Nationaler Emissionshandel – Wie geht es weiter nach der Festpreisphase?

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 29. Oktober 2025


Mit dem fortschreitenden Klimawandel und den steigenden Anforderungen an eine nachhaltige Energiepolitik gewinnt der Emissionshandel als marktbasiertes Instrument zur Reduktion von Treibhausgasemissionen zunehmend an Bedeutung. In Deutschland bildet das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) die gesetzliche Grundlage für den nationalen Emissionszertifikatshandel, der seit 2021 schrittweise eingeführt wurde und bis zum 31.12.2025 eine Festpreisphase vorsieht. Der nationale Emissionshandel stützt sich maßgeblich auf das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG), welches durch verschiedene Verordnungen konkretisiert wird, darunter die Emissionsberichterstattungsverordnung (EBeV), die Carbon-Leakage-Verordnung (BECV) und die Brennstoffemissionshandelsverordnung (BEHV). Letztere regelt insbesondere das Versteigerungsverfahren für Emissionszertifikate nach dem Ende der Festpreisphase.


Die Zweite Verordnung zur Änderung der Brennstoffemissionshandelsverordnung (BEHV) vom 11. September 2025 konkretisiert die Ausgestaltung des Handelsmechanismus für das Jahr 2026 und bereitet zugleich den Übergang zum europäischen Emissionshandelssystem EU-ETS 2 ab 2027 vor. Er liefert damit wesentliche Informationen für betroffene Unternehmen, insbesondere Wärmeversorgungsunternehmen, damit die mit den Endkunden vereinbarten Emissionspreise sachgerecht angepasst werden können.

Deutschlands CO2-Budget unter Druck

Für das Jahr 2026 ist vorgesehen, dass diese Zertifikate über Versteigerungen verkauft werden, mit einem Preisband von 55 bis 65 € pro Tonne CO2. Die geschätzte Gesamtmenge der Versteigerungen liegt bei rund 215 Millionen Zertifikaten; die endgültige Zahl wird voraussichtlich im April 2026 veröffentlicht. Grundlage hierfür ist das von der EU vorgegebene CO2-Budget für Deutschland im Rahmen der Effort-Sharing-Regulation (ESR). Für die Sektoren Verkehr und Wärme beträgt dieses Budget etwa 255 Millionen Tonnen CO2. In der Vergangenheit konnte Deutschland seine Zielvorgaben häufig nicht einhalten, da das bisherige Festpreissystem den unbegrenzten Erwerb von Zertifikaten erlaubte. Die Folge: Deutschland muss zusätzliche Emissionsrechte von anderen EU-Mitgliedstaaten kaufen, um Überschreitungen auszugleichen. Für 2026 werden diese kumulierten Defizite nun berücksichtigt: Sie werden vom ESR-Budget abgezogen, sodass sich die tatsächliche Versteigerungsmenge auf rund 215 Millionen Zertifikate gesetzt werden kann, da die kumulierten Defizite bis 2025 auf etwa 39 Millionen Zertifikate betragen.

Versteigerungsverfahren für 2026

Für das Jahr 2026 sind wöchentliche Versteigerungstermine vorgesehen. Auf eine festgelegte Anzahl von Emissionszertifikaten können dann für den jeweiligen Termin Gebote innerhalb des Preiskorridors von 65 Euro bis 55 Euro eingereicht werden. Mindestgebot ist dabei ein Emissionszertifikat, maximal kann auf die Hälfte der im Termin angebotenen Zertifikate geboten werden. Pro Termin ist eine Versteigerungsmenge zwischen etwa 12,5 und 25 Mio. nationale Emissionszertifikate vorgesehen. Die Ausgestaltung der Versteigerung lehnt sich eng an diejenigen im europäischen Emissionshandelssystem an: Die eingegangenen Gebote werden der Höhe nach gereiht und der Zuschlagspreis ergibt sich aus dem Preis, bei dem die aufsummierten Gebotsmengen die angebotene Menge erreichen. Diesen Preis zahlen anschließend alle Bieter, die einen höheren Preis geboten haben. Für Gebote, die genau auf diesem ermittelten Preis liegen und die Gebotsmenge überschreiten, erfolgt eine proportionale Zuteilung. Niedrigere Gebote werden im entsprechenden Termin nicht berücksichtigt, wie in der folgenden Darstellung aufgeführt:


Abbildung 1: Preisbildung und Verst​eigerungsmechanismus im nationalen Emissionshandel (Quelle: eigene Darstellung nach DEHSt)

Wenn in einem Termin im Jahr 2026 der ermittelte Zuschlagspreis bei 65 Euro liegt, sollen alle Bieter, die zu diesem Preis geboten haben, die entsprechenden Zertifikate erhalten, außer wenn die Gebotsmenge mehr als beim doppelten der vorgesehenen Versteigerungsmenge liegt. In diesem Fall werden die Zuschläge verhältnismäßig verteilt.

Dies kann dazu führen, dass pro Termin mehr Zertifikate als ursprünglich vorgesehen vergeben werden. In der Folge werden nachfolgende, bereits geplante Termine für die Versteigerung von Zertifikaten abgesagt, sodass sich die Anzahl der Versteigerungstermine reduziert. Eine frühzeitige Deckung des absehbaren Bedarfs an Emissionszertifikaten für das Jahr 2026 ist für Versorger daher durchaus sinnvoll.

Nach Beendigung der regulären Versteigerungsverfahren sieht der Entwurf zwei Festpreisregelungen vor. Nach vollständiger Versteigerung der Gesamtmenge können überschüssige Zertifikate zu einem Festpreis von 68 Euro verkauft werden. Zusätzlich besteht bis zum 31. August 2027 die Möglichkeit, eine Nachkaufmenge von bis zu 10 Prozent der bereits erworbenen Zertifikate zum Festpreis von 70 Euro zu erwerben. Diese Regelungen dienen der Absicherung gegen Übernachfrage und ermöglichen Flexibilität für die Marktteilnehmer.

Verdrängung kleiner Marktteilnehmer

Die überarbeitete BEHV sieht zwar Mechanismen zum Schutz kleiner Unternehmen vor – etwa die Begrenzung des maximalen Erwerbs pro Versteigerung auf 50 % der angebotenen Menge. Dennoch könnten kleinere Marktteilnehmer zunehmend unter Druck geraten.

Der Grund liegt in der Marktmacht großer Marktteilnehmer, welche beispielsweise im großen Maßstab Erdgas und weitere Energiesteuerpflichtige Brennstoffe in Verkehr bringen: So waren 2023 die 10 größten Marktteilnehmer für fast die Hälfte des Zertifikatsbedarfs verantwortlich. Häufig verfügen große Player über ausreichend Kapital, um frühzeitig große Mengen an Zertifikaten zu erwerben und diese bei Bedarf später wieder zu verkaufen. Es ist zu vermuten, dass hierdurch eher Preise nahe der Obergrenze von 65 € pro Zertifikat zu erwarten sind.

Für kleinere Marktteilnehmer könnte darüber hinaus auch die Verdrängung der eigenen Gebote aus den Auktionen durch diejenigen Unternehmen mit großem Zertifikatsbedarf und ausreichender Liquidität im Jahr 2026 äußerst herausfordernd werden.

Übergang zum EU-ETS 2 ab 2027

Ab 2027 soll der nationale Emissionshandel nach bisherigem Stand durch das europäische Emissionshandelssystem EU-ETS 2 ersetzt werden. Die Verantwortlichen müssen dann erstmals zum 31. Mai 2028 entsprechende Zertifikate für die Emissionen des Berichtsjahres 2027 abgeben. Für Emissionsmengen, die nicht in den EU-ETS 2 überführt werden, bleibt der nationale Handel bestehen. Die Preisbildung erfolgt marktbasiert anhand des mengengewichteten Durchschnittspreises der EU-Versteigerungen im jeweils vorletzten Quartal.

Was passiert, wenn der EU-ETS 2 noch nicht greift?

Auch wenn die Überführung in EU-ETS 2 verschoben werden sollte, ändert sich der Emissionszertifikatshandel im Jahr 2027. Die Emissionszertifikate werden dann zu einem marktbasierten Preis entsprechend dem mengengewichtigen Durchschnittspreis der Versteigerungen von Berechtigungen nach § 10 Abs. 1 TEHG im jeweils vorletzten Quartal davor verkauft.

Der Referentenentwurf wirft aktuell allerdings noch mehrere Fragen auf. Unklar bleibt, wie eine anteilige Vergabe bei Einzelgeboten umgesetzt werden soll. Auch besteht das Risiko, dass bei hoher Nachfrage zu Beginn des Jahres 2026 keine weiteren Versteigerungstermine gegen Ende 2026 stattfinden könnten, da nach dem vorgesehenen System mehr Zertifikate ausgegeben wurden, als für die Termine geplant wurden. Zudem stellt sich die Frage, ob das Verursachungsprinzip und damit eine Kostenweitergabe gegenüber dem Endkunden gewahrt bleiben kann, wenn ungünstiges Bieterverhalten der Versorger zu höheren Kosten führt. Die Weitergabe der CO2-Kosten an die Kunden ist ebenfalls problematisch, da die Preise für 2026 nur bedingt vorhersehbar sind.

Neue Regeln, neue Unsicherheiten

Noch bevor das System 2027 in Kraft tritt, kündigte die EU-Kommission bereits am 21. Oktober 2025 weitreichende Eingriffe an mit dem Ziel mehr Preisvorhersehbarkeit und gesellschaftliche Akzeptanz zu schaffen. EU-Kommissar Wopke Hoekstra bestätigte, dass zusätzliche Preisstabilitätsmechanismen in das ETS 2 integriert werden sollen. Konkret plant die Kommission:

  • die Freigabe zusätzlicher Zertifikate, sobald der Marktpreis über 45 €/t CO2 steigt,
  • das Beibehalten ungenutzter Zertifikate über 2030 hinaus, um Preisspitzen zu vermeiden,
  • sowie einen früheren Start der Auktionen, um zusätzliche Erlöse und Marktliquidität zu schaffen.

Damit verschieben sich die bisherigen Annahmen über den Preisverlauf ab 2027 deutlich, insbesondere für Unternehmen, die ihre Kalkulationen bereits auf den bislang vorgesehenen Preiskorridor von 55–65 €/t CO2 im Jahr 2026 abgestimmt haben.

Berücksichtigungen des CO2-Preises für Wärmeversorger und Weitergabe an den Endverbraucher für 2026

Für Wärmeversorger stellt sich nun die Frage, wie Sie ihre Emissionskosten für 2026 im laufenden Versorgungsverhältnis verursachungsgerecht an die Endkunden weitergeben können, wenn Sie jeweils erst mit Versteigerungstermin wissen, welchen Preis sie jeweils für ihre Zertifikate zahlen. Die Preisfindung kann daher nicht mehr vorlaufend bzw. simultan erfolgen, wie dies in der Festpreisphase der Fall war. Stattdessen muss für eine möglichst hohe Kostenorientierung eine nachlaufende Index- und Preisermittlung erfolgen.

Als Grundlage für die Indexbildung sind unterschiedliche Vorgehensweisen denkbar, welche jeweils eigene Vor- und Nachteile mit sich bringen und in jedem Fall individuell hinsichtlich ihrer Vor- und Nachteile abgewogen werden müssen:

  1. Referenzwert 2026 auf Basis des gesetzlichen Preiskorridors:
    Abstellen auf die Unter- oder Obergrenze bzw. den Mittelwert des Preiskorridors von 55​–65 €/t. 
  2. Indexbildung anhand der wöchentlichen Versteigerungsergebnisse:
    Alle Zuschlagspreise der Versteigerungen in einem gewählten Referenzzeitraum werden ausgewertet und arithmetisch gemittelt. 
  3. Indexbildung anhand der tatsächlich erzielten Zertifikatspreise:
    Die tatsächlich erzielten Zertifikatspreise werden für einen gewählten Referenzzeitraum mengengewichtet zur Ermittlung des Index ausgewertet. 
  4. Verwendung von EEX EU ETS 2 Futures:
    Indexermittlung auf Grundlade der Settlementpreise der geplanten EEX EU ETS 2 Futures. Für die Übergangsjahre 2026 (und ggf. 2027) ist allerdings eine Übergangslösung erforderlich.
  5. Nutzung Erweiterter Energiepreisindizes:
    Bestehende Energiepreisindizes des Statistischen Bundesamts inklusive CO2-Kosten könnten unter gewissen Umständen eine Option darstellen.

Gerne erörtern wir die rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Chancen und Risiken dieser und auch anderer denkbarer Umsetzungsvarianten mit Ihnen. 
Auch bei einer Umstellung Ihrer bisherigen Preise sowie der Entwicklung einer juristisch tragfähigen und betriebswirtschaftlich sinnvollen Lösung zur Abbildung Ihrer Emissionskosten unterstützen wir Sie gerne!​​​​​​​​

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