Netzübernahmen aus arbeitsrechtlicher Sicht

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von Corinna Hielscher

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  • Bei zukünftig anstehenden Netzübernahmen im Energiesektor bestehen aus arbeitsrechtlicher Sicht erhebliche Einflussnahmemöglichkeiten der bisherigen Netzinhaber.
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  • Durch betriebliche Umstrukturierungen können bisherige Netzinhaber beeinflussen, ob eine Netzübernahme als Betriebsübergang zu qualifizieren ist und damit, ob und gegebenenfalls wie viele Arbeitnehmer auf den neuen Netzinhaber übergehen.
Aufgrund vieler auslaufender Netzkonzessionen wird es im Energiesektor verstärkt zu Netzübernahmen durch neue Konzessionsinhaber kommen. Insbesondere arbeitsrechtliche Aspekte müssen dabei von allen Beteiligten und speziell von den Netzübernehmern beachtet werden. So stellt sich bei Netzübernahmen stets die Frage, ob diese einen Betriebsübergang im Sinne des § 613a BGB auslösen und damit im Rahmen der Netzübernahme Mitarbeiter des bisherigen Netzbetreibers auf den Netzübernehmer übergehen. Dies kann im Einzelfall gravierende wirtschaftliche Auswirkungen für alle Beteiligten haben.

So umfasst der Schutzzweck des § 613a BGB zwingend neben dem besonderen Kündigungsschutz der betroffenen Arbeitnehmer einen besonderen Bestandsschutz hinsichtlich der für die betroffenen Arbeitsverhältnisse geltenden Rechte und Pflichten und grundsätzlich die Kontinuität des Betriebsrats. Sofern § 613a BGB Anwendung findet, sind diese Regelungen zwingend. Eine Umgehung dieser Regelungen bewirkt die Unwirksamkeit der entsprechenden Vereinbarungen. Zu beachten ist, dass der Übernehmer eines Betriebs/Betriebsteils im Rahmen von § 613a BGB nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten hat, die Arbeitsverhältnisse der betroffenen Arbeitnehmer in ihrem Bestand zu ändern.

Bezüglich der Frage, wann ein Betriebsübergang im Sinne des § 613a BGB vorliegt, hat die Rechtsprechung folgende allgemeine Definition bestimmt. Ein Betriebsübergang ist anzunehmen bei einem „rechtsgeschäftlichen Übergang einer ihre Identität bewahrenden wirtschaftlichen Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit“. Wichtig ist hierbei, dass der übergehende Bereich bislang als organisatorisch verselbstständigter Bereich geführt worden ist.

Bei den zukünftig bevorstehenden Netzübernahmen ergibt sich aufgrund dieser Voraussetzung ein besonderer Gestaltungsspielraum der bisherigen Netzbetreiber. So können diese beeinflussen, ob der von der Netzübernahme betroffene Bereich bislang tatsächlich als organisatorisch verselbstständigter Bereich geführt wird und damit die Übertragung des Netzes als Betriebsübergang zu qualifizieren ist. Durch geschickte betriebliche Umstrukturierungsmaßnahmen im Vorfeld einer Netzübernahme können die bisherigen Netzbetreiber daher maßgeblich beeinflussen, ob und wie viele Arbeitnehmer im Rahmen der Netzübernahme tatsächlich übergehen, und sie können hierdurch Einfluss auf die zukünftige Personalstruktur und die Arbeitsbedingungen beim Netzübernehmer nehmen.

Wie sich in der Vergangenheit bereits in zahlreichen Fällen zeigte, bereiten bisherige Netzbetreiber solche Netzübernahmen durch gezielte Umstrukturierungen im eigenen Unternehmen sorgfältig vor, sodass – je nach strategischer Ausrichtung – gar keine Arbeitnehmer oder aber nur ein ausgewählter Kreis von Arbeitnehmern durch die Netzübernahme auf den Netzübernehmer übergehen. Netzübernehmer sollten dies daher zwingend in ihre Überlegungen bei der Übernahme von Netzen einbeziehen.

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Kaspar B. Renfordt

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