig davon, ob die Bilanz im Zeitpunkt der Anmeldung bereits erstellt war, vorausgesetzt die Nachreichung erfolgt „zeitnah“. Der BGH hat sich ausführlich mit der Gegenauffassung – wie sie das Kammergericht vertritt – auseinandergesetzt und diese Im Ergebnis verworfen.

Empfehlungen für die Praxis

Auch wenn Ihre Schlussbilanz bei Anmeldung zum Handelsregister noch nicht vorliegt, ist eine rechtzeitige Einreichung weiterhin möglich – der Bundesgerichtshof hat dies unter bestimmten Voraussetzungen ausdrücklich zugelassen. 

Um Verzögerungen und Rückfragen der Registergerichte zu vermeiden, empfehlen wir dennoch eine frühzeitige Erstellung und Feststellung der Bilanz und ggf. eine Kontaktaufnahme mit dem zuständigen Registergericht.

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Thomas Löhrer, LL.M. (Singapore)

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