Wann ist nach IAS 1 eine dritte Bilanz erforderlich?

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  • Aus Stetigkeitsgründen fordert IAS 1 in bestimmten Fällen eine dritte Bilanz. 
     
  • Ausnahmen können sich bei Undurchführbarkeit sowie bei fehlendem informationellem Mehrwert ergeben.
 
Von Christian Landgraf, Rödl & Partner Nürnberg und Dr. Benjamin Roos  
 
IFRS-Bilanzierer müssen gemäß IAS 1 unter bestimmten Umständen neben der Bilanz zum Ende der aktuellen Periode sowie der vorangegangenen Periode zusätzlich noch eine dritte Bilanz auf den Beginn der frühesten Vergleichsperiode, d.h. die Eröffnungsbilanz des Vorjahres, aufstellen und veröffentlichen. 
 
Anwendungsfälle sind die rückwirkende Anwendung einer Bilanzierungsmethode, die rückwirkende Anpassung von Abschlussposten z. B. aufgrund einer Fehlerkorrektur sowie Umgliederungen. Hierdurch wird das Stetigkeitsgebot des IFRS-Rahmenkonzepts weiter konkretisiert. Mit der Erstellung einer dritten Bilanz geht i. d. R. ein erheblicher Arbeitsaufwand einher, insbesondere im Zusammenhang mit der Rekonstruktion vergangener Sachverhalte und Informationen. 
 
Daher soll nachfolgend kurz skizziert werden, unter welchen Prämissen gegebenenfalls von der Aufstellung einer dritten Bilanz abgesehen werden kann: Neben der im Standard explizit erwähnten, aber wohl sehr eng auszulegenden Undurchführbarkeit der Ermittlung der Vergleichsbeträge kann von diesem Erfordernis auch aus Wesentlichkeitsgründen abgewichen werden. Die Wesentlichkeit hat sich dabei auf die in der dritten Bilanz aus Sicht des Abschlussadressaten bereitgestellten Informationen zu beziehen.
 
Weiterhin dürfte das Absehen von einer dritten Bilanz sachgerecht sein, wenn die dritte Bilanz identische Informationen wie die zum Ende der vorangegangenen Periode veröffentlichte Bilanz liefert, das heißt, wenn bereits vorhandene Informationen erneut zur Verfügung gestellt werden müssten. Hier wäre z. B. folgender Fall denkbar: Aufgrund neuer Erkenntnisse ist in der aktuellen Periode eine Umgliederung vorzunehmen. Eine entsprechende Anpassung ist dann grundsätzlich auch für das Vorjahr erforderlich. Ist der entsprechende Sachverhalt allerdings im Vorjahr erstmalig aufgetreten, ist die dritte Bilanz überflüssig. 
 
Zusammenfassend ist darauf hinzuweisen, dass jeder Einzelfall gesondert zu würdigen und dabei zu berücksichtigen ist, dass sowohl das Kriterium der Undurchführbarkeit als auch der Aspekt der Wesentlichkeit ermessensbehaftet ist. Deshalb sollte, wenn eine (oder mehrere) der in IAS 1 genannten Konstellationen vorliegt, dem Sachverhalt verstärktes Augenmerk geschenkt und die Umstände einer kritischen Würdigung unterzogen werden. Erst danach sollte eine Entscheidung darüber gefällt werden, ob gegebenenfalls auf die Veröffentlichung einer zusätzlichen Bilanz zum Ende der frühesten Vergleichsperiode verzichtet werden kann. Dabei empfiehlt es sich, den Abschlussprüfer frühzeitig in die Diskussion einzubeziehen. 
 
Dies erscheint insbesondere deshalb geboten, weil die DPR als einen ihrer Prüfungsschwerpunkte für 2013 die richtige Darstellung von Fehlerkorrekturen in der Konzernbilanz über drei Perioden genannt hat.

 

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Christian Landgraf

Diplom-Kaufmann, Wirtschaftsprüfer, CPA (U.S.)

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