Haftung des AG-Vorstandes bei Zahlungen an Aufsichtsratsmitglieder

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zuletzt aktualisiert am 6. Juni 2018  
 
Beratungshonorare an Aufsichtsratsmitglieder dürfen erst dann durch den Vorstand einer AG ausgezahlt werden, wenn der Aufsichtsrat dem Beratungsvertrag zugestimmt hat. Eine vorherige Auszahlung stellt grundsätzlich eine Pflichtverletzung des Vorstandes dar, die durch eine nach­trägliche Genehmigung der zugrunde liegenden Verträge nicht mehr beseitigt werden kann.


 
Die Klägerin hatte sich im Wege der Anfechtungsklage gegen die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat gewandt. Dem vom zweiten Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 10. Juli 2012 – Aktenzeichen: II ZR 48/11) entschiedenen Fall lag folgende Konstellation zugrunde: Die Fresenius SE beauftragte eine Anwalts­sozietät mit einer rechtlichen Beratung. Der stellvertretende Auf­sichts­rats­vorsitzende der Fresenius SE war gleichzeitig Partner dieser Sozietät. Der Vorstand zahlte die Honorare aus, bevor die zugrunde liegenden Beratungsverträge durch den Aufsichtsrat genehmigt wurden.
 

Der Vorgang wurde im Entlastungsbeschluss des Vorstandes nicht berücksichtigt. Gemäß § 114 Abs. 1 AktG darf der Vorstand grundsätzlich keine Honorare an Aufsichtsratsmitglieder oder deren Sozietät zahlen, solange der Aufsichtsrat nicht seine Zustimmung erteilt hat. Werden die Honorare vom Vorstand trotzdem vorab aus­gezahlt, liegt hierin dem BGH zufolge eine Pflichtverletzung. Die vorherige Zustimmung durch den Auf­sichts­rat stellt eine präventive Kontrolle dar, die der Vorstand durch die vorherige eigenmächtige Auszahlung umgeht. Im Ergebnis ist die Zahlung damit pflichtwidrig. Nach § 114 Abs. 2 Satz 1 AktG ist grundsätzlich eine nach­trägliche Genehmigung eines Vertrages durch den Aufsichtsrat möglich. Dadurch wird zwar der bis dahin schwebend unwirksame Beratungsvertrag wirksam, aber die Pflichtverletzung durch den Vorstand ist schon eingetreten und bleibt weiter bestehen.
 

Sie kann durch die nachträgliche Genehmigung der Verträge nicht mehr beseitigt werden. So weit reicht die Wirkung des § 114 Abs. 2 Satz 1 AktG nicht. Zwar wurde die Anfechtungs­klage im konkreten Fall als unbe­gründet abgewiesen, da bis dahin ein eindeutiger und schwerwiegender Gesetzesverstoß nicht vorlag. Durch das vorliegende Urteil ist nun aber höchstrichterlich entschieden, dass in der eigenmächtigen Zahlung des Vorstandes eine Pflicht­verletzung und damit ein eindeutiger und schwerwiegender Gesetzes­­verstoß gegen § 114 Abs. 1 AktG vorliegt. In der Zukunft kann eine Anfechtungsklage gegen die Entlastungs­beschlüsse, die einen solchen Vorgang unberücksichtigt lassen, hierauf gestützt werden.

 
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