IDW S6 – Unternehmensdarstellung im Sanierungsgutachten

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​Eine Kernanforderung an die Erstellung von Sanierungsgutachten ist die Darstellung von „Basisinformationen über die wirtschaftliche und rechtliche Ausgangslage des Unternehmens in seinem Umfeld”. Damit werden die Vorgaben zur ersten grundlegenden Informationsaufbereitung unternehmensspezifischer Daten formuliert. Es sollen die wesentlichen Eckpunkte der rechtlichen Verhältnisse, die wirtschaftlichen Ausgangsdaten wie Vermögens­, Ertrags-­ und Finanzlage sowie das Geschäftsmodell dargestellt werden. Ziel ist es, dem Leser ein grundsätzliches Verständnis des Unternehmens zu vermitteln und Ansatzpunkte für die Erkenntnis von Krisenursachen und ­stadium zu liefern.
 

Überblick über das Unternehmen mit Fokus auf sanierungsrelevante Sachverhalte

Die Darstellung des zu betrachtenden Unternehmens beginnt mit der Aufarbeitung des Geschäftsmodells. Hierbei werden der Unternehmenszweck sowie die wesentlichen Produkte und Kernkompetenzen des Unternehmens dargestellt. Hinzu kommt die Angabe, ob das Unternehmen aus dem produzierenden oder dem Dienstleistungsgewerbe stammt und in welcher Branche es tätig ist. Nicht selten wird der Prozessablauf zwischen der Beschaffungsseite (Lieferanten), dem Unternehmen und der Absatzseite (Kunden) sowie weiteren Stakeholdern wie Mitarbeitern und Gesellschaftern etc. ausgearbeitet. Diese Informationen sind für die Interpretation der in den folgenden Kapiteln durchzuführenden Detailanalysen sowie die Feststellung des Krisenstadiums und der Krisenursachen nützlich. Beispielsweise kann ein verhältnismäßig hoher Vorratsbestand in einem Dienstleistungsgewerbe auf noch nicht abgerechnete Leistungen hindeuten, was wiederum die Ursache für eine Liquiditätskrise sein kann. Die vollumfängliche Betrachtung des Geschäftsmodells ist essenzielle Voraussetzung für die Beurteilung der strategischen (Neu-­)Ausrichtung sowie des Leitbilds des sanierten Unternehmens.
 
Im Anschluss an das Geschäftsmodell wird in der Regel die historische Entwicklung des Unternehmens dargestellt. Diese sollte nicht nur die Meilensteine der Gründung des Unternehmens und seiner Tochtergesellschaften sowie Gesellschafter­ oder Geschäftsführerwechsel abbilden, sondern auch wesentliche Meilensteine in Produkt­- und Prozess-­ sowie Verfahrens-­ und Technologieentwicklung. Bezeichnet das Unternehmen sich selbst als Produktinnovator und hat es dies in der Unternehmenshistorie bereits mehrfach bewiesen, so lässt eine abnehmende Anzahl neu entwickelter Produkte in der jüngeren Vergangenheit beispielsweise frühzeitig auf eine Strategiekrise schließen.
 
Nach dem Überblick über die historische Entwicklung wird das gesellschaftsrechtliche Organigramm, das zumeist in drei Ebenen unterteilt wird, aufgezeigt. In der obersten Ebene werden die Gesellschafter mit dem jeweiligen Beteiligungsverhältnis genannt. In der zweiten Ebene befindet sich das zu betrachtende Unternehmen mit seinen wesentlichen Kennzahlen, z. B. Umsatz, Ergebnis, Eigenkapital, Mitarbeiteranzahl. In der dritten Ebene werden die Beteiligungen bzw. Tochtergesellschaften, ebenfalls mit den oben genannten Kennzahlen, dargestellt. Das gesellschaftsrechtliche Organigramm kann Probleme in der Gesellschafterstruktur aufzeigen. Eine 50:50­-Beteiligung zweier Familienstämme kann beispielsweise ein Indiz für eine Stakeholder­Krise sein. Dieser Aspekt müsste in den Detailanalysen, z. B. durch Interviews mit Gesellschaftern und Geschäftsführern, eruiert werden. Eine zu geringe Kapitalausstattung von Tochter­ und/oder Vertriebsgesellschaften kann durch Nennung der Kennzahl Eigenkapital im Organigramm deutlich werden. Bei komplexen Beteiligungsverhältnissen innerhalb eines Konzerns sind die leistungswirtschaftlichen Verflechtungen der einzelnen Gesellschaften untereinander aufzuarbeiten und transparent darzustellen. Diese können beispielsweise auf eine erhöhte Komplexität im Geschäftsmodell hinweisen.
 

Fazit

Die Unternehmensdarstellung als eine Kernanforderung an Sanierungsgutachten enthält bereits wertvolle Informationen über sanierungsrelevante Sachverhalte. Im Hinblick auf später folgende Detailanalysen sowie die Feststellung des Krisenstadiums und der Krisenursachen ist eine ausführliche Aufarbeitung der Rahmenbedingungen unerlässlich. Die Unternehmensdarstellung muss den Grundsätzen Klarheit, Vollständigkeit und Wesentlichkeit entsprechen, da diese unbedingt Voraussetzung für ein nachvollziehbares Sanierungsgutachten sind.
 
Lesen Sie beim nächsten Mal: IDW S6 – Finanzwirtschaftliche Entwicklung im Sanierungsgutachten

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