Ergebnisse des Fernwärme Benchmarkings 2024 (Teil 2): Digitalisierung, Transformation und Finanzierungsbedarf

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​​​​​​​veröffentlicht am 6. August 2025

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Die Fernwärmeversorgung befindet sich im Wandel. Digitalisierung, Transformationsplanung und der wachsende Finanzierungsbedarf stellen Netzbetreiber vor zukunftsweisende Aufgaben. Im zweiten Teil zum Fernwärme Benchmarking 2024 (Daten des Jahres 2023) werden praxisrelevante Einblicke in die fortschreitenden Transformationsprozesse der Wärmenetzbetreiber gegeben.


Nachdem in Teil 1​ zu den Ergebnissen des Fernwärme Benchmarkings die eingesetzten Energieträger, der Anteil erneuerbarer Energien sowie die Entwicklung betriebswirtschaftlicher Kennzahlen im Mittelpunkt standen, widmet sich dieser Beitrag vertieft den Fortschritten bei der Digitalisierung und Transformation sowie den Themenbereichen Investitionen und Finanzierung.

Digitalisierung

Die Digitalisierung der Wärmenetze stellt einen essenziellen Bestandteil des Transformationsprozesses dar. Der aktuelle Fokus liegt insbesondere auf der flächendeckenden Ausstattung mit fernauslesbaren Zählern. Laut Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) müssen bis spätestens Ende 2026 alle Zähler in Deutschland fernauslesbar sein.


Abbildung 1: Median Anteil fernaus​lesbarer Zähler in Deutschland

Wie in Abbildung 1 dargestellt, ist ein deutlicher Trend hin zu einem höheren Anteil fernauslesbarer Zähler in Deutschland erkennbar. Während der Median im Jahr 2021 lediglich 5 % betrug, stieg er bis 2023 auf 60 % an. Gleichzeitig gibt es auch noch mehrere Versorgungsunternehmen in der Stichprobe, welche einen Anteil von 0 % aufweisen. Der Austausch mit den Unternehmen zeigt jedoch, dass häufig bereits digitale Zähler installiert wurden, die zur Fernauslesung grundsätzlich geeignet sind. Allerdings fehlt in vielen Fällen noch die notwendige Infrastruktur, um die Zählerdaten tatsächlich aus der Ferne auslesen zu können. Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse erscheint die Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben bis Ende 2026 realistisch.

Darüber hinaus müssen im Bereich der Digitalisierung auch Aspekte wie die Integration intelligenter Netzsteuerungssysteme, die sichere Datenkommunikation sowie die digitale Abbildung von Netzstrukturen und Betriebsprozessen von den Netzbetreibern konsequent adressiert werden. Die umfassende Digitalisierung eröffnet dabei erhebliche Potenziale zur Effizienzsteigerung, Flexibilisierung der Netze und verbesserten Integration erneuerbarer Wärmequellen. 

Transformationsplanung

Neben den Vorgaben des MsbG erfordert auch das Wärmeplanungsgesetz (WPG) ein zielgerichtetes Vorgehen der Wärmenetzbetreiber, um die sich daraus ergebenden gesetzlichen Fristen für die Transformationspläne zu erfüllen.


Abbildung 2: Status quo bei der Transformationsplanung (gerundet)

Die Benchmarking-Runde 2024 zeigt, dass sich ein Großteil der Fernwärmeversorger inzwischen aktiv mit dieser Aufgabe auseinandersetzt: Etwa ein Viertel hat den Plan bereits abgeschlossen, während sich zwei Drittel noch in der Ausarbeitung befinden oder diesen konkret vorbereiten (siehe Abbildung 2). Damit ist ein deutlicher Fortschritt gegenüber den Stichproben der Vorjahre erkennbar. Gleichzeitig verdeutlicht der Anteil von 15 %, welche noch nicht in der Bearbeitung sind, dass weiterhin erheblicher Handlungsbedarf besteht, um die Vorgaben durch § 32 WPG und die langfristigen Dekarbonisierungsziele bis 2045 zu erreichen. 

Investition in Dekarbonisierung

Über die Erstellung von Transformationsplänen hinaus lässt sich auch im Investitionsverhalten ein deutliches Engagement im Hinblick auf die Dekarbonisierung erkennen. Im Vergleich zu den Benchmarkingrunden der Vorjahre sind die Investitionen in die Dekarbonisierung der Wärmenetze bis 2030 erheblich angestiegen. Wie in Abbildung 3 zu erkennen, entfällt ein Großteil dieser Investitionen auf den Bereich erneuerbare Energien auf der Erzeugungsseite. 


Abbildung 3: Investitionen in die Dekarbonisierung

Auch Investitionen in Abwärmenutzung, welche gemäß § 3 WPG als klimaneutrale Wärmequelle zu bewerten ist, stellen einen erheblichen Anteil dar. Der Bereich KWK bezieht sich insbesondere auf die Energieeffizienz bestehender Anlagen sowie die Vorbereitung der Bestandsanlagen auf eine Umstellung auf Wasserstoff. Unter die Kategorie „Sonstiges“ fallen primär Investitionen in Digitalisierung zur Verbesserung der Betriebssteuerung und Effizienz bestehender Systeme.

Fördermittelstrategie

Obwohl die Investitionen in die Dekarbonisierung bereits deutlich zugenommen haben, ist in den kommenden Jahren angesichts des enormen Kapitalbedarfs – laut Studien werden allein bis 2030 zwischen 24 und 43 Milliarden Euro benötigt – insbesondere für den Netzausbau und die Erneuerung der Wärmeerzeugung mit einem weiteren Anstieg des Investitionsvolumens in Deutschland zu rechnen. Vor diesem Hintergrund ist die Entwicklung einer umfassenden und strategisch abgestimmten Fördermittelstrategie unerlässlich. Diese sollte verschiedene bestehende Förderinstrumente gezielt einbeziehen, insbesondere die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW). So kann BEW Modul 1 mit einer Förderquote von bis zu 50 % zur Förderung der Erstellung von Transformationsplänen herangezogen werden, während Modul 2 und 3 (bis zu 40 % Förderquote) Investitionen in konkrete Infrastrukturmaßnahmen beziehungsweise Einzelmaßnahmen unterstützen. Auch das Energieforschungsprogramm sowie die Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz (EEW) können attraktive Förderungen darstellen. Dabei sollte beachtet werden, dass die Antragstellung mit einem gewissen Planungs- und Abstimmungsaufwand verbunden sind und der entsprechende Zeitbedarf vor dem Projektstart eingeplant werden sollte. Für einen detaillierteren Überblick empfehlen wir unseren Förder​mittelkompass​​.

Finanzierungsbedarf

Eine stringente Fördermittelstrategie bildet die Grundlage für eine erfolgreiche Projektfinanzierung, doch auch nach Abzug der förderfähigen Kosten bleibt zumeist ein erheblicher Finanzierungsbedarf bestehen. Eine strategische und betriebswirtschaftlich tragfähige Finanzierungsstrategie ist daher essenziell. Die Erfahrung zeigt, dass spätestens bei der Kapitalbeschaffung eine mit externer Unterstützung erarbeitete Planung notwendig ist. Während klassische Formen der Innenfinanzierung zwar einen Beitrag leisten können, reichen sie angesichts der hohen Investitionsvolumina zumeist nicht aus. Daher gewinnen unterschiedliche Formen der Außenfinanzierung zunehmend an Bedeutung. Diese reichen von der Kapitalzuführung durch Gesellschafter und der Einbindung neuer Beteiligungen bis hin zur Gründung von Projektgesellschaften.

In diesem Zusammenhang ist auch die Preisstruktur gegenüber den Endkunden im Blick zu behalten und so auszurichten, dass temporäre Kostenunterdeckungen stets vermieden werden, um die Wirtschaftlichkeit im Transformationsprozess langfristig zu sichern. Insbesondere der steigende Anteil fixkostenintensiver Investitionen erfordert eine frühzeitige Anpassung der Tarifgestaltung sowie ein vorausschauendes Vertragsmanagement. Ergänzend dazu sind Preisgleitformeln regelmäßig zu validieren und an aktuelle Beschaffungsstrategien sowie regulatorische Vorgaben anzupassen – einschließlich der turnusmäßigen Umbasierung relevanter Preisindizes durch das Statistische Bundesamt (DESTATIS). Wichtig ist auch, die mit den Endkunden vereinbarten Vertragslaufzeiten in die Projektplanung einzubeziehen. Somit können rechtzeitig zur Umstellung der Erzeugung neue und passende Vertragsgrundlagen vereinbart werden.

Handlungsempfehlungen für strategische Planung & Investitionen

Zusammenfassend lassen sich folgende zentrale Handlungsempfehlungen für eine zukunftsfähige und wirtschaftlich tragfähige Fernwärmeversorgung ableiten (siehe Abbildung 4).


Abbildung 4: Beispielhafte Handlungsempfehlungen basierend auf
dem Fernwärme Benchmarking 2024


Nutzen Sie das Benchmarking von Rödl & Partner als strategisches Steuerungsinstrument, um auf Basis belastbarer Vergleichsdaten maßgeschneiderte Handlungsempfehlungen zu erhalten und gezielt wirtschaftliche Optimierungspotenziale in Ihrem Wärmenetz zu identifizieren.

Die Datenerhebung für die diesjährige​ Benchmarking-Runde 2025 läuft noch bis in den September. Details zur Teilnahme finden Sie auf unserer Website​. Die Ergebnisse werden nach Plausibilisierung der Angaben und dem Abschluss der Auswertung jeweils an die Teilnehmenden in Form eines Individualberichts versendet.


Kommen Sie gerne auf uns zu, wenn Sie weitere Informationen zu den Themenbereichen der Transformation oder einer Teilnahme am Fernwärme Benchmarking wünschen. ​Aktuell läuft die Datenerhebung für die Auswertung des Jahres 2024.



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