BEHG-Novellierung 2022: Erdgas- und Fernwärmeversorger müssen erneut Anpassungen prüfen

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​​veröffentlicht am 08. November 2022

 

Die BEHG-Novelle befindet sich mit der Zustimmung des Bundestags auf der Zielgeraden. Damit werden die Kostensteigerungen aus der nationalen CO2-Bepreisung für das Jahr 2023 ausgesetzt und langfristig gedämpft. Zwar bleibt es bei der Einbeziehung der Müllverbrennung, diese wird jedoch um ein Jahr auf den 01.01.2024 verschoben. Erdgas- und Fernwärmeversorger, insbesondere soweit KWK- oder Abfallwärme in ihrem Erzeugungsspektrum enthalten sind, müssen deshalb jetzt ihre Emissionspreise, Emissionspreisgleit- und Gesetzesklauseln überprüfen und ggfs. anpassen.

 

Der Bundesrat hat am 28.10.2022 dem Zweiten Gesetzes zur Änderung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes in der vom Bundestag vorgeschlagenen Fassung vom 9.09.2022 (BT-DrS 20/3438) zugestimmt. Damit ist das Gesetzgebungsverfahren inhaltlich abgeschlossen, sodass das Inkrafttreten vor dem 01.01.2023 nur noch eine formale Frage der Ausfertigung durch den Bundespräsidenten und der Verkündung im Bundesgesetzblatt ist.

 

Emissionszertifikatspreissteigerung in 2023 ausgesetzt

 

Die BEHG-Novelle sieht unter anderem vor, den gesetzlich festgelegten Preis für Emissionszertifikate im nächsten Jahr (2023) nicht zu erhöhen. Demnach bleibt der Emissionszertifikatspreis im Jahr 2023 unverändert auf dem Preisstand von 30 €/Emissionszertifikat (entspricht 1 Tonne CO2-Äquivalenzwert). In den Folgejahren wird der Zertifikatspreis zum 01.01.2024 um 5 € und zum 01.01.2025 um 10 € bis auf 45 €/Emissionszertifikat erhöht.

 

Der für das Jahr 2026 vorgeschriebene Preiskorridor mit einem Mindestpreis von
55 €/Emissionszertifikat bis zu einem Höchstpreis von 65 €/Emissionszertifikat bleibt unverändert, sodass der Verzicht auf die Preissteigerung zum Jahr 2023 erst mit dem Eintritt in die Handelsphase zum 01.01.2026 durch einen erhöhten Mindestpreis nachgeholt wird.

 

Die neue und alte Preisentwicklung im BEHG sind in Abbildung 1 dargestellt.

 

Abbildung 1: Preisentwicklung im BEHG. Rot stellt die „alte” Preisentwicklung bei Inkrafttreten zum 01.01.2021 dar. Die grüne Linie zeigt die aktualisierte Entwicklung.

 

Erdgas- und Fernwärmeversorgungsunternehmen müssen jetzt ihre BEHG-Emissionspreise und -anpassungsregelungen überprüfen und ggfs. an das geänderte Gesetz anpassen. Dabei bietet die aktuelle Lage auf dem Strommarkt und das erste abgeschlossene BEHG-Berichtsjahr 2021 für Fernwärmeversorger einen Anlass, die bei der Kalkulation des Fernwärme-Emissionspreis eingestellten Mengen- und Umwandlungsverlustprognosen zu überprüfen. Insbesondere bei der KWK-Wärme bieten die Regelungen des – allerdings immer noch nicht verabschiedeten – Entwurfs des CO2-Kostenaufteilungsgesetzes (BT-DrS 20/3172) darüber hinaus einen Anlass, bei der Kostenverteilung für die Koppelprodukte Strom und Wärme zukünftig die sog. „finnische Methode” anzuwenden (wir berichteten in Ausgabe 13/2022).

 

CO2-Bepreisung der Müllverbrennung nur auf 2024 verschoben

 

Die Müllverbrennung wird dagegen trotz der andauernden Kritik der Kommunen, Abfallentsorgungsunternehmen und Fernwärmeversorger in das BEHG-Handelssystem einbezogen (wie bereits in Ausgabe 14/2022 berichtet). Damit werden insbesondere auch Altholzverbrennungsanlagen BEHG-pflichtig. Das BEHG steht damit im Widerspruch zu der geänderten klimapolitischen Bewertung des Energieholz-Einsatz durch die Novelle der EU-Erneuerbaren-Energien-Richtlinie, nach der die Sekundärverwertung von Holz im Unterschied zum Primärholzeinsatz nach wie vor gefördert werden soll. Die Einbeziehung von Altholz in das BEHG könnte danach europarechtswidrig sein.

 

Jedenfalls wird die Einbeziehung der thermischen Abfallverwertung in das BEHG die Strom- und Fernwärmeerzeugung erheblich verteuern, sodass entsprechende Versorger frühzeitig eine Preisanpassung vorbereiten sollten.

 

Immerhin wird die CO2-Bepreisung für die Abfallverbrennung nicht wie bisher geplant schon 2023, sondern erst ab dem 1. Januar 2024 eingeführt, sodass noch ausreichend Zeit für eine Anpassung der Preise und Preisanpassungsbedingungen bleibt. Betroffene Fernwärmeversorger und Stromlieferanten sollten aber frühzeitig sicherstellen, dass ihre Vertragsbedingungen Steuer-, Abgaben- und Gesetzesklauseln enthalten, die den verschärften Anforderungen der Rechtsprechung an die Wirksamkeit derartiger Klauseln Rechnung tragen und die Kostensteigerungen aus dem BEHG auch tatsächlich erfassen.

 

Mit der Aussetzung der Emissionspreissteigerung 2023 durch die BEHG-Novelle wird der Einsatz fossilen Erdgases entlastet, die energieeffiziente Verwendung in KWK-Anlagen durch den Kostenschlüssel des CO2-Kostenaufteilungsgesetzes dagegen erschwert. Auch die klimapolitische Kehrtwende bei der (Alt-)Holz- und Abfallverbrennung belastet gerade die Versorger, die bisher mit hohen wirtschaftlichen Risiken und Preisnachteilen für die Letztverbraucher eine Alternative zur fossilen Wärmeversorgung umgesetzt haben. Damit ist die BEHG-Novelle in der Gas-Krise ein weiteres gesetzgeberisches Element, mit dem kurzfristigen sozialpolitischen Belangen Vorrang zu Lasten der langfristigen klimapolitischen Ziele eingeräumt wird.

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